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Kaltblütig

Titel: Kaltblütig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Truman Capote
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hätte da was in der Mache. Das perfekte Ding.
    Als ich darauf nicht reagierte, schrieb er ein zweites Mal und bekniete mich, nach Kansas zu kommen und mitzumachen. Worum genau es dabei ging, hat er mir nicht geschrieben. Nur dass es eine ›todsichere Sache‹ war. Nun wollte ich damals sowieso nach Kansas, wenn auch aus einem anderen Grund. Eine Privatangelegenheit, die ich lieber für mich behalten würde – sie hat mit dieser Geschichte nichts zu tun. Sonst wäre ich in Idaho geblieben. Aber so bin ich dann doch nach Kansas gefahren. Und Dick holte mich am Busbahnhof ab. Wir fuhren raus zur Farm von seinen Eltern. Aber da war ich unerwünscht. Ich bin sehr sensibel; ich weiß fast immer, was in anderen Menschen vorgeht.
    Das gilt auch für Sie«, sagt er zu Dewey, ohne ihn anzusehen. »Sie finden es widerlich, mir eine Kippe anzuzünden. Das ist Ihr Problem. Ich nehme Ihnen das nicht übel. Genauso wenig wie ich es Dicks Mutter übelnehme.
    Sie ist im Grunde eine nette Frau. Aber sie wusste, wer ich war – ein alter Kumpel aus dem Bau –, und sie wollte mich nicht bei sich zu Hause haben. Gott, war ich froh, als ich da raus war und endlich ins Hotel ziehen konnte.
    Dick brachte mich in ein Hotel in Olathe. Wir kauften ein paar Bier und nahmen sie mit aufs Zimmer, wo Dick mir dann erklärte, was er vorhatte. Er sagte, nach meiner Entlassung hätte er die Zelle mit jemandem geteilt, der früher mal bei einem reichen Weizenfarmer in West-Kansas gearbeitet hatte. Mr. Clutter. Dick zeichnete mir das Haus auf. Er wusste genau, wo alles war – Türen, Flure, Zimmer. Er sagte, eins der Zimmer im Erdgeschoss würde als Büro benutzt, und in dem Büro war ein Safe – ein Wandsafe. Er sagte, den brauchte Mr. Clutter, weil er immer größere Geldbeträge im Haus hätte. Mindestens zehntausend Dollar. Wir wollten den Safe ausrauben, und falls uns jemand dabei erwischte – tja, wer uns erwischte, würde dran glauben müssen. ›Keine Zeugen‹ – das hat Dick mir immer wieder eingebläut.«
    Dewey sagt: »Mit wie vielen Zeugen rechnete er denn?
    Wie viele Leute vermutete er bei den Clutters?«
    »Das habe ich ihn auch gefragt. Aber das wusste er nicht so genau. Mindestens vier. Eher sechs. Und für den Fall, dass die Familie Gäste hatte, sollten wir uns auf ein Dutzend einstellen, meinte er.«
    Dewey stöhnt, Duntz stößt einen Pfiff aus, und Smith setzt matt lächelnd hinzu: »Ja. Ich fand das auch ein bisschen übertrieben. Zwölf Leute. Aber Dick meinte, das war ein Klacks, ein Kinderspiel. Er sagte: ›Wir gehen da rein und tapezieren die Wände mit Hirn.‹ So, wie ich mich damals fühlte, hab ich mich einfach mitreißen lassen. Außerdem habe ich Dick, ehrlich gesagt, vertraut; er war so pragmatisch, so männlich, und ich wollte das Geld genauso sehr wie er. Ich wollte es mir holen und dann nichts wie ab nach Mexiko. Aber dazu mussten wir für meinen Geschmack nicht unbedingt Gewalt anwenden. Deshalb schlug ich vor, uns zu maskieren.
    Prompt gab es deswegen Streit. Auf dem Weg nach Holcomb wollte ich anhalten und schwarze Seidenstrümpfe kaufen, die wir uns über den Kopf ziehen konnten. Aber Dick meinte, man würde ihn auch mit Strumpf erkennen. Wegen seinem schlimmen Auge.
    Trotzdem, als wir nach Emporia kamen …«
    Duntz sagt: »Moment mal, Perry. Immer schön der Reihe nach. Zurück nach Olathe. Um wie viel Uhr sind Sie da weggefahren?«
    »Eins. Halb zwei. Wir sind gleich nach dem Mittagessen los, Richtung Emporia. Da haben wir dann Gummihandschuhe und eine Rolle Seil gekauft. Das Messer, das Gewehr, die Patronen – das hatte Dick alles von zu Hause mitgebracht. Aber er wollte nicht nach schwarzen Strümpfen gucken. Wir gerieten ziemlich heftig aneinander. Am Stadtrand von Emporia kamen wir dann an einem katholischen Krankenhaus vorbei, und ich überredete ihn, anzuhalten und reinzugehen, um den Nonnen ein Paar schwarze Strümpfe abzuschwatzen. Ich wusste, dass Nonnen so was tragen. Aber er hat nur so getan. Als er wiederkam, sagte er, sie wollten ihm keine verkaufen. Ich hielt ihm vor, er hätte gar nicht erst gefragt, und das gab er dann auch zu; er meinte, das war doch eine Schnapsidee – die Nonnen hätten ihn sicher für verrückt gehalten. Also fuhren wir weiter nach Great Bend. Da haben wir das Klebeband gekauft. Und zu Abend gegessen. So viel, dass ich danach erst mal ein Schläfchen machen musste. Als ich wach wurde, kamen wir gerade nach Garden City. Ein ödes Kaff. Wir hielten an einer

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