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Kaltblütig

Titel: Kaltblütig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Truman Capote
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denen ich ihn immer ermahnt habe. Und jetzt ermahnt er mich. Der Unfall war ihm eine Lehre.
    Eine Lehre, die er jedenfalls meiner Meinung nach sein Leben lang nicht mehr vergisst. Freiheit bedeutet ihm alles der landet nicht wieder hinter Gittern. Da bin ich mir ziemlich sicher. Er redet auch ganz anders wie früher. Er hat mir gesagt, das er seinen Fehler sehr bereut. Ich weiß auch, das er sich schämt, wenn er jemand trifft den er kennt und keinem erzählt, das er hinter Gittern gesesen hat. Er hat mich gebeten, seinen Freunden nicht zu sagen wo er ist. Wie er mir geschrieben hat, das er hinter Gittern sitzt, da habe ich gesagt lass dir das eine Lehre sein – und das ich froh bin das es so und nicht schlimmer gekommen ist. Er hätte ja schließlich auch erschosen werden können. Ich habe ihm auch gesagt, das er seine Strafe mit einem Lächeln auf den Lippen absitzen soll. Du hast es dir selbst eingebrockt. Du weißt es besser. Ich habe dich nicht dazu erzogen, andere zu bestehlen, also Jammer mir nicht die Ohren voll von wegen wie hart es im Gefängnis zu geht. Benimm dich ordentlich im Gefängnis. & das hat er mir versprochen. Ich hoffe, er führt sich gut. Ich bin sicher, das ihn niemand mehr zum stehlen überredet. Er weiß, das Gesetz kennt kein Pardon. Er Liebt die Freiheit.
    Ich weiß aus Erfahrung, das Perry ein gut herziger Mensch ist, wenn man ihn anständig behandelt. Wenn man ihn aber mies behandelt, dann wird er zum Berserker. Man kann ihm jede $ Summe anvertrauen, wenn man sein Freund ist. Er tut was man ihm sagt und stiehlt keinen Cent, weder von einem Freund noch sonst wem. Früher jedenfalls. Und ich hoffe inständig das er den Rest seines Lebens als ehrlicher Mensch verbringen wird. Als kleiner Junge hat er zusammen mit anderen mal was geklaut. Sie brauchen Perry blos fragen ob ich ihm ein guter Vater war fragen sie ihn ob seine Mutter in Frisco gut zu ihm war. Perry weiss, was gut für ihn ist.
    Sie haben ihm eine Lektion fürs Leben erteilt. Er weiß, wann Schluss ist. Er ist kein Dummkopf. Er weiß, das das Leben zu kurz zu kostbar ist, um es hinter Gittern zu verbringen.
     
    VERWANDTSCHAFT. Seine eine Schwester Bobo hat geheiratet, und ich sein Vater bin der Einzige der von Perry Familie noch übrig ist. Bobo & ihr Mann haben genug Geld. Sie haben ein eigenes Haus & ich bin auch in der Lage & aktiv genug, um für mich selbst zu sorgen.
    Meine Jagdhütte in Alaska habe ich vor zwei Jahren verkauft. Nächstes Jahr will ich mir ein neues kleines Häuschen zulegen. Ich habe mehrere Mineraladern entdeckt, die hoffentlich etwas abwerfen werden. Auch das Goldschürfen habe ich nicht aufgeben. Außerdem soll ich ein Buch über das Kunstschnitzen schreiben und die berühmte Trappers Den Lodge, die ich in meiner alten Heimat Alaska gebaut habe und die alle Touristen die mit dem Auto nach Anchorage reisen kennen und vielleicht mache ich das sogar. Ich werde alles was ich habe, mit Perry teilen. Wenn ich esse soll auch er essen.
    So lange ich lebe. & wenn ich sterbe habe ich eine Lebensversicherung, die an ihn ausgezahlt wird, damit er ein Neues LEBEN anfangen kann wenn er wieder frei ist. Falls ich dann nicht mehr lebe.
     
    Diese Biografie war stets so etwas wie der Startschuss für einen Wettlauf der Gefühle – an erster Stelle Selbstmitleid, dicht gefolgt von Liebe und Hass, anfangs gleichauf, bis Letzterer sich schließlich an die Spitze setzte. Und die meisten Erinnerungen, die ihn bei der Lektüre überkamen, waren ihm unangenehm, wenn auch nicht alle. An die frühen Jahre seines Lebens dachte er mit inniger Zuneigung zurück – ein schillernder Reigen aus Glanz, Glamour und Applaus. Er war etwa drei Jahre alt und saß mit seinen Schwestern und seinem älteren Bruder auf der Tribüne einer Rodeo-Arena; in der Manege bändigte eine junge, hagere Cherokee ein Wildpferd, einen »Bucking Bronc«, und ihre lange Mähne peitschte hin und her, flog nach allen Seiten wie das Haar einer Flamencotänzerin. Sie hieß Flo Buckskin und war professionelle Rodeoreiterin, »ein Bronc-Riding-Ass« wie ihr Mann Tex John Smith. Die hübsche Indianerin hatte den auf seine Art recht hübschen Iren bei einer Rodeotournee durch den Westen der USA kennen gelernt; bald darauf hatten sie geheiratet und die vier Kinder in die Welt gesetzt, die jetzt auf der Tribüne saßen. (Und Perry erinnerte sich an viele solcher Rodeospektakel – an seinen Vater, der zwischen wild wirbelnden Lassos umhersprang, und seine Mutter,

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