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Kaltduscher

Kaltduscher

Titel: Kaltduscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Egal. Hauptsache, raus hier. Ich renne in mein Zimmer und mache die Tür zu.
    Das Display zeigt Hesselohe, Amelie.
    »Hallo, Amelie.«
    Wir haben uns vorhin geküsst. Ich kann doch jetzt nicht einfach nur Hallo Amelie sagen. Andererseits…
    »Hallo Krach.«
    Sie machts auch nicht anders.
    »Du, können wir uns heute Abend sehen?«
    »Du, ich würd schon gern, aber wir haben gleich noch Probe…«
    »Weiß ich. Komm doch einfach danach. Es ist mir wichtig.«
    »Ja, gut. Ich schau mal, dass es nicht zu spät wird.«
    »Da hören gerade andere mit, oder?«
    »Äh, genau.«
    »Alles klar. Bis nachher dann.«
    War keine Lüge. Der Stasi-Opa hört mit.
     
    *
     
    Beim Musizieren bin ich nicht so richtig bei der Sache. Ich hätte Amelie vorhin schon sagen können, dass das mit der Geschmacksexplosion nicht geklappt hat, aber so was bespricht man nicht am Telefon, wenn man nur einen Hauch von Kinderstube hat. Das Dumme ist nur, dass ich Julia nicht anrufen kann, solange Amelie und ich nicht reinen Tisch gemacht haben. Und je länger sie wartet, umso schwieriger wird es. Vielleicht ist es auch schon längst zu spät. Wenn nur diese blöde Probe endlich zu Ende wäre…
    »Der eine Extratakt beim Übergang zum B-Teil ist doch ganz simpel, Francesco. Du muss einfach nur bis vier zählen.«
    »Ist natürlich nicht so einfach für jemanden, der morgens im Spiegel bei seinen Haaren nur bis drei zählen kann.«
    »Jetzt macht mal nicht so eine Welle. Ich hab nur aus Versehen das Effektgerät mit der Hacke angestupst, und dann hat es sich auf stumm geschaltet.«
    »Ich hab übrigens noch mal nachgedacht. Sollen wir uns nicht doch lieber Superhirn nennen?«
     
    *
     
    Ich habe mich vorzeitig verabschiedet. Kopfschmerzen, Stimmbandjucken plus Aufnahmetermin morgen haben dicke gereicht. Nur dumm, dass genau auf halbem Weg zu Amelie das Gewitter losbrechen muss. Die ersten Meter renne ich noch, aber es nützt nichts. Ich habe im Nu keinen trockenen Faden mehr am Leib. Ich wusste gar nicht, dass Regen selbst im Hochsommer dermaßen eiskalt ist. Wahrscheinlich, weil der von so weit oben kommt.
    Wäre ich in Amelie verliebt, dürfte ich das gar nicht spüren. Also, alles klar. Ich muss das jetzt klären. Keine falsche Rücksicht. Macht die Sache nur noch schlimmer. Und wenn mein Mund, der ja in den letzten Tagen schon ein paarmal sein eigenes Ding durchgezogen hat, es wagen sollte, jetzt zur Abwechslung einfach stumm zu bleiben, dann fliegt er raus.
    Endlich da. Klingel. Lift. Tür. Anklopfen.
    Oh, Lambert kann jetzt sogar schon die Tür aufmachen.
    »Jauuuuuuuuuuul!«
    »Krach, du Armer.«
    »Ka… kaka…«
    »Komm schnell rein. Warte, hier ist ein Handtuch.«
    »Dada… Danke. Brrrrrrrrr.«
    »Komm, du musst raus aus den nassen Sachen. Ich mach uns so lange heißen Tee. Nimm meinen Bademantel.«
    »Kkkkkkkk…«
    Da hat Amelie einfach mal recht. Ich gehe in die Nasszelle und schlüpfe, so schnell es meine Schlotterei zulässt, aus den Klamotten, wringe sie aus und hänge sie über die Duscharmatur. Ihr Bademantel sieht an mir wie ein Minikleid aus, aber das ist schon okay. Ich setze mich auf ihr Schrankbett und probiere ein paar Guck-mir-nicht-unter-den-Rock-Sitzpositionen durch. Gar nicht so einfach, wenn man das nicht von klein auf gelernt hat. Vor allem, wenn man gleichzeitig auch noch entspannt wirken will.
    Aber richtig entspannen könnte ich mich jetzt auch nicht in meinem eigenen Bademantel. Dazu ist das Gespräch, das vor mir liegt, zu heikel.
    Amelie kommt mit der Teeausrüstung wieder und arrangiert die Tassen und die Kanne auf einem Minitischlein, das damit bis auf den letzten Quadratzentimeter voll ist.
    »Autsch!«
    »Langsam, ist noch heiß.«
    »Okokokokay.«
    Amelie sieht mich an. Nie zuvor, auch nicht, als wir uns geküsst haben, habe ich so tief in ihre Augen geschaut.
    »Krach…«
    Sie legt mir ihre Hand auf die Frotteeschulter. Sofort beginne ich, in der mir sonst verborgenen Tiefe etwas zu entdecken. Aber bevor ich es richtig erfassen kann, klopft es an der Tür. Amelie fährt zusammen und bedeutet mir, keinen Mucks zu machen. Bestimmt ist mir dieser Unglücksrabe von Gonzo hinterhergeschlichen…
    »Jauuuuuuuuuuuul!«
    Tja, so viel zum Thema keinen Mucks. Amelie stößt ihre angehaltene Luft aus.
    »Momehent! Komme gleich.«
    Ich glaube, dass sie eigentlich vorgehabt hat, schnell ein Versteck für mich zu finden. Das Dumme ist bloß, dass Lambert in diesem Augenblick schon an der Tür ist und seelenruhig seine

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