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Kalte Herzen

Kalte Herzen

Titel: Kalte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Kartoffel?«
    »Erst gehen wir rauf.«
    »Du bist gemein, Jakov.«
    Sie schlichen an den Kojen der schlafenden Jungen vorbei und nahmen die Treppe zum Deck.
    Draußen wehte ein leichter Wind. Sie schauten über die Reling, suchten gespannt nach Großstadtlichtern, doch am schwarzen, formlosen Horizont standen nur Sterne.
    »Ich sehe nichts«, maulte Alexei. »Gib mir jetzt endlich meine Kartoffel.«
    Jakov zog die Kostbarkeit aus seiner Tasche, und Alexei machte sich gleich an Ort und Stelle wie ein wildes Tier darüber her und verschlang sie mit der Schale.
    Dann drehte Jakov sich um und blickte zur Brücke hinauf.
    Durch das Fenster konnte er das grünliche Schimmern des Radarschirmes und die Silhouette eines Mannes erkennen. Der Steuermann hatte Wache. Was er wohl von seinem einsamen Aussichtspunkt aus sah?
    Alexei hatte seine Kartoffel aufgegessen. Jetzt stand er auf und verkündete: »Ich gehe wieder ins Bett.«
    »Wir könnten in der Kombüse noch mehr zu essen suchen.«
    »Ich habe keine Lust auf noch mehr Mäuse.« Alexei machte sich auf den Rückweg. »Außerdem ist mir kalt.«
    »Mir nicht.«
    »Dann kannst du ja hier draußen bleiben.«
    Sie hatten gerade die Treppe erreicht, als das ganze Deck plötzlich in gleißendes Licht getaucht wurde und die Luft auf einmal von einem eigenartigen Lärm erfüllt war. Die beiden Jungen blieben wie angewurzelt stehen und blinzelten in die unerwartete Helligkeit.
    Entschlossen packte Jakov Alexeis Hand und zerrte ihn unter die Treppe, die zur Brücke hinaufführte. Dort kauerten sie sich zusammen und spähten zwischen den Stufen hindurch. Sie hörten Stimmen und sahen zwei Männer in die Scheinwerferkegel treten. Beide trugen weiße Overalls. Sie beugten sich gemeinsam über irgend etwas und zerrten daran.
    Man hörte das Schleifen von Metall, als sie eine Art Abdeckung beiseite schoben. Darunter leuchtete ein weiteres Licht. Es war blau und schien aus der Mitte des Flutlichtkreises wie die Iris eine bedrohlichen Auges.
    »Diese dämlichen Mechaniker«, sagte einer der Männer. »Die kriegen das wohl nie repariert.«
    Die beiden Männer richteten sich auf und blickten zum Himmel hinauf, zu dem entfernten Donnergrollen.
    Jakov blickte auch auf. Der Donner kam näher. Er war nicht mehr nur ein Grollen, sondern verdichtete sich zu einem rhythmischen Knattern. Die beiden Männer zogen sich aus dem Lichtkreis zurück. Das Geräusch war jetzt direkt über ihnen und peitschte die Nacht wie ein Torpedo.
    Alexei hielt sich die Ohren zu und zog sich weiter in den Schatten zurück. Ganz anders Jakov, der ohne auch nur zu blinzeln beobachtete, wie der Hubschrauber ins Licht schwebte und auf dem Deck niederging.
    Einer der Männer kam in gebückter Haltung rennend zurück und öffnete die Tür des Hubschraubers. Jakov konnte nicht erkennen, was dahinter lag, weil der Treppenpfosten ihm die Sicht versperrte. Er verließ das Versteck und wagte sich so weit aufs Deck hinaus, daß er an dem Pfosten vorbeispähen konnte.
    Da erhaschte er einen Blick auf den Piloten und einen Passagier – einen Mann.
    »Hey!« brüllte jemand von oben. »Du! Junge!«
    Jakov blickte hinauf und sah den Steuermann von der Brücke auf sich hinunterstarren.
    »Was machst du denn da unten? Du kommst sofort hier rauf, bevor dir noch was passiert! Los, komm schon!«
    Der Mann im Overall hatte die Jungen inzwischen auch entdeckt und ging auf sie zu. Er sah nicht eben erfreut aus.
    Jakov beeilte sich, die Treppe hinaufzukommen, Alexei in seiner Panik war ihm gleich auf den Fersen.
    »Habt ihr beide nicht einmal so viel Verstand, vom Hauptdeck wegzubleiben, wenn ein Hubschrauber landet?« brüllte der Steuermann, zerrte sie ins Ruderhaus und wies auf zwei Stühle.
    »Hinsetzen! Alle beide!«
    »Wir haben doch bloß zugeguckt«, verteidigte Jakov sich.
    »Ihr solltet längst im Bett liegen.«
    »Ich war ja auch im Bett«, jammerte Alexei. »Er wollte, daß ich mit rauskomme.«
    »Habt ihr überhaupt eine Ahnung, was so ein Rotorflügel mit dem Kopf eines Jungen machen kann? Na?« Der Steuermann schlug mit der flachen Hand auf Alexeis mageren Hals.
    »Einfach so. Dein Kopf fliegt weg, und dein Blut spritzt überallhin. Kein schöner Anblick. Ihr denkt wohl, ich mache Witze, was? Glaubt mir, mich kriegen keine zehn Pferde da runter, wenn der Hubschrauber landet. Aber wenn ihr eure dämlichen Köpfe abgeschnitten haben wollt, bitte, nur zu. Na los!«
    »Ich wollte ja im Bett bleiben!« schluchzte Alexei. Das Aufheulen

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