Kalte Macht: Thriller (German Edition)
einzige Möglichkeit für ihn, irgendwie noch so etwas wie ›Ehre‹ für sich zu reklamieren. Wie gesagt«, er tippte nochmals auf das Papier, »ein politisches Meisterstück.« Wilhelm stand auf. »Ich muss gehen.« Wenige Augenblicke später klappte die Tür hinter ihm zu.
*
Natascha Eusterbeck blieb noch ein paar Minuten sitzen. Sie trank ihr Bier aus, zahlte und ging dann langsam zu ihrem Wagen zurück. Ganz automatisch sah sie hinauf in den zweiten Stock des gegenüberliegenden Gebäudes. Doch dort waren alle Fenster dunkel. Frank Wilhelm war offenbar sehr schnell zu Bett gegangen. Oder er war noch nicht nach Hause zurückgekehrt.
Erst jetzt fiel Natascha auf, dass sie seit dem Morgen nichts gegessen hatte. Sie überlegte einen Augenblick, dann ging sie zurück ins »Pilsparadies« und bestellte sich eine Pizza, die, kaum dass sie von der Toilette gekommen war, schon vor ihr stand, blass und gummiartig – in der Mikrowelle aufgewärmt. Entsprechend schmeckte sie auch. Natascha ließ die Hälfte auf dem Teller liegen. Vielleicht fand sie daheim noch eine Kleinigkeit im Kühlschrank. Einkaufen kam auch zu kurz, seit sie den Job angenommen hatte, es war einfach keine Zeit dafür. Und Henrik war unbegabt, das Nötigste für den täglichen Bedarf heranzuschaffen.
Frank Wilhelms Geschichte beschäftigte sie. Es war eine Räuberpistole. Das Problem war, dass er erstens ein absolut glaubwürdiger Typ war und dass seine Story so klang, als wüsste er wirklich Bescheid. Sie musste an seine Zeit als Journalist denken. War er da nicht auf Terrorismus spezialisiert gewesen? Vielleicht hatte er bei Recherchen über die RAF etwas herausgefunden, was er nicht hätte herausfinden sollen … Und dennoch: Walther Brass als Täter? Das war doch absurd. Wen sollte er umbringen – oder umbringen lassen? Was war es wert, dafür ein Verbrechen zu begehen? Wilhelm erinnerte sie an Hagen. Hagen! Sie musste unbedingt herausfinden, ob es zwischen den beiden eine Verbindung gab. Während Natascha Eusterbeck wieder Richtung Mitte fuhr, versuchte sie sich ins Gedächtnis zu rufen, was Henrik alles über Wilhelm herausgefunden hatte. Vor den diversen Sprecherstellen war er beim SFB gewesen, hatte dort das Ressort Innenpolitik geleitet. Musste er da nicht mit Hagen zusammengearbeitet haben? Das war doch in etwa um die Zeit gewesen, als Hagen begonnen hatte, an seinem Buch über Albert Ritter zu arbeiten. Wilhelms Worte gingen ihr durch den Kopf: Sie hat herausgefunden, dass es ein Kapitalverbrechen gab, das nicht auf das Konto der RAF ging, wie alle annahmen. Konnte er den Mord am Vorstandschef der Nationalbank gemeint haben? So wie Hagen? Sie sah den alten, schmalen Mann mit seiner halbrunden Brille und dem dünnen Oberlippenbart förmlich vor sich, wie er sagte: Ihre Thesen. Dass Ritter nicht von der RAF ermordet wurde. Dass die verurteilten Mörder vielleicht Mörder sind, aber sicher nicht die von Ritter.
Der Gedanke wühlte sie auf. Ritter. Schon wieder. Der Name verfolgte sie. Sie musste unbedingt mit Henrik darüber sprechen, musste Ordnung in ihr Gehirn bringen. All die Informationen, all die Mutmaßungen, die Verdachte, die Personen, die damit irgendwie verbunden waren … Langsam verlor sie den Überblick – und dabei nahm ein ebenso nebulöses wie monströses Etwas in ihrem Inneren Form an, eine Ahnung, die so böse wie unvorstellbar war. Mit einem Mal war sie nicht mehr sicher, ob sie wirklich auf der guten Seite stand. Ja, ob es überhaupt noch so etwas wie eine gute Seite gab.
2-Methyl-1,3,5-trinitrobenzen, kurz Trinitrotoluol oder TNT , gilt als der Maßstab aller Sprengstoffe. Das TNT -Molekül kann in einer exothermen Reaktion in eine Kettenreaktion übergehen. Die so freigesetzte Energie führt gemeinsam mit den als Reaktionsprodukt entstehenden Gasen zu einem extrem steilen Anstieg von Druck und Temperatur. Die Detonationsgeschwindigkeit von TNT beträgt 6.900 m/sec.
Der Misznay-Schardin-Effekt besagt, dass Explosionsenergie, wenn der verwendete Sprengstoff plattenförmig angeordnet wird, mit hoher Präzision zielgerichtet freigesetzt wird. Der Bündelungseffekt ist dem des Munroe-Effekts unterlegen, die Wirkkraft jedoch – entsprechend dem Zweck – wegen der exakteren Fokussierung auf das Zielobjekt mitunter höher.
Eine Lichtschranke funktioniert nach dem Prinzip der Erkennung einer Unterbrechung des Lichtweges zwischen einer Lichtstrahlenquelle (Sender) und einem Empfänger (Sensor). Der sog. Gabelkoppler
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