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Kalte Fluten

Kalte Fluten

Titel: Kalte Fluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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Neugier und professioneller Ermittlerehrgeiz siegten schließlich.
    Als sie den Bericht über die Sitzung des gestrigen Tages las, feuchteten dicke Tränen das Papier durch. Wolfgang hatte sie alle gelinkt.
    ***
     
    Sie hatte aus der Bereitschaft eine Eingreiftruppe organisiert. Nach nicht einmal einer halben Stunde hörte man ihre Stimme leise, aber eindringlich befehlen: »Zugriff!«
    Die Männer des Sondereinsatzkommandos brachen die Haustür auf. Ein Polizist warf eine Nebelbombe. Es wäre nicht nötig gewesen. Wolfgang lag im Bett und konnte problemlos festgenommen werden.
    »Was soll das, Wiebke?«, fragte er.
    »Das musst ausgerechnet du fragen«, brüllte sie ihn an. »Du hast mich verarscht. Du hast zugesehen, wie ich im Nebel gestochert und sogar einen Unschuldigen ins Gefängnis gebracht habe.«
    »Ich habe was?«
    »Du hast sowohl den Hansen als auch den Lüerßen auf dem Gewissen, weil sie deine Tochter ins Verderben geführt haben. Dann hast du die Adamchewskis getötet. Und jetzt den Tormann und Russen-Egon. Von dem armen Rentner und seinem Hund ganz zu schweigen.«
    »Wiebke«, sagte Wolfgang schwerfällig. Er nahm alles wie durch Watte wahr. »Warum soll ich das getan haben?«
    Er reagierte ruhig, fast schon apathisch. Wiebke war kurzzeitig irritiert. Sie hätte erwartet, dass er sich verteidigte, rechtfertigte, irgendwie wehrte. Aber vielleicht war er nur froh, dass sie ihn endlich überführt hatte. Er war schließlich krank, wie sie jetzt wusste.
    »Pathologischer Rachewahn«, wiederholte sie die Diagnose, die sie vorhin gelesen hatte.
    Wolfgang schüttelte den Kopf. Wie von Sinnen begann Wiebke, die Wohnung zu durchsuchen. Sie wurde fündig.
    »Siehst du das hier?«
    Wolfgang riss die Augen auf. »Das ist doch«, stammelte er. »Das kann doch gar nicht …«
    »Ja, mein Lieber, das ist – da gehe ich jede Wette ein – deine angeblich verloren gegangene Dienstwaffe.« Sie roch daran. »Aus ihr ist kürzlich geschossen worden. Ich garantiere dir, dass unsere Ballistiker feststellen werden, dass die Kugeln, die den Rentner und seinen Dackel töteten, aus genau dieser Waffe stammen.«
    Wolfgang holte Luft und wollte etwas sagen. Doch Wiebke herrschte ihn an: »Du hältst jetzt einfach die Schnauze. Du bist eine solche Enttäuschung. Du killst Menschen und betrügst deine Freunde. Du bist ein Nichts. Ein widerlicher, kleiner Racheengel.«
    Wolfgang schwieg. Wiebke instruierte die inzwischen eingetroffenen Kollegen der Spurensicherung, weiteres Beweismaterial zu sichern.
    »Führt ihn ab«, sagte sie dann zu den uniformierten Kollegen.
    Ein Hauptwachtmeister zückte die Handschellen.
    »Wiebke«, sagte Wolfgang. »Muss das sein?«
    »In Ordnung«, sagte sie nach kurzer Überlegung. »Ohne Handschellen. Flüchtest du, schieße ich.«
    Sie führten Wolfgang die Treppe hinunter auf die Straße und brachten ihn zu einem Einsatzwagen. Der Beamte drückte ihn auf den Sitz im Fond. Der Polizeibeamte setzte sich neben ihn. Mit einem geübten Griff löste Wolfgang die Dienstwaffe seines Kollegen, entsicherte sie, steckte sie in seinen Mund und drückte ab. Es dauerte nur Sekunden. Das Letzte, was Wiebke sah, war die von Wolfgangs Blut rot verschmierte Heckscheibe des Autos. Dann brach sie zusammen.
    ***
     
    Randolf Sollich schnitt seine Rosen. Er hörte das Fahrgeräusch eines Autos und sah einen Ford Mondeo vor seinem Grundstück parken.
    »Was machst du denn hier?«, fragte er Günter freudig überrascht.
    »Ich muss mit dir reden.« Günters Stimme war unheilschwanger.
    »Komm rein«, sagte Randolf und legte die Schere beiseite. Sein Freund machte keinen guten Eindruck.
    Sie setzten sich.
    »Hast du was zu trinken?«, fragte Günter. »Ich brauche jetzt einen kräftigen Schluck.
    Randolf holte eine Flasche und Gläser. Er schenkte ein, und sie prosteten sich zu. Günter machte auf ihn nicht den Eindruck, als sei er aus Langeweile vorbeigekommen.
    »Was ist passiert?«, fragte er. »Du siehst schlecht aus.«
    »Wiebke liegt mit einem Nervenzusammenbruch im Krankenhaus. Es ist einfach unglaublich.« Günter leerte mit einem tiefen Zug das nächste Glas.
    »Was? Was ist passiert? Wie geht es ihr?« Stakkatomäßig prasselten die Fragen auf Günter nieder.
    »Wiebke hat herausgefunden, dass Wolfgang Franke, ihr Chef und Trauzeuge, die ›Bereue‹-Morde begangen hat. Vor einigen Stunden hat sie ihn festgenommen. Kaum saß er im Auto, hat er einem Polizisten die Waffe entrissen und sich erschossen. Daraufhin

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