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Kalte Herzen

Kalte Herzen

Titel: Kalte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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nur seine Farbe gemerkt. Sie wußte nicht, warum sein Anblick bei ihr jetzt Unbehagen auslöste. Vielleicht war es die Tatsache, daß sie kurz zuvor über die Brücke gefahren war, die sie an Kunstler erinnert hatte. Und an Aarons Tod.
    Einer spontanen Eingebung folgend, bog sie in die Mercer Street.
    Der Van folgte ihr.
    Sie bog erneut links ab in die Camden, dann rechts in die Auburn und blickte ständig in den Rückspiegel. Sie wartete, ja sie erwartete fast, daß der Van wieder auftauchte. Erst als sie wieder auf die Battle Street kam und er noch immer nirgends in Sicht war, erlaubte sie sich einen Seufzer der Erleichterung.
    Was für ein Nervenbündel sie doch war!
    Sie fuhr direkt nach Hause und bog in die Einfahrt ein. Mark war noch nicht da, was sie nicht überraschte. Trotz des verhangenen Himmels wollte er die
Gimmie Shelter
für eine weitere Regatta gegen Archer auftakeln. Schlechtes Wetter war keine Entschuldigung, nicht zu segeln, hatte er ihr erklärt, und solange kein Hurrikan tobte, würde das Rennen stattfinden.
    Sie betrat das Haus. Drinnen war es düster, das Nachmittagslicht fiel grau und wässrig durch die Fenster. Sie ging zu der Tischlampe und wollte sie gerade anknipsen, als sie von der Brewster Street das laute Aufheulen eines Motors hörte und aus dem Fenster blickte.
    Ein brauner Van fuhr am Haus vorbei. Vor der Einfahrt bremste er bis auf Schrittempo ab, als ob der Fahrer Abbys Wagen eingehend mustern würde.
    Verriegel die Türen. Verriegel die Türen! durchfuhr es sie.
    Sie rannte zur Haustür, verriegelte sie und legte die Kette vor.
    Die Hintertür? War sie abgeschlossen?
    Sie rannte durch den Flur in die Küche. Kein Riegel, sondern nur das übliche Knaufschloß. Sie nahm einen Stuhl, schob ihn vor die Tür und klemmte ihn unter den Türknauf.
    Dann lief sie zurück ins Wohnzimmer und spähte, vom Vorhang verborgen, aus dem Fenster.
    Der Van war verschwunden.
    Sie blickte in beide Richtungen und bemühte sich, bis zur Ecke zu sehen, doch die Straße war leer und vom Nieselregen feucht.
    Sie ließ die Vorhänge offen und das Licht gelöscht. Abby saß in dem dunklen Zimmer, starrte aus dem Fenster und wartete, daß der Van wieder auftauchte. Sie überlegte, ob sie die Polizei rufen sollte. Mit welche Beschwerde? Niemand hatte sie bedroht.
    Sie saß fast eine Stunde da, beobachtete die Straße und hoffte, daß Mark nach Hause kam.
    Der Van tauchte nicht wieder auf. Genausowenig wie Mark.
    Komm nach Hause. Laß dein verdammtes Boot, und komm nach Hause, flehte sie leise.
    Sie stellte sich Mark auf seinem Boot vor, die knatternden Segel und den im Wind hin und her schlagenden Mastbaum.
    Und das Wasser, trübe und aufgewühlt unter einem grauen Himmel.
    Genau wie das Wasser im Fluß. In dem Fluß, in dem Kunstler gestorben war.
    Sie griff zum Telefon und rief Vivian an. Der Lärm des Chaoshaushalts vermittelte sich auch über Telefon lebhaft. Im Hintergrund hörte man lautes Kantonesisch und Gelächter.
    Vivian sagte: »Ich kann Sie nur sehr schlecht verstehen. Können Sie das noch mal wiederholen?«
    »Vor sechs Jahren ist ein anderer Arzt des Transplantationsteams gestorben. Kannten Sie ihn?«
    Vivian mußte ihre Antwort brüllen. »Ja. Aber ich glaube, so lange ist das noch nicht her. Eher vier Jahre.«
    »Haben Sie eine Ahnung, warum er Selbstmord begangen hat?«
    »Es war kein Selbstmord?«
    »Was?«
    »Hören Sie, können Sie einen Moment dranbleiben? Ich nehme den anderen Apparat.«
    Abby hörte, wie der Hörer neben das Telefon gelegt wurde, bevor sie scheinbar endlos warten mußte, bis Vivian an einem anderen Apparat wieder abnahm. »Grandma! Du kannst jetzt auflegen!« rief sie, und das kantonesische Geplapper verstummte jäh.
    »Was meinen Sie, es war kein Selbstmord?« fragte Abby.
    »Es war ein Unfall, irgendwas mit der Heizung. Im Haus hat sich Kohlendioxid gesammelt. Seine Frau und seine kleine Tochter sind auch gestorben.«
    »Moment mal. Warten Sie! Ich rede von einem Typ namens Lawrence Kunstler.«

Sechzehn
    M ark goß sein Weinglas noch einmal voll. »Sicher kannte ich sie beide«, sagte er. »Kunstler besser als Hennessy.
    Hennessy war nicht sehr lange bei uns, aber Larry war einer der Leute, die mich direkt nach meiner Assistenzzeit für das Bayside rekrutiert haben. Er war ein netter Kerl.« Mark stellte die Weinflasche auf den Tisch. »Ein wirklich netter Kerl.«
    Der Ober glitt an ihnen vorbei und führte eine extravagant gekleidete Frau an einen Tisch, wo sie mit

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