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Kalte Fluten

Kalte Fluten

Titel: Kalte Fluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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Schönheitswettbewerb.
    Natürlich, Mutter.
    »Darf ich bitten?«, sagte Thomas und bot ihr seinen Arm an.
    Randolf folgte den beiden und prüfte, ob er alles dabeihatte. Der Fotoapparat war da. Und das Wichtigste für ihn und vor allem für Günter fühlte er in beiden Innentaschen seines Jacketts.
    Draußen auf der Straße stand eine blumengeschmückte Victoriakutsche mit zwei wunderschönen Schimmeln. Thomas bat Wiebke, zu warten. Er ging auf die weiße Equipage zu. Der Kutscher im schwarzen Anzug und Zylinder öffnete die Tür. Thomas nahm einen größeren Beutel aus dem Innenraum.
    Er bestreute den Weg bis zur Haustür mit Rosenblättern, nahm ihre Hand und führte sie zum Wagen.
    Mein Gott, wie romantisch, dachte sie.
    Was für ein Kitsch, dachte Randolf.
    Er sagte aber nichts, bestieg als Letzter die Kutsche und hörte den Kutscher, wie er mit einem Zungenschnalzer den beiden Schimmeln den Befehl gab, loszutraben.
    Die Hufe der Pferde hallten fast schon melodisch auf dem Asphalt der Rostocker Straßen. Die Menschen drehten sich um. Nicht wenige klatschten.
    Wiebke winkte freundlich und lächelte. Sie lächelte zwei Stunden lang. Sie winkte liebenswürdig. Auch zwei Stunden. So lange dauerte es, bis die Schimmel sie von ihrer Wohnung am Wilhelm-Külz-Platz nach Warnemünde gezogen hatten.
    Glück. Glück, warum überkommst du mich nicht?
    Wiebke, lächle!
    Ja, Mama.
     
    Wolfgang und Günter erwarteten sie vor der Vogtei. Dieses Gebäude, dessen Geschichte bis ins 14. Jahrhundert zurückging, gehörte zu den beliebtesten Orten, an denen sich Rostocker Paare das Versprechen für den Bund des Lebens gaben. Seit Jahrzehnten.
    Schon von ferne hörten sie das Getrappel der Pferde.
    Günters Herz schlug bis zum Hals. Er machte sich nichts vor. Wiebke wollte Thomas, da konnte Randolf noch so sehr der Meinung sein, dieser Mann würde nicht zu ihr passen. Und was Wiebke wollte, bekam sie auch.
    Aber doch tat die Gewissheit weh, dass der kleine Funke Hoffnung, es könnte mit ihnen beiden doch noch einmal etwas werden, heute erlöschen würde. Die Worte »Und hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau« würden gleich wie ein Eimer Wasser auf die glühenden Kohlen der Leidenschaft niedergehen, und das Feuer würde zischend erlöschen. Zurück bliebe der Ruß der Erinnerung.
    Warum tat er sich das an? Wohl um genau dieses Zischen zu spüren. Um das Erlöschen der Leidenschaft zu erleben. Damit dieses ziehende Gefühl im Bauch endlich aufhören würde. Ja, genau deshalb.
    »Hallo, Wiebke«, sagte Günter mit staubtrockenem Mund, als sie aus der Kutsche stieg. Mein Gott, was sieht sie gut aus, dachte er, und das Ziehen im Magenbereich wurde noch heftiger.
    Thomas folgte ihr mit einem Lächeln. Günter begann, das Lächeln dieses Mannes zu hassen. Doch dann dachte er: Halt, der Mann kann nichts dafür. Sie beide wollen heiraten. Es ist ihrer beider Entscheidung.
    Wolfgang hatte sich für diesen Anlass in seinen besten Janker geworfen. Das ziemlich bajuwarische Outfit stand zwar in einem gewissen Widerspruch zu der maritimen Atmosphäre, die Warnemünde ausstrahlte. Aber er war gepflegt, fein gekleidet und vor allem nüchtern. Das war schon etwas.
    »Danke, dass ich die Ehre habe, dein Trauzeuge zu sein«, sagte Wolfgang zu Wiebke.
    »Wir kennen uns seit Ewigkeiten, und ich glaube, dass du genau der Richtige bist«, erwiderte sie lächelnd. Sie hatte Wolfgang nicht gesagt, dass er zweite Wahl war. Eigentlich sollte Günter der Trauzeuge sein, aber da hatte sie einen Korb bekommen.
    »Ich kann das nicht, Wiebke. Ich bitte dich, das zu verstehen«, hatte er gesagt, war im Café einfach aufgestanden und gegangen. Sie hatten nie wieder darüber gesprochen.
    »Darf ich das Brautpaar und den Trauzeugen für ein paar Formalitäten hereinbitten?«, fragte auf einmal der Standesbeamte, der irgendwann dazugekommen sein musste. »Die Gäste können schon im Trausaal Platz nehmen.«
    Plötzlich spürte Günter eine Hand auf seiner Schulter. Er drehte sich um und sah in Randolfs schelmisch grinsendes Gesicht. »Für medizinische Zwecke«, sagte er und gab ihm einen Flachmann.
    »Was ist da drin?«, fragte Günter.
    »Russischer Landwein.«
    Günter schraubte den Verschluss ab und setzte an. Der scharfe Wodka brannte in seinem Hals, aber er konnte nicht verhehlen, dass der Schnaps ihm guttat. Er hielt Randolf den Flachmann hin. Doch der schüttelte den Kopf, griff in seine zweite Jacketttasche und holte einen weiteren hervor.
    »Ich habe

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