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Kalte Fluten

Kalte Fluten

Titel: Kalte Fluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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nicht.« Fritjof schenkte sich erneut ein, roch an dem zweiten Glas und genoss das Aroma der Spirituose. »Nach meinen Unterlagen ist noch genug für etwa fünf Tage da. Durch Strecken kommen wir doch locker hin.«
    »Nein«, sagte Christof. Wieder überkam ihn ein Schweißausbruch. Wieder reagierte er mit hektischem Wischen.
    »Wieso nein?«, fragte Fritjof mehr sich selbst als Christof. In ihm keimte ein schrecklicher Verdacht, der binnen weniger Sekunden zur entsetzlichen Gewissheit wurde. »Du hast doch wohl nicht …« Fritjof wollte es nicht aussprechen. Er wollte nicht wahrhaben, dass sein Vertriebschef ihn betrogen hatte. Was heißt schon betrogen? Ganz profan bestohlen hatte er ihn.
    Dann beichtete Christof. Er hatte in die eigene Tasche gewirtschaftet. Erst nur ein paar Hunderter, später ein paar Tausender einfach nicht abgerechnet. Über die Jahre war so eine erkleckliche Summe zusammengekommen. Es war doch auch zu einfach. Sie hatten stets einen Sockel Ware, den Bedarf von ein paar Tagen, »auf Lager«. Christof hatte einfach diesen Sockel reduziert und die Ware als seine eigene verkauft. Jetzt aber, wo die Lieferung ausblieb und der Lagersockel dringend zur Überbrückung gebraucht wurde, war er nicht verfügbar.
    »Du bist eine ganz miese kleine Ratte«, brüllte Fritjof. Jedes Wort wurde begleitet von einer schallenden Ohrfeige. »Ich werde dich zertreten wie eine Wanze!«
    Eine Zeit lang ließ Christof sich die Schläge gefallen, dann begann er sich zu wehren. Mitten in der gepflegten, teuer eingerichteten und für derartige Konfrontationen deshalb auch völlig unpassenden Umgebung entwickelte sich eine handfeste und vor allem lautstarke Auseinandersetzung.
    »Ich werde dich in die Gosse schicken, du kleiner Fixer«, echauffierte sich der enttäuschte Fritjof. »Schluss mit der billigen Eigenversorgung. Du wirst am Bahnhof deinen Arsch hinhalten müssen wie all die anderen kleinen Junkies. Einmal Ficken fünfzig Euro. Zweimal gefickt, und du kannst dir deinen Schuss leisten. Dreimal musst du es schon tun, damit du auch noch was zu fressen kriegst. Aber fürs Erste reicht ja wohl die Kohle, die du für die Rolex bekommst. Lächerlich: Du wirst nie so sein wie ich, selbst wenn du tausend Mal die gleiche Uhr trägst, du mieser kleiner Abzocker.«
    Diese Aussicht und vor allem die ehrliche Sorge, dass Fritjof seine Drohung ernst meinen könnte, lösten nicht vermutete Kräfte bei Christof aus. Er schlug wie wild um sich. Er brüllte. Er schrie.
    »Du mieses Schwein. Das wirst du bereuen«, stieß er mehrfach hervor, vor allem dann, wenn es ihm gelang, Fritjof empfindlich zu treffen. Die Fäuste flogen. Sie beleidigten sich wortreich.
    Bis es an der Tür schellte, gefolgt von heftigem Klopfen. Ein lautes »Polizei! Aufmachen!« kühlte die beiden Kampfhähne ab wie ein Eimer kalten Wassers, den man über ihnen auskippte.
    »Schnauze«, sagte Fritjof. »Lass mich reden! Wir haben uns wegen, äh, genau: Wir haben uns wegen einer Frau geprügelt, verstanden?« Fritjof überlegte fieberhaft. »Wegen Belinda. Du hast sie gebumst und ich war deswegen sauer. Verstanden?«
    Christof nickte.
    Die Polizei war von einem besorgten Nachbarn alarmiert worden, der die Kampfgeräusche aus der Wohnung gehört hatte. Die Polizeibeamten erkannten sowohl Christof als auch Fritjof und hatten umgehend den Verdacht, dass die beiden sich wegen Drogen stritten.
    »Na, eine kleine Auseinandersetzung unter Dealern?«, mutmaßte einer der Polizisten und traf damit genau ins Schwarze.
    »Mir gehen Ihre dauernden Unterstellungen auf den Keks«, tönte Fritjof.
    »Und warum haben die Herren sich sonst in der Wolle?«
    »Geht Sie das was an?«
    »Allerdings.«
    »Wenn Sie meinen«, sagte Fritjof gedehnt. »Wir haben Streit wegen einer Frau gehabt.«
    »Ihre Freundin ist heute tot aufgefunden worden«, bemerkte der Polizist scharf. Die tragische Geschichte hatte sich wie ein Lauffeuer bei den Kollegen herumgesprochen. »Sie werden sich doch wohl nicht um eine Tote prügeln?«
    »Meinen Sie, ich habe nur eine Freundin?«, fragte Fritjof provozierend. »Mann, wenn ich so ein kleiner Beamter wäre wie Sie, klar. Ich aber kann mir mehrere Frauen leisten.« Die Blicke der Beamten trafen ihn mit konzentriertem Hass. Er hielt locker stand und lächelte.
    Christof sagte gar nichts. Er stand da mit gesenktem Kopf. Fritjof war wieder einmal klar, wie mächtig er war. Was sollte Christof auch sagen? Dass er für ihn die Drogen verteilte? Blöde

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