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Kalte Herzen

Kalte Herzen

Titel: Kalte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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erschüttert hatte. Vivian war eine furchtlose Fliegerin, die auch bei schlimmsten Turbulenzen fest schlief. Nein, es war das letzte Telefongespräch mit Abby, das ihr, als das Flugzeug auf das Gate zurollte und sie ihr Handgepäck aus der Ablage nahm, immer noch Sorgen machte.
    Die abrupte Unterbrechung der Verbindung und die Tatsache, daß Abby nicht mehr angerufen hatte.
    Vivian hatte versucht, Abby zu Hause zu erreichen, doch niemand hatte abgenommen. Als sie während des Fluges darüber nachgedacht hatte, war ihr aufgefallen, daß sie nicht wußte, von wo aus Abby angerufen hatte. Sie waren getrennt worden, bevor sie sie danach hatte fragen können.
    Vivian schulterte ihre Tasche, verließ das Flugzeug und kam in die Ankunftshalle. Überrascht stellte sie fest, daß am Gate eine große Menschenmenge wartete. Es gab ganze Wälder von bunten Ballons und Horden von Teenagern, die Schilder hochhielten, auf denen stand: »Willkommen zu Hause, Dave!«, »Guter Junge!« und »Local Hero!«
    Wer immer Dave sein mochte, er hatte eine stattliche Schar von Bewunderern. Sie hörte Jubel, drehte sich um und sah hinter sich einen grinsenden jungen Mann von dem erhöhten Laufband treten. Die Meute drängte nach vorn, und Vivian wurde von dem Run auf den Helden Dave fast verschluckt. Sie mußte förmlich gegen den Ansturm der Kids ankämpfen.
    Von wegen, Kids! Sie überragten Vivian alle um mindestens einen Kopf.
    Es bedurfte schon des Durchsetzungsvermögens eines Quarterbacks, sich einen Weg zu bahnen. Als sie sich schließlich durchgedrängelt hatte, hatte sie noch so viel Schwung, daß sie beinahe einen abseits stehenden Mann umgerannt hätte. Sie murmelte eine rasche Entschuldigung und ging weiter. Erst nach ein paar Worten fiel ihr auf, daß der Mann mit keinem Wort geantwortet hatte.
    Zunächst verschwand sie in der Toilette. Die Nervosität schlug ihr auf die Blase.
    Als sie aus der Toilette kam, sah sie den Mann, mit dem sie zusammengestoßen war, wieder. Er stand bei dem Geschenkartikelladen gegenüber der Damentoilette und schien eine Zeitung zu lesen. Sie wußte, daß er es war, weil der Kragen seines Regenmantels nach innen geklappt war. Das war ihr bei ihrem Zusammenprall aufgefallen.
    Vivian ging weiter in Richtung Gepäckband. Erst auf dem langen Weg vorbei an zahllosen Airline-Gates machte es in ihrem Kopf plötzlich Klick. Warum hatte der Mann am Gate gewartet, wenn er dort nicht jemanden treffen wollte? Und wenn er einen Passagier des Fluges abgeholt hatte, warum war er dann jetzt allein?
    Sie blieb an einem Zeitungsstand stehen, griff wahllos eine Zeitschrift aus dem Ständer und trat zur Kasse. Als die Frau den Preis in die Kasse eintippte, sah Vivian sich verstohlen um.
    Der Mann stand vor dem Selbstbedienungsstand einer Flugversicherung und schien die Anweisungen zu studieren.
    Also, Chao, er folgt dir. Vielleicht ist es Liebe auf den ersten Blick. Vielleicht hat er dich einmal angesehen und beschlossen, daß er dich nicht einfach so aus seinem Leben gehen lassen kann.
    Während sie die Zeitschrift bezahlte, konnte sie ihren Herzschlag spüren. Denk nach. Warum verfolgt er dich? Das war leicht. Abbys Anruf! Wenn jemand mitgehört hatte, wußte er, daß Vivian um sechs Uhr aus Burlington am Logan International ankommen wollte. Kurz bevor ihre Verbindung unterbrochen worden war, hatte sie ein Klicken in der Leitung gehört.
    Sie beschloß, sich noch eine Weile an dem Zeitungsstand aufzuhalten. Sie sah sich bei den Taschenbüchern um und überflog die Umschläge, während ihre Gedanken rasten. Der Mann hatte wahrscheinlich keine Waffe bei sich; er hätte sie sonst durch die Sicherheitskontrolle am Eingang bringen müssen.
    Solange sie das gesicherte Gelände des Flughafens nicht verließ, müßte sie sicher sein.
    Vorsichtig spähte sie über das Bücherregal.
    Der Mann war nicht mehr da.
    Sie verließ den Laden und sah sich um: Nirgendwo eine Spur von ihm.
    Du bist so eine Idiotin. Kein Mensch verfolgt dich.
    Sie ging weiter, vorbei an der Sicherheitskontrolle und die Treppe zu den Gepäckbändern hinunter.
    Die Koffer des Fluges aus Burlington waren eben entladen worden. Sie entdeckte ihren roten Samsonite, der von einer Rampe auf das Band glitt. Gerade wollte sie sich nach vorn drängen, als sie den Mann mit dem Regenmantel entdeckte. Er stand direkt am Ausgang des Terminals und las eine Zeitung.
    Sie wandte sofort den Blick ab, der Puls pochte ihr im Hals. Er wartete darauf, daß sie ihr Gepäck abholte

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