Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaltduscher

Kaltduscher

Titel: Kaltduscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
Vom Netzwerk:
zu lassen.
    »Also, wie gesagt, Bügeleisenbranche.«
    Ich zwinkere Herrn Wohlgemuth wie wild zu, aber er starrt mich nur weiter an. Auch dass ich auf mein Ohr deute und dann nach oben Richtung Stasi-Opa bringt uns nicht weiter.
    »Also, stellen Sie sich einfach vor, in diesem Haus wird gebügelt. Tag und Nacht.«
    Tobi ist zurück. Er hat einen Kopfhörer, eine PC-Tastatur und die DDR-Uniformmütze mitgebracht, die ihm Amelie vor Jahren mal am Brandenburger Tor gekauft hat. Er setzt sich keuchend den Kopfhörer auf, die Mütze darüber und beginnt, auf die Tastatur einzuhacken.
    »Ja, wie gesagt, sie bügeln Tag und Nacht, wie Herr Lüdenscheid Ihnen hier parallel zu meinen Worten in mimischer Darstellung zu verdeutlichen versucht.«
    »Sie… Sie haben alle einen Knall, oder?«
    »Nein, absolut nicht. Hören Sie mich nur an und schauen Sie, was Herr Lüdenscheid macht, dann kommen Sie drauf. Also, wie gesagt, in diesem Haus wird gebügelt. Tag und Nacht steht jemand am Bügeltisch und bügelt. Hin und her und her und hin. Er nimmt seinen Job sehr genau. Keine knittrige Stelle entgeht ihm.«
    Tobi macht seine Sache großartig. Er kneift die Augen zusammen, guckt angestrengt nach oben und streckt gleichzeitig seine Zungenspitze aus dem rechten Mundwinkel. Es sieht wirklich aus, als würde er hochkonzentriert konspirative Gespräche belauschen. Zwischendrin reißt er immer wieder plötzlich die Augen auf, als hätte er etwas Sensationelles gehört, und lässt dazu seine Finger auf die Tasten einprasseln wie Horowitz.
    Gonzo macht auch mit. Er spaziert in sein Handtuch eingehüllt über den Flur, spricht pantomimisch mit den Wänden und dem Inzaghi-Hass-Altar und hält sich dabei mein Gesangsmikro über den Kopf. Also wenn Herr Wohlgemuth das jetzt nicht kapiert, ist er wirklich eine Dumpfbacke.
    »Verstehen Sie, Herr Wohlgemuth? Überall Bügeleisen und ein Mann, der nicht will, dass die Bügeleisen entdeckt werden. Alles klar, knicknack, zwinkerzwinker? Und der Bügeleisenmann…« Ich deute auf Tobi »… schickt Ihnen diese Russen. Alles klar?«
    »Ich… Nein… Das hat keinen Sinn mit Ihnen hier. Ich will ein Gespräch mit Herrn Krawanke. Der ist ja wohl der Einzige von Ihnen, der noch bei Trost ist. Übermorgen, Punkt 15 Uhr hier. Halten Sie diesen Termin ein, sonst können Sie alle Hoffnungen begraben, jemals wieder warm zu duschen!«
    »Warten Sie, Herr Wohlgemuth.«
    Ich renne in die Küche und schreibe schnell was auf einen Zettel. Im Hintergrund höre ich Herrn Wohlgemuth allmählich zum Schreien übergehen.
    »Und übrigens, für das fehlende Warmwasser können Sie gerne die Kaltmiete um 15 Prozent mindern. Aber nur für die Tage, an denen das Warmwasser wirklich gefehlt hat. Viel Spaß beim Rechnen, hähä! Und jetzt guten Tag, hirhirhirhahahaharrrrhähä!«
    Ich komme gerade noch rechtzeitig, um ihm meinen Zettel unter die Nase zu halten.
    Werden von Stasi abgehört! Stasi will nicht, dass Mikros bei Bauarbeiten entdeckt werden! Schicken deswegen Russen!
    »Ha! Haha! Haaaaahahahahaaaaa!«
    Herr Wohlgemuth verschwindet im Treppenhaus. Sein Lachen erinnert an das der bösen Hexe in Der Zauberer von Oz. Wenn das so weitergeht, nimmt das bestimmt kein gutes Ende mit ihm.
    Gonzo sinkt auf seinen Stuhl.
    »Ihr Säcke. Ihr konntet noch schön warm duschen. Ich war noch nicht mal eingeseift.«
    »Jetzt komm, Gonzo, gibt Wichtigeres.«
     
    *
     
    Kurz nach Herrn Wohlgemuths Abgang hat Hacker-Arne geklingelt und sich sofort mit Tobi in dessen Zimmer verschanzt. Sie verfolgen irgendeinen Racheplan an dem Stasi-Opa, aber sie verraten nichts. Sie kommen nur hin und wieder mal raus, um sich Bier zu holen. Ich hatte mich auch verzogen, um in meinem frisch geflickten Zimmer »Ladidadidam, Ladidadidam« für die Aufnahme am Sonntag zu proben.
    Wenigstens haben sie diesmal ein Studio in Berlin gebucht. Dort werde ich dann zum ersten Mal meinen Bert-Kollegen treffen. Eigentlich ganz schön gewagt, dass wir dann gleich zusammen ein Lied einsingen sollen, aber Herr Böltinghausen meinte, ich wäre bestimmt professionell genug, um das hinzukriegen. Umso wichtiger ist es natürlich, dass bei mir übermorgen alles bis zur letzten Silbe sitzt.
    »Ladidadidam, Ladidadidam…«
    Ich gebe mein Bestes, aber es ist irgendwie schon recht schwierig, ein Gesangsduett ohne Partner zu proben. Vor allem die Parts, bei denen wir uns abwechseln.
    »… wie heißt denn nur dieses Liiiiiiied?«
    Hoffentlich schlachtet Bert mich nicht gleich

Weitere Kostenlose Bücher