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Kalte Fluten

Kalte Fluten

Titel: Kalte Fluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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wolle ihn nur ausrauben. Dann war er chloroformiert worden und hier wieder aufgewacht. Gefesselt und als untätiger Beobachter einer bizarren Szene, deren Sinn er nicht begriff. Er ahnte nur, dass es gefährlich für ihn werden könnte. Sehr gefährlich. Tödlich.
    Zufrieden betrachtete der Mann sein Werk. Aus den fünfundsiebzig Zentimeter hohen Eisquadern hatte er ein Rechteck gebaut. Es war groß genug, dass ein Mann darauf stehen konnte. »Wie groß sind Sie?«, wollte er von Tormann wissen.
    »Lecken Sie mich am Arsch.«
    »Ich will wissen, wie groß Sie sind«, befahl er, und Tormann blickte in die Mündung der Pistole.
    »Einen Meter sechsundachtzig«, sagte er zitternd.
    »Danke.«
     
    Archibald schnüffelte wie wild am Tor der Scheune.
    »Was hast du?«, fragte Friedhelm Münzer. »Ist da was?«
    Der Hund bellte. Laut.
    Gott sei Dank, dachte Olaf Tormann. Rettung ist da.
    »Hilfe! Hilfe!«, brüllte er. »Der will mich umbringen! So helfen Sie mir doch.«
    Sein Peiniger hechtete neben das Tor, auf dessen anderer Seite er das Bellen des Hundes gehört hatte. Er beobachtete, wie die Klinke der in das Scheunentor eingebauten Tür heruntergedrückt wurde. Die Tür öffnete sich und ein angeleinter Dackel hüpfte in die Halle.
    Friedhelm Münzer trat ein und spürte eine Sekunde später den kalten Lauf einer Waffe an der Schläfe.
    »Schön langsam«, befahl der Mann in seinem Rücken. »Schritt für Schritt.«
    Friedhelm Münzer ging schrittweise vorwärts. Er sah den gefesselten Tormann, einen Wagen mit offenem Kofferraum und eine große Fläche aus Eisquadern.
    »Setzen sie sich dahin!« Der Mann mit der Waffe deutete auf einen achtlos liegen gelassenen Strohballen. »Und sorgen Sie dafür, dass Ihr Köter endlich das Maul hält.«
    Münzer setzte sich. »Ruhig, Archibald. Platz. Ganz ruhig!«
    Der Hund setzte sich. Er knurrte. Er fixierte den Mann mit der Waffe. Seine Lefzen bleckten gefährlich seine Zähne. Er spürte die Gefahr, in der sie waren. Er war bereit zur Verteidigung.
    »Sie haben das Pech«, sagte der Mann, ohne die entsicherte Waffe auch nur einen Moment abzusetzen, »dass Sie sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufgehalten haben. Ich bin gerade dabei, diesem Abschaum hier einen möglichst langen und grausamen Tod zu bereiten. Er ist nämlich verantwortlich für den Tod von zwanzig Menschen und versucht, sich durch Tricks und die Mithilfe irgendwelcher Winkeladvokaten herauszustehlen. Und können Sie sich vorstellen, was er mir angeboten hat?«, fragte der Mann hysterisch lachend. »Können Sie sich das vorstellen?«
    »Nein«, sagte Friedhelm Münzer.
    »Geld. Als ob man sich mit Geld von Schuld freikaufen könnte.« Der Mann schüttelte sich förmlich. Dann wurde er von einer Sekunde auf die andere ruhig. Gespenstisch ruhig und kalt. »Sie werden verstehen, dass ich keine Zeugen gebrauchen kann«, sagte er. »Es tut mir leid.«
    Er richtete die Waffe auf Münzers Stirn und drückte ab.
    Der Rentner fiel, von der Wucht des Schusses getroffen, nach hinten. Mitten auf seiner Stirn war das Einschussloch zu erkennen. Das Projektil hatte den Hinterkopf durchschlagen. Blut und Hirnmasse klebten an der Scheunenwand hinter ihm.
    Der Dackel, immer noch angeleint, rastete aus. Wild kläffend und zähnefletschend versuchte er, sein Herrchen zu verteidigen. Der Mann blickte auf den auf und nieder springenden Hund, richtete die Waffe auf ihn und drückte erneut ab. Jaulend fiel auch der Hund zu Boden. Die Kugel hatte seinen Hals zerfetzt. Es dauerte drei Minuten, bis der kleine Körper aufhörte zu zucken.
    Olaf Tormann war vor Schrecken wie gelähmt. Der Mann drehte sich ungerührt zu ihm um.
    »Das war nicht geplant, aber unvermeidbar. Aber jetzt zu Ihnen. Deswegen sind wir ja schließlich hier.«
    Tormann war in diesem Moment sonnenklar, dass er sterben würde. Er wusste nur nicht, wie.
    Der Mann holte schließlich einen Strick aus dem Wagen. Die Schlinge für Tormanns Kopf war bereits vorbereitet.
    »Eins sechsundachtzig, richtig?«, fragte er. Laut lachend bestieg er eine Leiter und befestigte das Seil an dem Stahlträger der Halle in der richtigen Höhe. Bedrohlich hing die Schlinge über der Eisfläche, auf der sich bereits eine kleine Tauwasserschicht gebildet hatte. »Aufstehen«, befahl der Mann und richtete die Waffe auf sein Opfer.
    Tormann gehorchte.
    »Herkommen.«
    Mit kleinen Tippelschritten bewegte sich Tormann auf seinen Peiniger zu. Als er am Rande der Eisfläche angekommen war,

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