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Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Faber
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zählt zu den schlichtesten Versionen einer Lichtschranke. Dabei werden lediglich Sender und Empfänger zueinander ausgerichtet montiert. Wird der so entstandene Lichtweg durch ein ihn kreuzendes Objekt unterbrochen, wandelt die Sensorvorrichtung diese Information in einen elektrischen Impuls um, der zur weiteren Verarbeitung geeignet ist. Beispielsweise, um eine Sprengladung zu zünden.

ELF

    D a ss d ie Kanzlerin dank einer ausgewachsenen Kehlkopfentzündung tagelang völlig stimmlos war, war ein Segen. So fiel am Samstag vor Heiligabend sogar die Kleine Lage aus, und die Führungskräfte im Bundeskanzleramt konnten Weihnachtsferien antreten, die diese Bezeichnung auch verdienten. Natascha Eusterbeck und ihr Mann hatten sich durch die beträchtlichen Schneemassen gequält, um sich in ihrem Häuschen auf dem Land eine echte Auszeit zu nehmen. Es waren Wintertage wie aus dem Bilderbuch. Die geräumten Straßen waren weiß vom Frost, die Bäume neigten sich unter der Last. Drei Tage lang hatte es fast durchgehend geschneit. Aber mit dem SUV , den Henrik sich kürzlich gekauft hatte, waren auch die letzten Kilometer ein Vergnügen. Er hatte eine neue CD mit Swing-Klassikern im Auto, etwas, das Natascha gar nicht von ihm erwartet hätte, außerdem einen Duftbaum, der ein wenig von dem chemischen Geruch nahm, den Neufahrzeuge immer ausdünsteten, um ihn durch einen vanilleartigen Duft zu ersetzen. Nicht viel besser, aber immerhin sehr viel dezenter. Natascha fiel es dennoch schwer, die endlose Adrenalinwelle in den Griff zu bekommen, die ihren Körper durchspülte, seit sie die Position im Kanzleramt eingenommen hatte. Ihr ganzes System war in ständigem Aufruhr, obwohl sie an diesem Morgen – zum ersten Mal seit wie langer Zeit? – keine Ephedrin mehr eingeworfen hatte. Nein, sie brauchte keine Pillen, wollte sie nicht brauchen. Nicht an diesen wenigen freien Tagen. Wenigstens die wollte sie ohne Drogen verbringen. Das hatte sie dringend nötig. Und ihre Beziehung zu Henrik hatte es auch nötig. Sie wusste, dass es eine unselige Kombination war: gemeinsam an einer Sache zu arbeiten, ständig alles geben zu müssen – und dann diese diffusen Angriffe aus dem Unbekannten. Wie ein heftiger Schmerz durchfuhr sie die Erinnerung an jene Nacht, in der sie das Bett mit einem Unbekannten geteilt hatte. Einmal mehr versuchte sie sich einzureden, dass es nur ein Albtraum gewesen war. Und dann die Sache mit der verschwundenen Frau. Wieder und wieder drängte sich das Bild des Mädchens, das am Bahnhof vor ihr gestanden hatte, vor ihr geistiges Auge. War alles ihre Schuld? Hatte sie es zu verantworten, was immer geschehen war? Wäre alles anders gekommen, wenn sie früher zurückgerufen, die Frau früher getroffen hätte? Sie spürte, wie ein immer größerer Druck auf ihr lastete. Allein würde sie da nicht herauskommen. Sie würde Henrik von dem nächtlichen Überfall erzählen, hier draußen war der richtige Ort – weit genug weg vom gemeinsamen Bett in Berlin.
    »Alles in Ordnung, Schatz?«, fragte Henrik, der gesehen hatte, wie sie sich krümmte.
    »Alles gut, mein Lieber. Ich habe nur ein bisschen Bauchschmerzen. Das geht vorbei.« Ja, sie würde es ihm sagen. Aber erst nach den Weihnachtstagen. Die wollte sie ihm nicht verderben. Und sich selbst auch nicht. So lange musste die Verdrängung noch funktionieren.
    »Sicher? Wir könnten an einer Apotheke halten, wenn du willst.«
    »Lass nur. Alles gut. Ich versuche, ein bisschen zu schlafen.« Sie drehte sich zur Seite, sodass er ihre Tränen nicht sehen konnte.
    Als sie etwa eine halbe Stunde später vor dem Häuschen vorfuhren, hatte sich Natascha wieder im Griff. Sie stieg aus dem Wagen und streckte sich. Dicke Eiszapfen hingen vom Dach, die Haustür war vom Schnee fast einen halben Meter hoch verweht. »Na, hoffentlich schneien wir nicht noch ganz ein.«
    »Wieso?«, fragte Henrik und wuchtete den Korb mit den Einkäufen aus dem Kofferraum. »Das täte uns beiden gut.«
    »Wenn es danach ginge, dann würde ich gar nicht mehr von hier weggehen.« Sie war so glücklich, dass sie sich damals dieses Fleckchen Erde gekauft hatten. Niemand wusste, dass sie hier ein Haus hatten. Zum ersten Mal seit langem würden sie sich unterhalten können, ohne davon auszugehen, dass jemand mithört. »Warte, ich schließe auf.« Sie stapfte durch den Schnee, ärgerte sich nur kurz, dass sie nicht schon im Auto die dicken Stiefel angezogen hatte, und sperrte auf. Drei Umdrehungen, genauso,

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