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Kalte Herzen

Kalte Herzen

Titel: Kalte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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ein kräftiger Kater.« Gregor trat zum OP-Tisch und packte ein Ende des Leichensackes. Zusammen mit dem Anästhesisten hievte er ihn auf den Rollwagen. Als nächstes hob Gregor den Haufen schmutziger Kleider auf und legte sie ebenfalls auf den Wagen.
    Fast hätte er den ausgestopften Hund übersehen. Er lag auf dem Boden, sein rattiges Fell war blutgetränkt. Gregor warf ihn auf den Haufen schmutziger Kleidung und schob den Rollwagen zusammen mit dem Anästhesisten zum Müllschlucker. Sie öffneten die Klappe und warfen Leichensack, Kleider und Hund hinein.
    Der Chirurg stöhnte. »Das sind die schlimmsten Kopfschmerz–«
    Gregor beachtete ihn nicht. Er streifte die Handschuhe ab und trat an das Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. Man wußte nie, was man sich beim Umgang mit diesen verdreckten Klamotten einfing. Läuse vielleicht. Er wusch sich so gründlich wie ein Arzt vor einer Operation.
    Plötzlich hörte er einen dumpfen Aufprall und das Scheppern des OP-Bestecks und drehte sich um.
    Der Chirurg lag auf dem Boden, sein Gesicht war dunkelrot, während seine Gliedmaßen zuckten wie bei einer willkürlich an ihren Fäden gezogenen Marionette.
    Nadja und der Anästhesist erstarrten vor Schreck.
    »Was ist los mit ihm?« wollte Gregor wissen.
    »Ich weiß es nicht!« antwortete der Anästhesist.
    »Tun Sie was, verdammt noch mal!«
    Der Anästhesist kniete neben dem zuckenden Mann und unternahm ein paar hilflose Versuche, ihn wiederzubeleben. Er öffnete den OP-Kittel und drückte ihm eine Sauerstoffmaske ins Gesicht. Die Zuckungen wurden noch schlimmer, die Arme des Mannes flatterten wir Gänseflügel.
    »Halten Sie die Maske fest!« forderte der Anästhesist. »Ich gebe ihm eine Spritze!«
    Gregor kniete neben dem Kopf des Mannes und hielt die Maske auf dessen Gesicht fest. Die Gesichtshaut des Chirurgen fühlte sich teigig und fettig an und lief blau an. Als Gregor die fortschreitende Verfärbung sah, wußte er, daß ihre Anstrengungen vergeblich waren.
    Augenblicke später war der Mann tot.
    Die drei anderen standen lange Zeit da und starrten die Leiche an. Sie schien sich zu noch groteskeren Dimensionen aufgebläht zu haben, die fleischigen Falten des Gesichtes waren ausgebreitet wie knochenlose Quallen.
    »Was machen wir jetzt?« fragte der Anästhesist schließlich.
    »Wir brauchen einen neuen Chirurgen«, erwiderte Gregor.
    »Chirurgen zieht man nicht einfach so aus dem Meer. Wir müssen früher als geplant einen Hafen anlaufen.«
    »Oder die Ware lebend übergeben.« Gregor blickte plötzlich auf, genau wie Nadja und der Anästhesist. Jetzt hörten es alle, das Knattern der Rotorblätter. Gregor blickte zur Kühlbox auf dem Tisch. »Alles bereit?«
    »Ich habe sie mit Eis vollgepackt«, erwiderte Nadja.
    »Dann bring sie nach oben.« Gregor drehte sich zu der Leiche des toten Chirurgen um und trat angeekelt dagegen. »Wir kümmern uns um den Walfisch hier.«
    Das blaue Auge leuchtete auf Deck. Aus seinem Versteck unter der Treppe zur Brücke hatte Jakov beobachtet, wie das blaue Licht aufgeflammt war, gefolgt von einem Kreis weißer Lichter.
    Jetzt brannten sie alle so hell, daß er nicht direkt hineinsehen konnte. Statt dessen blickte er in den Himmel, von wo der Hubschrauber einschwebte. Er senkte sich aus der Dunkelheit, und Jakov schloß die Augen, als der Wind der Rotorblätter ihm ins Gesicht peitschte. Als er die Augen wieder öffnete, sah er, daß der Hubschrauber gelandet war.
    Die Tür öffnete sich, aber niemand stieg aus. Offenbar warteten sie darauf, daß jemand an Bord kam. Jakov kroch ein Stück vor, so daß er den Helikopter durch den Spalt zwischen zwei Stufen direkt sehen konnte. Alexei hat es gut, dachte er.
    Bestimmt flog Alexei heute nacht von hier fort.
    Er hörte, wie eine Tür zugeschlagen wurde, und am Rand des erleuchteten Kreises tauchte eine Gestalt auf. Es war Nadja. Sie überquerte mit vorgebeugtem Oberkörper, ihr Gesäß in die Luft gereckt, das Deck. Offenbar hatte sie Angst, daß die Rotorblätter ihren dummen Kopf abschneiden könnten. Sie lehnte sich in die Tür des Helikopters, und ihr Hinterteil ragte immer noch heraus, als sie mit dem Piloten sprach. Dann zog sie den Kopf zurück und wich bis an den Rand des Lichtkreises zurück.
    Im nächsten Moment hob der Hubschrauber ab. Die Lichter erloschen, und das Deck lag wieder in tiefem Dunkel.
    Jakov schlich sich aus seinem Versteck, um den Helikopter aufsteigen zu sehen. Er sah, wie dessen Schwanz davonschwebte

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