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Kalte Fluten

Kalte Fluten

Titel: Kalte Fluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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Mit Sekt. Oder nein, besser mit Champagner. Ich bin ja jetzt schließlich Frau Doktor. Ich will Champagner! Frau Dr. Schulte will jetzt Champagner.«
    Günter inspizierte die Bar in der Suite und fand tatsächlich eine Flasche Taittinger. Er suchte die Gläser, während er Wiebke sagen hörte: »Ich bin gleich wieder da.«
    Vorsichtig drehte Günter am Drahtverschluss der Flasche, beseitigte die Bügel und zog langsam am Korken. Mit einem leisen »Plopp« war die Flasche offen. Er füllte die zwei Gläser, nahm sie in die Hände und wartete.
    Er hätte sie fast fallen gelassen. Wiebke kam aus dem Bad zurück, nackt bis auf die Schuhe. Er konnte seinen Blick nicht abwenden. Sie drehte sich wie eine Striptänzerin auf der Bühne.
    »Gefalle ich dir?«, fragte sie.
    Günter sagte nichts.
    Sie tippelte zur Musikanlage und stellte das Radio an. Sie zeigte sich ihm. Günter wurde es heiß und kalt. Sein Traum. Er konnte sie jetzt haben. Sie war bereit und willig. Er musste nur zugreifen.
    »Es ist deine Hochzeitsnacht«, sagte er. »Da kannst du doch nicht –«
    »Und wie ich kann«, widersprach sie trotzig und bewegte sich für ihren Alkoholisierungsgrad erstaunlich grazil auf ihn zu. Dann küsste sie ihn. Er hatte keine Chance. Sie presste ihre Lippen auf seine. Aber er wollte sie doch vergessen. Er wollte ihr widerstehen. Er wollte nicht der Ersatz sein. Es war ihm unmöglich, standhaft zu bleiben. Er öffnete leicht seinen Mund, und ihre Zungen spielten wie wild miteinander.
    Sie flüsterte ihm ins Ohr: »Mir hat mal einer gesagt, ich hätte den Arsch einer Stute. Nimm mich jetzt! Ich will deine Stute sein. Sei du mein Hengst.«
    Sie zog ihn auf das Bett, und Günter ließ es geschehen.
    Günter war erfahren. Günter war gut. Sie genoss jeden seiner Stöße. Sie genoss das Kribbeln, das seine zartfühlenden Hände auf ihrer Haut erzeugten. Sie erlebte die Wollust, wenn er sie im genau richtigen Augenblick packte und zugriff. Er konnte es. Sie wollte es. Ihre vor Lust, Wärme und Gier glänzenden Körper verschmolzen zu einem nicht mehr entwirrbaren Ganzen.
     
    Angewidert wandte sich Daniel ab, als Wiebke mit einem lauten, immer heftiger werdenden Keuchen, das sich zu einem ordinären, durchdringenden Stöhnen steigerte, ihren Orgasmus ankündigte. Die ebenerdige Suite war zum Park ausgerichtet. Weder Wiebke noch Günter hatten daran gedacht, die Vorhänge zuzuziehen. Zwar milderten die Gardinen den Blick. Doch die Dunkelheit draußen und die zwar nur indirekte, aber doch ausreichende Beleuchtung des Hotelapartments war genug, damit Daniel detailliert miterleben konnte, wie seine Schwägerin seinen Bruder ausgerechnet schon in der Hochzeitsnacht betrog.
    Er hatte es nicht verwinden können, dass sie ihn nicht bei der Hochzeit dabeihaben wollte. Thomas hatte gesagt, dass er selbst schuld sei. Er könne kaum erwarten, sie so ohne Anlass beleidigen zu dürfen und dann noch zur Hochzeit eingeladen zu werden.
    Den ganzen Tag war er um die Gruppe herumgeschlichen. Jetzt hatte er den Beweis. Sie war eine Schlampe. Eine ganz miese, kleine Schlampe. Eine Nutte, die gerade jetzt ein lautes »Jaaaaa!« brüllte. In den Armen irgendeines anderen. In der Nacht der Nächte. Sein Bruder hatte eine Bessere verdient.
    Daniel wusste nur noch nicht, ob, wann und, wenn ja, wie er das seinem Bruder erzählen sollte.
    ***
     
    Als sie erwachte, war sie allein.
    Ein höllischer Kater malträtierte ihre Gehirnwindungen. Wie durch einen Nebel zogen die Bilder des gestrigen Tages an ihr vorbei. Hatte sie geträumt? Nein, es war die Realität. Sie hatte es getan. Sie hatte tatsächlich …
    Selbst in Gedanken traute sie sich nicht, es auszusprechen.
    Das hättest du nicht tun dürfen.
    Ich weiß, Mama.
    Fahrig fuhr sie mit den Händen durch ihr Gesicht. Sie wankte ins Bad. Ihr Make-up war verschmiert, die Wimperntusche verlaufen, und ihre Augen sahen noch müder aus, als sie sich ohnehin schon fühlte. Das Spiegelbild war gnadenlos.
    Selbst ausgiebige Wechselduschen brachten nur wenig Erfrischung.
    Als sie aus dem Bad zurückkam, entdeckte sie einen Zettel auf dem Nachttisch.
    Er war von Günter.
    Zitternd nahm sie das mit dem Hotellogo versehene Briefpapier in die Hand. Sie las.
     
    Guten Morgen, Wiebke,
    du hast gestern ein bisschen zu viel getrunken. Ich habe dich ins Bett gebracht. Du bist sofort eingeschlafen. Kein Wunder bei der Menge, die du getankt hattest. Wir sehen uns beim Frühstück.
    Günter
     
    Sie dankte Gott für so einen

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