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Kaltduscher

Kaltduscher

Titel: Kaltduscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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was von der Stecherakademie übriggeblieben ist, unter meiner Matratze heraus. Die Seiten sind getrocknet. Bei eBay würde ich es in diesem Zustand zwar nicht mehr anbieten, aber lesen kann man es eigentlich prima. Ich mache es mir gemütlich. So viele Seiten sind es nicht, und der Abend ist noch jung. Wenn ich mich konzentriere, schaffe ich es vielleicht noch vor dem Einschlafen?

Drittklassiger Flugclown
     
    »Ihr Ziel ist es nicht, einfach nur attraktiv zu erscheinen oder Aufmerksamkeit zu erregen. Ihr Ziel ist es, die Frau, auf die Sie ein Auge geworfen haben, gezielt so zu manipulieren, dass es zu ihrem eigenen Wunsch wird, von Ihnen verführt zu werden. Das erreichen Sie durch…«
    »Hmmmpfwas?… Gib das sofort wieder her, Gonzo!«
    »Jetzt wird es aber gerade spannend.«
    »Ähm, das ist nur ein Ratgeber für Bühnenschauspieler. Ziemlich langweilig. Muss ich wohl gestern Abend drüber eingeschlafen sein.«
    »Du, kann ich den auch mal lesen?«
    Du hast es gerade nötig. Du hast doch Amelie schon manipuliert. RS2-Folteropfer spielen und I want to know what love is singen…
    »Hab ich nur geliehen, muss ich heute wieder zurückgeben.«
    »Was hat der Typ eigentlich mit dem armen Buch gemacht, bevor er es dir geliehen hat? Im Klo runtergespült?«
    »Keine Ahnung. Was machst du eigentlich hier?«
    »Also, ich muss jetzt zu meinem Praktikum und danach wieder zum RS2-Testhören.«
    »Und?«
    »Ich hab mir überlegt, also nur sicherheitshalber… also könntest du mich vielleicht nach dem Testhören abholen? Weißt du, ich bin zwar diesmal innerlich vorbereitet, aber wer weiß, also es wäre auf jeden Fall besser, wenn jemand auf mich wartet.«
    »Verstehe. Wenns sein muss.«
    »Super. Also um vier, Chausseestraße 8, Aufgang C5. Okay?«
    »Schreibs mir noch mal auf.«
    »Danke. Ich hatte auch überlegt, ob ich Tobi frage, aber der hat die ganze Nacht mit Hacker-Arne durchgebastelt. Wenn der sich jetzt gleich hinlegt, dann liegt der erst mal.«
    »Wie spät ist es eigentlich?«
    »Acht.«
    »Raus!«
     
    *
     
     
    Normalerweise wäre jetzt wieder Freitagsfußball mit Piotr, Fatmir & Co dran, aber ich denke, ich kann es verantworten, es heute mal sausen zu lassen. Arne kriegt sein Bewegungs-Pflichtpensum im Moment durch die Quadrokopter-Flugtests, und ich muss wirklich Gas geben mit der Probenarbeit. Übermorgen Ladidadidam und überübermorgen Aufnahmeprüfung. Andere würden an meiner Stelle in wilde Panik geraten.
    Und das Stecherakademie-Buch muss jetzt auch warten. Läuft mir ja nicht weg. Außerdem ist sowieso noch nicht gesagt, dass Reto nur deshalb die ganzen Schönheiten anschleppt. Und wegen Amelie brauche ich mich bestimmt nicht mehr bemühen. Die sitzt, in das gleiche Handtuch eingewickelt wie in meinem Traum, mir gegenüber am Frühstückstisch und trägt am ganzen Körper unsichtbare Gonzo-war-hier-Aufkleber.
    Und nicht nur das.
    »Du brauchst nicht denken, dass Julia mir das von sich aus verraten hat. Ich habe selbst gemerkt, dass irgendwas nicht mit ihr stimmt.«
    »Dass irgendwas nicht mit ihr stimmt, trifft ziemlich genau den Punkt.«
    »Wie bitte?«
    »Na, ich mein ja nur, dass sie immer gleich völlig ausrastet, sobald ihr irgendwas andeutungsweise frauenfeindlich erscheint.«
    »Ich weiß, was du meinst, Krach. Aber wenn man sich in jemanden verliebt, dann muss man auch seine Schwächen und wunden Punkte annehmen.«
    Woher will sie wissen, dass ich in Julia verliebt bin?
    »Ich weiß nicht, was sie dir alles erzählt hat, aber nur weil auf unserer Toilette – wohlgemerkt auf unserer Toilette, nicht in meinem Zimmer – ein Frauenverführungsratgeber lag, hat sie…«
    »Ja, ich weiß. Es tut ihr leid.«
    »Und danach hat sie mir eine SMS…«
    »Ja, das tut ihr auch leid.«
    »Und warum sagt sie mir das nicht einfach?«
    »Weil du ihr eine SMS…«
    »Jauuuuuuuuuuul!«
    »Ja. Tut mir auch leid.«
    »Echt?«
    »Ich hab einfach zu viel gekriegt.«
    »Hm, na gut.«
    Die Falte auf ihrer Stirn beginnt zu verschwinden.
    »Ich muss jetzt ins Museum.«
    Stimmt zwar nicht, aber wenn ich bleibe, wird Amelie mir einen Versöhnung-mit-Julia-Masterplan aufs Auge drücken. Das will ich nicht. Also, das heißt, ich will ihn nicht von ihr. Das hieße ja, wenn man das im Großen und Ganzen betrachtet, dass ich sie ganz offiziell aufgebe. Ich bin noch nicht so weit.
    »Wir sprechen noch mal darüber, okay?«
    »Vielleicht.«
    »Ach Krach.«
    Sie umarmt mich.
    »Tut mir leid, dass ich dir keine warme Dusche

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