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Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Faber
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Kanzleramtsministers aufstocken. Präsenz, und zwar Präsenz in der nötigen politischen Hierarchie, war bei solchen Treffen ein Wert an sich. Ganze Stäbe kümmerten sich darum, dass keine Delegation durch Unter- oder Überrepräsentiertheit auffiel oder eine unpassende Besetzung vorstellte.
    Die Konferenz fand in einem der Bürotürme im Bankenviertel statt. Zweifellos würde sie – wie alle diese Konferenzen – bis spät in der Nacht andauern. Fachidioten würden die sonstigen Teilnehmer unablässig als Idioten vorführen, Armleuchter, die sich nicht entblödeten, sich in die schwindelnden Höhen der Finanzakrobatik vorzuwagen. Natascha wusste, dass die Banker sie und ihre Kollegen aus der Politik »arithmetische Zwerge« nannten. Vermutlich wetteten sie längst nicht nur auf Derivate, sondern auch schon auf die Restlaufzeiten ihrer Gesprächspartner. Natascha Eusterbeck war froh, wenig mit den Euro-Zombies zu tun zu haben, die die Banken, die Notenbanken, die Fonds, aber auch die Finanzministerien bevölkerten und die alles, was es auf diesem Planeten zu bewerten gab, in Geld bewerteten.
    Immerhin gab ihr der Frankfurt-Aufenthalt die Möglichkeit, auch dem Bankhaus Schätzing einen Besuch abzustatten. Sie hatte sich von ihrem Büro einen Termin bei Lars von Wintersleben geben lassen, als Chefvolkswirt im Vorstand des Instituts, das in einem Palais aus dem 19. Jahrhundert zwischen den Glas- und Stahltürmen der City residierte – vornehm, gediegen, exklusiv. Hinter dem Eingang betrat man einen roten Teppich, der in ein opulentes Treppenhaus mündete. Natascha wurde gebeten, auf einem der Louis- XX -Stühle Platz zu nehmen und zu warten. Keine Minute später stand eine perfekt gestylte Frau um die dreißig vor ihr, die in einer Zahnweiß-Reklame hätte auftreten können. »Guten Tag, Frau Dr. Eusterbeck. Ich darf Sie zu Herrn Dr. von Wintersleben bringen?« Sie wartete nicht auf Antwort, sondern ging mit ihrem Stewardessenrock voran die Treppe hoch. An den roten Schuhsohlen erkannte Natascha, dass hier offenbar sogar die Assistentinnen bei Louboutin kauften. Unser Geld, dachte sie. Steuergeld. Dieses Püppchen verdient doch nie im Leben das Geld, das sie bekommt.
    Mit dem charmantesten Lächeln begrüßte von Wintersleben seine Besucherin. »Liebe Frau Eusterbeck! Wie schön, Sie zu sehen. Der Anruf aus Ihrem Büro kam etwas kurzfristig. Aber für Sie bin ich natürlich immer zu sprechen.«
    »Das weiß ich sehr zu schätzen, Herr von Wintersleben. Danke, dass Sie Zeit haben.«
    »Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten? Oder etwas anderes? Ein Glas Champagner?« Er bedeutete ihr, Platz zu nehmen.
    Natascha lachte müde. »Zum Feiern ist mir momentan nicht unbedingt zumute.«
    »Verstehe«, sagte Wintersleben und setzte sich ihr gegenüber. Auf dem Tisch stand ein schwerer Aschenbecher aus Porzellan. Ja, hier verkehrte nicht die billige Zigarettenkundschaft, hier rauchte man Zigarre. Natascha konnte die Havanna-Klientel, die sich üblicherweise in diesen Räumlichkeiten aufhielt, förmlich riechen. »Sie sind wegen der Euro-Konferenz hier?«
    Natascha nickte. »Es ist ein ziemliches Elend. Wenn wir ehrlich sind, wird dieses Land seit Jahren nicht mehr regiert, weil alle Kräfte von den gesammelten Euro- und Schuldenkrisen aufgezehrt werden. Alle wichtigen Themen, die nicht damit zusammenhängen, werden nur noch auf Abteilungsleiterebene abgehandelt und durchgewunken.«
    »Goldene Zeiten für heimliche Herrscher!«, scherzte Wintersleben, aber Natascha konnte ein Blitzen in seinen Augen sehen, gerade so, als wäre ihm das wirtschaftliche Potenzial durch den Kopf geschossen, das in einer solchen Situation lag.
    »Vermutlich ja.«
    »Und was führt Sie speziell zu mir? Wollen Sie Ihre Schweizer Franken in Sicherheit bringen?« Er zwinkerte ihr zu, und auch in dieser kleinen Geste lag etwas Doppelbödiges. Offenbar wollte er es nicht einmal verhehlen: Sie sollte wissen, dass das Raubtier in ihm nie schlief. Das gehörte zum Codex eines echten Bankers.
    »Darüber können wir uns vielleicht nächstes Mal unterhalten«, erwiderte Natascha und versuchte, den Unterton ebenfalls zu treffen, der ihm bedeutete, dass auch sie ein Messer in der Tasche trug. »Tatsächlich beschäftigt mich seit unserem Zusammentreffen im Kanzleramt eine Bemerkung, die Sie gemacht haben.«
    »Eine Bemerkung?« Er schenkte ihr ein Glas Wasser ein und sich ebenfalls. Es war so offensichtlich eine Übung aus einem Managerseminar, dass Natascha

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