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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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dass es in ihren Augen brannte, aber es hielt sie wach. Sie betrachtete den Raum: Raufasertapete, blasse Auslegware, einfache Möbel aus dem Baumarkt, auf dem Nachttischchen lagen alte Zeitungen, die irgendjemand vergessen hatte – kein Ambiente, das Hoffnung ausstrahlte. Erneut wurde ihr schlecht.
    Aus ihrer Handtasche klaubte sie die Lucky-Strike- Schachtel. Sie enthielt nur noch ein halbes Dutzend Zigaretten . Aber lange, so beschloss sie, würde sie sowieso nicht mehr in der Wohnung bleiben. Während sie sich eine Zigarette anzündete, erinnerte sie sich daran, dass einer der Beamten, die mit ihr hierhergefahren waren, ihr erklärt hatte, dass Rauchen in den Räumen verboten sei. Aber das scherte sie in diesem Moment kein bisschen.
    Tania nahm einen Zug und wartete. Die Nacht war bald vorüber. Noch immer hatte die Polizei keine Spur von Hagen. Wo, um Himmels willen, ist Hagen? Warum finden sie ihn nicht?
    Wie zur Antwort erklang aus dem Nebenraum Gemurmel. Täuschte sie sich? Oder lacht da jemand? Sie schaltete den Fernseher ein, wollte einen Musikkanal suchen, irgendeinen, Hauptsache, die Musik war laut genug, um das Gekicher zu übertönen.
    Plötzlich flammten Bilder eines Nachrichtensenders auf. Tania fand den Knopf zum Umschalten zu spät. Sie erkannte Hagen sofort. Schreiend ließ sie die Fernbedienung fallen. Sank auf die Matratze. Vergrub das Gesicht im Kissen, als würde sie auf diese Weise die grauenhaften Bilder verdrängen können.
    Doch Hagens Anblick hatte sich bereits in ihr Gedächtnis gebrannt. Hagen. In der dunklen Kammer. Auf dem hellen Tisch. Sein blutiger Körper.
    Hagen! Tania schrie.
    Den Polizisten, der in das Zimmer stürzte und die glühende Zigarette ausschlug, die schon ein Loch in das Bettlaken gebrannt hatte, hörte sie nicht.

106
    Sera kam ohne Umschweife auf den Punkt. »Herr Surmeister, haben Sie jetzt gleich einen Termin?«
    Andree Surmeister, ein kleiner, braun gebrannter Mann Mitte vierzig mit blondem Bürstenhaarschnitt, kniff die Augen wie ein empörtes Frettchen zusammen. »Haben Sie eine Ahnung, wie spät es ist?«
    »Es ist fünf Uhr vierzig.« Sera blickte zum Fernsehschirm, der hinter dem RTL -Journalisten flimmerte.
    Eine Dreiviertelstunde war vergangen, seit der neue Folterfilm das erste Mal über die Fernsehkanäle geflimmert war. Bleiben noch fünfzehn Minuten, bis die Leiche von Hagen Rething entdeckt wird.
    Surmeisters Miene entspannte sich. »Mit wem um alles in der Welt sollte ich mich um diese nachtschlafende Zeit treffen?«
    »Also haben Sie keinen Termin?«
    »Ich wüsste nicht mit wem. Heute ist mein erster Arbeitstag, und ich …«
    »Ihr erster Arbeitstag?«
    »Ich war mit meiner Familie im Urlaub«, erklärte der Reporter. »Drei Wochen Fuerteventura.«
    »Demnach arbeiten Sie auch an keiner Reportage?«
    Surmeister lächelte nachsichtig. »Nein, keine Reportage. Keine Telefonate. Keine E-Mails. Nur Urlaub.«
    »Aber Sie haben doch den Link zum Video erhalten, oder?«, hakte Gesing nach.
    »Nun ja, mehr oder minder. Empfänger war das allgemeine Postfach der Hauptstadtredaktion. Es wird von jeweils dem bearbeitet und gelesen, der gerade Dienst hat.«
    »Also von Ihnen!«
    »In diesem Fall: ja. Allerdings war die E-Mail bereits im Postfach eingegangen, als ich den Frühdienst antrat. Das war kurz vor fünf.«
    Das erstaunte Sera noch mehr. »Kann ich mir die Mail mal ansehen?«
    Surmeister drehte den Monitor seines PCs herum. Mit der Maus glitt er über den virtuellen Schreibtisch und klickte auf eine E-Mail. Sie war bereits um vier Uhr gesendet worden.
    »Ich habe mich auch schon gewundert, warum mein Kollege, der für die Nachtschicht eingeteilt war, die Mail nicht entdeckt hat. Ich meine, bei diesem brisanten Inhalt … Dann wären wir noch früher damit auf Sendung gegangen.«
    Seras nachdenklicher Blick fiel erneut auf den Fernsehmonitor. Das Frühprogramm des Senders wurde bestimmt von dem neuen Internetfilm. Drittes Foltervideo!, tickerte ein Laufbahn am unteren Bildschirmrand. Dritter Mord?
    Die Szenen des kurzen Films glichen denen der vorangegangenen Entführungen. Sera hatte sie noch gut vor Augen. Nur die Person auf dem Tisch war eine andere. Angeekelt wandte sie sich ab. »Ihr Kollege hätte die Mail also noch in seiner Schicht entdecken können?«
    »Ja, zeitlich würde das hinkommen.«
    »Ist der Kollege noch im Haus?«
    »Wahrscheinlich sitzt er beim Frühstück in der Kantine.«
    »Rufen Sie ihn bitte zu uns.«
    Surmeister griff zum

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