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Kaltblütig

Titel: Kaltblütig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Truman Capote
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Bleistift raste übers Papier, während er eilig und kaum leserlich die jüngere Vergangenheit skizzierte: der Motorradunfall, durch den er zum Krüppel geworden war, der Einbruch in Phillipsburg, Kansas, der ihm seine erste Haftstrafe eingetragen hatte:
     
    … wurde ich wegen Einbruchdiebstahl und Gefängnisausbruch zu 5 bis 10 Jahren verurteilt. Ich kam mir ungerecht behandelt vor. Die Zeit im Gefängnis verbitterte mich sehr. Nach meiner Entlassung sollte ich mit meinem Vater nach Alaska gehen – aber das sparte ich mir – stattdessen arbeitete ich eine Weile in Nevada und Idaho – ich fuhr nach Las Vegas und weiter nach Kansas, wo ich in die unglückliche Lage geriet, in der ich jetzt stecke. Für mehr ist keine Zeit.
     
    Er setzte seinen Namen darunter und fügte ein Postskriptum hinzu:
     
    Ich würde gern noch mal mit Ihnen sprechen. Ich habe vieles ausgelassen, was Sie vielleicht interessieren könnte. Ich habe die Gesellschaft von Menschen, die ein Ziel haben, für das sie sich engagieren, immer als sehr anregend empfunden. So ist es mir auch in Ihrer Gegenwart ergangen.
     
    Hickock war nicht ganz so eifrig bei der Sache wie sein Partner. Er hielt immer wieder inne und lauschte der Befragung eines möglichen Geschworenen oder starrte in die Gesichter ringsherum – besonders und mit unverhohlenem Abscheu in das kantige Gesicht des Staatsanwalts Duane West, der ebenso alt war wie er, achtundzwanzig. Dennoch war sein Lebenslauf – verfasst in einer stilisierten Schrift, die aussah wie windgepeitschter Regen – fertig, bevor sich das Gericht vertagte:
     
    Ich will versuchen, Ihnen so viel wie möglich von mir zu erzählen, auch wenn ich mich an meine frühe Kindheit nur dunkel erinnere – bis etwa zu meinem zehnten Geburtstag. Meine Schulzeit verlief im Großen und Ganzen genauso wie bei den meisten Jungs meines Alters: die eine oder andere Prügelei, Mädchen und was heranwachsende Jungs eben so machen. Auch zu Hause war eigentlich alles normal, aber wie ich Ihnen schon sagte, durfte ich unser Grundstück nur selten verlassen und meine Kameraden besuchen. In der Beziehung war mein Vater mit uns Jungs [seinem Bruder und ihm] immer sehr streng. Außerdem musste ich meinem Dad viel im Haus helfen … Ich kann mich nur an einen einzigen nennenswerten Streit zwischen Dad und meiner Mutter erinnern. Worum es dabei ging, habe ich vergessen … Einmal kaufte mein Dad mir ein Fahrrad, und ich glaube, ich war der stolzeste Junge der Stadt. Es war ein Mädchenrad, und er baute es zu einem Jungsrad um. Er malte es an, und es sah aus wie neu. Aber ich hatte viele Spielsachen, als ich klein war, sehr viele sogar, wenn man bedenkt, in welchen finanziellen Schwierigkeiten meine Eltern steckten. Wir waren immer ziemlich arm. Nie völlig pleite, aber doch mehrmals kurz davor. Mein Vater arbeitete hart und gab sich alle Mühe, uns über die Runden zu bringen. Auch meine Mutter arbeitete hart. Zu Hause war es immer ordentlich, und wir hatten immer was Sauberes zum Anziehen. Mein Vater trug diese flachen, altmodischen Mützen, und die musste ich dann auch tragen, obwohl ich sie nicht leiden konnte … Ich war ein guter Schüler und die ersten beiden jähre auf der High-School immer über dem Durchschnitt. Danach ging’s dann langsam bergab. Ich hatte eine Freundin. Sie war ein nettes Mädchen, und ich habe nicht ein einziges Mal probiert, sie anzufassen, nur geküsst. Es ging alles sehr gesittet zu. … Auf der Schule habe ich an sämtlichen Sportarten teilgenommen und insgesamt 9 Leistungsabzeichen bekommen. Basketball, Football, Leichtathletik und Baseball. Das letzte Schuljahr war das Beste. Ich hatte noch nie eine feste Freundin gehabt, nur hier und da ein bisschen rumgemacht. Damals ging ich zum ersten Mal fest mit einem Mädchen. Den Jungs hatte ich natürlich erzählt, ich hätte schon jede Menge Mädchen gehabt … Gleich zwei Colleges boten mir an, Baseball für sie zu spielen, aber dazu hatte ich keine Lust. Nach dem High-School-Abschluss arbeitete ich bei der Santa Fe Railroad, bis ich im Winter dann entlassen wurde. Im Frühjahr dann fing ich bei der Roark Motor Company an. Nachdem ich etwa vier Monate dort gearbeitet hatte, hatte ich mit einem Firmenwagen einen Unfall. Ich lag mehrere Tage mit schweren Kopfverletzungen im Krankenhaus. In dem Zustand wollte mich natürlich keiner einstellen, darum war ich fast den ganzen Winter über arbeitslos. In der Zwischenzeit hatte ich ein Mädchen kennen gelernt

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