Kaltduscher
Tonspur schwillt dazu irgendeine dämliche Eurodance-Soße an.
Unsere Gesichter, das muss man sagen, sehen allerdings tatsächlich so aus, als würde Gisele Bündchen auf dem Tisch liegen. Das liegt daran, dass Elvin und Adrian Diana als Auf-dem-Tisch-Liege-Mädchen für den Dreh gebucht hatten. Hinterher wurde sie dann per moderner Schnitttechnik durch Gisele ersetzt. Ich persönlich finde ja Diana schöner. Und ich finde, dass Tobi und sie sehr gut zusammenpassen, auch wenn Amelie immer wieder Zweifel anmeldet. Ab und zu schauen die beiden zusammen mit Hacker-Arne beim Altersheim vorbei und lassen den Quadrokopter vor dem Fenster des Stasi-Opas, der jetzt dort wohnt, Kunststücke machen.
Die zweite Halbzeit hat angefangen. Komm, Liverpool, da geht noch was…
Meinen Ernie-Job habe ich übrigens behalten. Sie haben wohl lange hinter meinem Rücken gesucht, mussten dann aber einsehen, dass es keinen gibt, der so eine amtliche Ernie-Stimme hat wie ich. Zum Glück hat Bushido nach langem Hin und Her das Angebot abgelehnt, in der Sesamstraße aufzutreten, sonst hätte ich nächste Woche mit ihm ins Studio gemusst. Dafür hatte ich, als ich neulich mal wieder in der Shopping Mall war, ein anderes überraschendes Wiedersehen. Zwei von unseren Russen waren im Jeans Store. Zuerst habe ich sie nicht erkannt, weil sie sozusagen in Zivil da waren, sprich, keine schwarzen Anzüge, sondern über und über mit Werbeaufnähern gespickte Jeansjacken in Größe XXXXL und auberginefarbene Jogginghosen. Sie standen direkt vor dem angstzitternden Guntram Liebig, der mir damals die teure Hose verkauft hatte, und blätterten lange in einem Wörterbuch. Dann starrten sie ihn grimmig an (ich glaube, sie können nur so gucken), und einer von ihnen knurrte »Rrrörrendschinns bietta«.
Tor!
Das darf nicht wahr sein! Schon wieder Inzaghi. 2:0 Mailand. Keine Frage, er ist der Held des Abends. Muss ich mir das noch weiter antun? Wieder einmal zuckt meine Hand zum Handy, um eine SMS an Julia zu schreiben, aber nein: Wir haben uns seit den turbulenten Tagen letztes Jahr geschworen, uns nicht mehr zu smsen. Zu viele Missverständnisse. Da muss man schon ein Händchen für haben.
Mannomann, Liverpool ist nur noch lethargisch und sieht mit steinernen Mienen der Niederlage entgegen. Keiner denkt daran, Inzaghi auch nur anzupusten. Trotzdem wälzt er sich jetzt an der Seitenlinie und mimt mal wieder den sterbenden Schwan, während die Betreuer um ihn herumwuseln. Fuß verknackst. Klar. Wenn mich schon keiner foult, dann mach ichs eben selber.
Ich sehe kurz meine Mitbewohner an und schleiche mich aus der Küche. Ein paar Minuten später haben wir fünf uns auf dem Ausklappbalkon versammelt. Reto holt einen Kuh-Gras-Joint raus. Wir schweigen, genießen und versuchen, für einen Moment nicht an Fußball oder Sex zu denken.
Dankliste
Nathalie, Carlos, Pia, Uwe und Meike
für aufopferungsvolle Unterstützung
Nele
für das Gespräch über Schauspieler
Rolf
für elektro-akustische Beratung
Käpt’n Haddock
für »PFUIÄÄCH!« (Tim und Struppi, Band 22)
Filippo Inzaghi
für das grandiose Selbstfoul an der Seitenlinie im Champions-League-Finale 2007
A. & B. Pease
die in ihrem Buch »Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken« die Blaupause für Tobis und Amelies Tandem-Schreibübung geliefert haben
Ellas Bistro, Taebs Bistro, Il Focacceria, Burger World, Aiko
für das gute Essen
Allen sprachbegabten Röhrenjeans-mit-Hängepopo-Trägern aus Berlin-Mitte
für die vielen Dialoge, die ich mithören durfte, weil ihr beim Kaffeetrinken immer so laut redet.
80 Prozent von dem, was Elvin und Adrian sagen, konnte ich eins zu eins von euch übernehmen ( massiv ehrlich )
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