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Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Faber
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Programm. Sie haben völlig recht, Frau Eusterbeck, wenn Sie sich schlaumachen. Sonst wird das hier ein kurzer Aufenthalt für Sie.«
    Natascha nickte. Schluckte. Mit solcher Offenheit hatte sie nicht gerechnet. Sie räusperte sich. »Und können Sie mir dabei ein wenig helfen?«
    Stephanie Wende sah sie mit freundlichem, offenem Blick an und lächelte verbindlich. »Leider nein«, sagte sie dann. »Aber wenn Sie Informationen über unsere Interessen in wirtschaftspolitischer Hinsicht brauchen, Europolitik, Bankenkrise, Beziehungen zur Finanzwelt … Fragen Sie mich gerne. Ich bin immer für Sie da.«
    *
    Natascha Eusterbecks Büro lag strategisch günstig auf der Kanzleretage im siebten Stock, wenn auch im anderen Flügel des Gebäudes. Von ihrem Fenster aus konnte sie auf die Spree schauen. Zwei Topfpflanzen sollten dem Raum vermutlich so etwas wie eine angenehme Atmosphäre verleihen. Tatsächlich ließen sie einen unwillkürlich an Schulflur oder Drei-Sterne-Tagungshotel denken. In einem etwas kleineren Nebenraum saß Jana Berling, eine Frau ohne Eigenschaften: Sie war in jeder Hinsicht unscheinbar – außer hinsichtlich ihrer Stimme, mit der sie Stein hätte zersägen können. Natascha störte das nicht, so konnte sie, wenn sie sich konzentrierte, selbst durch die geschlossene Tür hören, was ihre Mitarbeiterin sprach. Das Einzige, was ihr vom ersten Moment an missfallen hatte, war Frau Berlings Blick: Er war dem der Kanzlerin nicht unähnlich. Nur dass die Kanzlerin eben die Kanzlerin war – und die Berling war nur die Berling. Was man bei jener als Tribut an die Macht betrachten konnte, nämlich eine eigentümliche Undurchschaubarkeit, das wirkte bei dieser falsch, auf ungute Weise hinterlistig. Für einfache Angestellte ziemte sich kein Pokerface. Natascha würde ihre eigene Mitarbeiterin ins Haus holen, sie hatte das bereits mit der Kanzleramtsverwaltung geklärt. Seit ihrer Zeit in der Mecklenburgischen Staatskanzlei arbeitete sie in ihrem Wahlkreisbüro mit einer klugen, vertrauenswürdigen ehemaligen Grundschullehrerin zusammen, Petra Reber. Mit ihr konnte sie sich austauschen, sie konnte sie auch einmal für heikle Missionen einsetzen, Petra wusste blind, worauf es Natascha ankam. Zum Monatswechsel würde sie Frau Berling ablösen.
    Natascha blätterte den Stapel neuer Akten durch, während sie den Hauscomputer und den Laptop hochfuhr. »Frau Berling«, rief sie. »Könnten Sie mir bitte den Computer auf meine Daten einrichten? Ich habe noch ein paar Sachen zu erledigen. Das Passwort gebe ich dann ein.«
    Die Sekretärin stand schon in der Tür und nickte mit unverbindlichem Lächeln. »Sollen wir die Agenda für morgen noch mal durchgehen, Frau Staatssekretärin?«
    »Frau Eusterbeck wäre mir lieber«, erklärte Natascha und versuchte einen warmen Blick. Sie wollte es weder Frau Berling noch sich selbst schwerer machen als nötig. Wer mit Menschen gut zusammenarbeiten wollte, sollte sie auch gut behandeln. »Nein, die Agenda habe ich abgespeichert – es hat sich seit gestern Abend ja nichts mehr geändert?«
    »Das Meeting bei der Kanzlerin ist um eine Viertelstunde verschoben.«
    Natascha blickte auf ihren Zettel. »Okay. Das holen wir rein. Danke.« Sie klickte am Notebook auf ihre Mails und stand auf, um Frau Berling den Platz zu überlassen, da hielt sie inne. Eine Mail ohne Betreff.
    Von: Die Pupille
    An: [email protected]
    Betreff:
    Text: NEUGIER IST EINE TÖDLICHE DROGE, PR INZESSIN.
    »Alles in Ordnung, Frau Eusterbeck?« Jana Berling machte einen Schritt auf sie zu. Natascha hob die Hand. Beschwichtigend. Abwehrend. Die Berling blieb stehen. Schnell löschte Natascha die Mail und klappte das Notebook zu. Sie würde dem Schwein, das versuchte, sie vom ersten Tag an zu mobben, nicht den Triumph gönnen, dass das ganze Haus innerhalb kürzester Zeit wusste, dass sie Feinde hatte. »Alles in bester Ordnung, Frau Berling. Manchmal ist es nur überwältigend, wie schnell Dinge funktionieren können.« Sie lächelte, steckte das Notebook ein und ließ die Sekretärin hinter den Schreibtisch. Dann machte sie sich auf den Weg ins nahe gelegene Bundespresseamt, das in einem schönen alten Haus in der Dorotheenstraße lag. So klassisch die Fassade, so hypermodern das Innenleben. Natascha hoffte, Britta Paulus in einem günstigen Augenblick zu erwischen. Die erste der zwei täglichen Pressemappen für die Kanzlerin lag seit Stunden vor, neue Nachrichten – von einigen vernachlässigbaren

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