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Kalte Freundschaft

Titel: Kalte Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone van Der Vlugt
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wenn sie Marielles Handynummer wählt, trägt auch nicht gerade zu ihrer Beruhigung bei.
    Nadine ist der Appetit gründlich vergangen. Sie steht auf und trägt den halb abgegessenen Teller in die Küche. Was noch in der Pfanne ist, stellt sie für Marielle in die Mikrowelle.
    Als sie die Spülmaschine eingeräumt hat, ist Marielle noch immer nicht da.
    Nadine will sich nicht wieder allerlei Katastrophenszenarien ausmalen. Bestimmt kommt ihre Tochter gleich nach Hause …

    Als eine Viertelstunde später die Haustür geht, ist sie unendlich erleichtert.
    Sie eilt in den Flur. Marielle ist bereits auf der Treppe und bleibt stehen, als Nadine sie scharf anspricht: »Wo hast du dich herumgetrieben?«
    So als hätte sie ein schlechtes Gewissen, senkt Marielle den Blick. »Ich war bei Renate, warum?«
    »Es ist gleich halb acht! Du wolltest zum Abendessen zu Hause sein!«
    »So spät? Wir haben uns verplaudert. Ich hab gar nicht gemerkt, wie die Zeit verflogen ist. Tut mir echt leid.«
    »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass ich mir Sorgen mache, wenn ich nicht weiß, wo du bist und wann du nach Hause kommst? Und deine Handyrechnungen bezahle ich übrigens nicht zuletzt deshalb, damit ich dich notfalls immer erreichen kann. Aber du hast das Ding ausgeschaltet.«
    »Das war keine Absicht.«
    »Sonst ist es immer an. So allmählich habe ich den Eindruck, dass du es immer dann ausschaltest, wenn du irgendwelche Heimlichkeiten planst, kann das sein?« Die Hände in die Hüften gestemmt, sieht Nadine ihre Tochter wütend an.
    »Nun mach keinen solchen Aufstand! Schließlich bin ich jetzt da!« Marielle stampft nach oben und knallt die Tür ihres Zimmers hinter sich zu.
    Erst will Nadine hinterher und ihr gründlich die Meinung sagen, aber sie fühlt sich einer erneuten Konfrontation nicht gewachsen. In einem Erziehungsratgeber
hat sie gelesen, es sei vollkommen normal, dass Jugendliche in der Pubertät die Auseinandersetzung mit den Eltern suchen. In Wirklichkeit sei das ein verkapptes Kompliment, denn es zeige, dass das Kind sich im Grunde geborgen fühle und deshalb seinen Gefühlen freien Lauf lasse. So gesehen, hat sie in letzter Zeit von niemandem so viele Komplimente bekommen wie von Marielle.
    Morgen, denkt sie, während sie ihre schmerzende Stirn massiert, morgen rede ich mit ihr.
     
    In der Nacht hat sie prompt einen Albtraum. Sie geht durch verlassene dunkle Straßen und Parkanlagen und sucht Marielle. Nach langem Herumirren findet sie sie: vergewaltigt und erwürgt. Sie weint und will um Hilfe rufen, aber der Schrei, der sich ihrer gequälten Brust entringt, ist kaum mehr als ein heiseres Krächzen.
    Schreckensstarr und völlig verkrampft erwacht sie, das Gesicht tränenüberströmt. Ganz langsam wird ihr bewusst, dass es nur ein Traum war, dass in Wirklichkeit nichts Schlimmes passiert ist.
    Halb benommen tappt sie ins Badezimmer.
    Nach der erfrischenden Dusche kämmt sie die nassen Haare mit einer Bürste aus, trägt Tagescreme auf und geht nackt wieder ins Schlafzimmer.
    In Marielles Zimmer fährt der Computer brummend hoch. Vermutlich fällt mal wieder die erste Schulstunde aus.
    Nadine zieht sich an und geht ins Zimmer ihrer
Tochter. Marielle sitzt im Jogginganzug am Schreibtisch und öffnet gerade MSN.
    »Guten Morgen«, sagt Nadine. »Du bist früh auf.«
    »Du auch.«
    »Schlecht geträumt. Ich war völlig panisch und bin schweißüberströmt aufgewacht.« Nadine setzt sich auf die Bettkante.
    Marielle ist deutlich anzusehen, dass sie sich viel lieber mit MSN beschäftigen würde. Doch um ihre Mutter nicht vor den Kopf zu stoßen, dreht sie sich halb zu ihr um.
    »Was hast du geträumt?«
    »Es ging um dich. Du warst nicht nach Hause gekommen, deshalb habe ich dich mitten in der Nacht gesucht.« Nach einer kurzen Pause fügt Nadine hinzu: »Und gefunden.«
    »Tot vermutlich?«
    Als Nadine nickt, lächelt Marielle ihr aufmunternd zu: »Mam, das war nur ein Traum!«
    »Ich weiß, aber manche Träume sind so real, dass sie einen noch lange verfolgen.« Nadine blickt zum Fenster und sucht nach Worten. »Ich habe immer wieder das Gefühl, dass eine Bedrohung in der Luft liegt. Seit Joellas Tod fühle ich mich nicht mehr sicher, und um dich mache ich mir natürlich auch Sorgen.«
    Marielle dreht sich ganz zu Nadine um und wickelt eine Haarsträhne um den Finger.
    »Das kenne ich. Manchmal denke ich, dass Joellas Mörder vielleicht jemand ist, den wir kennen.«

    Alarmiert sieht Nadine sie an. »Wie kommst du nur

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