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Kalte Herzen

Kalte Herzen

Titel: Kalte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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nicht nachweislich gesund seid!« Die beiden waren von Koje zu Koje gegangen, und auf dem Tablett klirrten die Glasröhrchen, wenn der hohe Seegang sie schwanken ließ. Nadja hatte krank ausgesehen, als wäre sie nahe daran, sich zu übergeben. Gregor hatte das Blut abgenommen. An jeder Koje fragten sie den Jungen nach seinem Namen und banden ihm anschließend ein Plastikarmband mit einer Nummer um. Dann schlang Gregor ein riesiges Gummiband um den Arm des Jungen und klopfte ein paarmal auf die gespannte Haut, damit die Vene anschwoll.
    Einige der Kinder weinten, so daß Nadja ihre Hand halten und sie trösten mußte, während Gregor ihnen das Blut abnahm.
    Jakov war der einzige Junge, den sie nicht beruhigen konnte.
    Was sie auch versuchte, sie konnte ihn nicht dazu bewegen, stillzuhalten. Er wollte diese Nadel nicht in seinem Arm, und er hatte nach Gregor getreten, um das nachdrücklich klarzumachen. Das war der Moment, in dem die wahre Nadja zum Vorschein kam. Sie drückte Jakov mit eisernem Griff auf das Bett, indem sie seinen Arm gleichzeitig packte und verdrehte.
    Gregor machte sich an die Arbeit, aber sie starrte weiter in Jakovs Gesicht und redete leise, beinahe zärtlich auf ihn ein, während die Nadel seine Haut durchstieß und sein Blut in das Glasröhrchen strömte. Jeder andere in dem Raum, der Nadjas Stimme hörte, vernahm nichts weiter als gemurmelte Worte des Trostes. Doch Jakov, der in ihre blassen Augen blickte, sah etwas ganz anderes.
    Hinterher hatte er sein Plastikarmband abgerissen. Alexei trug seins noch immer. Nummer dreihundertsieben, sein Gesundheitszeugnis.
    »Glaubst du, daß sie Kinder hat?« fragte Alexei.
    Jakov schüttelte sich. »Hoffentlich nicht«, gab er zurück und rutschte zur Öffnung der Kiste. Er blickte auf und sah den verlassenen Steg und die leere Treppe, die sich über ihm wand wie das Skelett einer Riesenschlange. Die blaue Tür war wie immer verschlossen.
    Er kletterte aus dem Versteck und klopfte sich die Sägespäne aus den Kleidern. »Ich habe Hunger«, sagte er.
    Wie der Koch vorausgesagt hatte, folgte auf diesen bedrückend grauen Nachmittag schon bald schwerer Seegang.
    Es war kein ernsthafter Sturm, aber die See war doch rauh genug, um die Passagiere, Kinder wie Erwachsene, in ihren Kabinen zu halten. Und genau dort beabsichtigte auch Alexei zu bleiben. Um nichts in der Welt wollte er seine Koje verlassen.
    Draußen war es kalt und naß, der Boden schwankte, und er hatte kein Interesse daran, sich in den dunklen, feuchten Ecken herumzudrücken, die Jakov so zu faszinieren schienen. Alexei gefiel es in seinem Bett. Er mochte die Geborgenheit unter seiner Decke, die Wärme, die sein Gesicht streifte, wenn er sich darunter bewegte, und den Geruch von Shu-Shu neben sich auf dem Kissen.
    Den ganzen Morgen versuchte Jakov vergeblich, Alexei aus dem Bett zu zerren, um ihn zu einem weiteren Besuch im Abenteuerland zu überreden. Schließlich gab er auf und zog alleine los. Ein- oder zweimal kam er zurück, um nachzusehen, ob Alexei seine Meinung geändert hatte, doch Alexei verschlief den ganzen Nachmittag, das Abendessen und den Abend.
    In der Nacht wachte Jakov auf und spürte sofort, daß irgend etwas anders war. Zuerst wußte er nicht was. Vielleicht hatte sich nur der Sturm gelegt? Er fühlte, daß das Schiff sich stabilisiert hatte. Dann bemerkte er, daß die Motorengeräusche anders waren. Das unaufhörliche Stampfen war zu einem gedämpften Grummeln geworden.
    Er krabbelte aus seiner Koje und weckte Alexei.
    »Wach auf«, flüsterte er.
    »Laß mich in Ruhe!«
    »Hör doch mal, wir haben angehalten.«
    »Ist mir egal.«
    »Ich geh’ rauf und seh’ nach. Komm mit!«
    »Ich schlafe.«
    »Du hast Tag und Nacht geschlafen. Willst du das Land nicht sehen? Es muß Land in der Nähe sein. Warum sollte das Schiff mitten auf dem Ozean anhalten?« Jakov beugte sich näher zu Alexei und flüsterte leise werbend: »Vielleicht können wir die Lichter von Amerika sehen. Du wirst es verpassen, wenn du nicht mitkommst.«
    Alexei seufzte und rührte sich ein wenig, er wußte immer noch nicht so recht, was er eigentlich wollte. Da legte Jakov den ultimativen Köder aus. »Ich habe eine Kartoffel vom Abendessen aufgehoben«, sagte er. »Du kannst sie haben, aber nur, wenn du jetzt mitkommst.«
    Alexei hatte das Mittag- und das Abendessen verschlafen, eine Kartoffel bedeutete geradezu das Paradies. »Na gut, na gut.«
    Alexei setzte sich auf und zog seine Schuhe an. »Wo ist die

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