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Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Faber
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umgeben von Hunderten von Zeugen – und doch zugleich vollkommen anonym in der Masse. Keine schlechte Wahl eigentlich für ein konspiratives Treffen. Und doch war Natascha unwohl, sich darauf eingelassen zu haben. Sie hatte nicht einmal irgendjemandem Nachricht gegeben, wo sie war. Während sie durch das Zwischengeschoss streifte und sich nach der Tapas Bar umsah, rief sie in ihrem Wahlkreisbüro an. »Petra? Ich wollte dir nur kurz Bescheid geben, dass ich am Hauptbahnhof bin. – Ja. – Ich treffe mich mit der Frau. Du weißt schon. – Ja. – Egal. Ich bin jetzt hier, und wir werden ja sehen. Wollte dir das nur sagen. – Okay. Tschüs.«
    Da war sie. »Pepes Tapas Bar« stand in roter und gelber Neonschrift über der Theke. An den wenigen Tischen saßen noch weniger Menschen. Keine Frau. Natascha blieb stehen und sah sich um. Gegenüber setzte sich ein Mann an den Tresen einer Currywurst-Bude. Reisende gingen vorüber, Trolleys ratterten über die steinernen Fliesen. Ein Paar stritt sich in einer unverständlichen Sprache. Irgendwo spielte eine Drehleier. Unter den Stahlstreben zum Obergeschoss hing ein Luftballon und schwankte leicht im Luftzug. Ein dunkelhäutiges Mädchen von vielleicht zehn Jahren kam auf Natascha zu, blieb dann aber stehen, sah sie nur mit ihren großen schwarzen Augen an und lief dann woandershin. Ein Putztrupp machte in der Nähe Pause. Natascha setzte sich an einen der Tische und wartete. Sie nahm ihr Handy raus und sah nach, ob sie eine Nachricht bekommen hatte. Doch ausnahmsweise war keine SMS eingegangen. 16.13 Uhr. Fünf Minuten würde sie noch warten, dann musste sie wieder los. »Das ist hier Selbstbedienung!«, rief der Mann hinter der Theke, der zwar klein und von südländischem Aussehen, aber mit Sicherheit kein Mexikaner war, eher vielleicht ein Türke. »Oh«, erwiderte Natascha. »Klar. Ich nehme ein Wasser.« Sie stand auf, ging zur Theke und zahlte ihre Bestellung, nahm die Flasche und einen Plastikbecher mit an ihren Platz und beobachtete die Szenerie. Die Putzkolonne hatte es nicht eilig, die Arbeit wieder aufzunehmen. Ein Schwall Reisender kam über eine der Rolltreppen hoch und ergoss sich in alle Richtungen. Das dunkelhäutige Mädchen lief noch einmal vorbei, sah wieder zu ihr hin und verschwand dann erneut im Gewühl. Natascha trank einen Becher leer, dann stand sie auf, blickte ein letztes Mal die Passage rauf und runter und machte sich wieder auf den Weg zurück ins Kanzleramt.
    *
    Als sie das Büro spät wieder verließ, wartete dort kein Wagen auf sie. Sie hatte Henrik für halb zehn bestellt. Jetzt war es, sie blickte auf die Uhr, Viertel nach zehn. Sie nahm ihr Handy heraus. Acht verpasste Nachrichten. Mit einem Seufzen rief sie die Mailbox an und lauschte. Nach drei Nachrichten aus ihrem Bundestagsbüro und einer weiteren Nachricht aus dem Wahlkreis hörte sie die Stimme der Frau, die sie am Mittag versetzt hatte. »Frau Eusterbeck. Ich war da. Aber ich konnte nicht zu Ihnen kommen. Wir müssen einen anderen Treffpunkt ausmachen. Am Bahnhof sind zu viele Polizisten. Bitte rufen Sie mich an. Bitte!«
    Natascha schloss die Augen. Das konnte alles genauso gut eine ganz miese Masche sein, irgendein Neider, der sie reinlegen wollte. Oder ein Stalker, der sich daran weidete, sie von fern zu beobachten und zu manipulieren. Hatte sie alles schon erlebt. Oder es war wirklich ein seltsamer Notfall. Natascha beschloss, Petra noch einmal bei der Frau anrufen zu lassen.
    Dann kam Henriks Stimme: »Ich bin’s. Ich wollte nur sagen, ich warte hier vor dem Haupteingang auf dich. Die Staatsmacht hat mich schon im Visier.« Dann noch einmal Henrik: »Die Jungs sind hier nervös. Wahrscheinlich meinen sie, ich bin von Al-Kaida.« Im Hintergrund konnte Natascha eine andere Stimme hören, dann noch eine. Dann sprach wieder Henrik, diesmal aber erkennbar nicht in den Hörer: »He, lassen Sie das. Was soll das? – Sie haben wahrscheinlich noch nie einen Scherz gemacht, was? – He, meine Frau arbeitet hier, ja? – Natürlich gehöre ich nicht zur Al-Kaida. – He! Hey! – Lassen Sie mich …« Dann war die Verbindung abgebrochen. Die letzte Nachricht war nur ein Rauschen.
    Natascha merkte, wie sie vor der Pforte zum Kanzleramt stehen geblieben war und, das Telefon am Ohr, den Pförtner anstarrte. Der erhob sich und trat durch die Tür ins Freie. Sie steckte das Handy weg und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Dann lächelte sie dem Mann unverbindlich zu und ging zu

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