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Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Faber
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gemeine Volk vom Leib zu halten. Jo Feldmann gehörte ebenfalls in die Kategorie Mensch, die bei anderen Menschen eine quasireligiöse Bewunderung auslösten – und die nicht minder verhasst waren als Brass.
    Ähnlich wie Brass seinerzeit freilich litt Feldmann unter den langen Schatten großer Vorgänger, aus denen es schwer, ja fast unmöglich war herauszutreten. Brass hatte sich selbst zwar als »Enkel« jener glorreichen Gründergeneration der Republik tituliert, damit aber zugleich das Gefälle festgelegt, an dessen Ende er gestanden hatte. Diesen Fehler hatten Feldmann und seine unmittelbaren Vorgänger nicht gemacht. Und doch mussten sie sich stets messen lassen an den Gründerzeitbankiers, den heimlichen Herrschern der Aufbaujahre, die aus nicht nachvollziehbaren Gründen gleichermaßen für völlige Selbstaufgabe im Dienste der Sache und epochales Ego standen. Zumindest Letzteres galt auch für Feldmann. Natascha hatte im Vorfeld des Abends sogar extra das Buch zu lesen begonnen, das ihr Dr. Beck aus dem Wirtschaftsreferat gegeben hatte und in dem es auch ein Kapitel über die Geschichte der Nationalbank gab, selbst wenn es darin vor allem um jenen Nationalbankchef ging, der es offenbar zu vergleichbarer Größe gebracht hatte wie die Gründerväter und der auf tragische Weise ums Leben gekommen war: Dr. Albert Ritter.
    Ein heller Klang. Die Kanzlerin hatte an ihr Glas geklopft. Sogleich verstummten die verstreuten Gespräche, und die Aufmerksamkeit richtete sich gen Mitte des Raumes. »Liebe Gäste, unser Jubilar hat mich gebeten, diese kleine Gesellschaft heute Abend etwas weniger förmlich zu halten. Dem Wunsch komme ich gerne entgegen. Aber ein paar Worte muss ich dennoch sagen.« Sie wandte sich an den Chef der Nationalbank. »Lieber Jo, auch wenn dies keine eigentliche Geburtstagsfeier ist, sind wir uns doch einig, dass Sie es sehr gut eingerichtet haben, dieses Jahr einen runden Geburtstag zu begehen. Diese kleine Gesellschaft hat sich hier zusammengefunden, um Sie zu würdigen. Ich persönlich möchte mich für gute Zusammenarbeit bedanken, die nun schon einige Jahre währt und von der ich hoffe, dass noch viele weitere dazukommen mögen …« Wirklich ein Wunsch? Oder doch eine Warnung? Aus den Augenwinkeln konnte Natascha ihren Kollegen Frey mühsam ein Grinsen unterdrücken sehen. »Auf Ihr Wohl also.« Die Kanzlerin hob das Glas, und alle Anwesenden taten es ihr gleich. »Und auch auf die schöne Runde, die sich heute Abend hier zusammengefunden hat. Zum Wohl.« Sie nickte, nippte und stellte das Glas wieder weg. Noch ein knappes schmallippiges Lächeln, dem die Augen nicht folgten, wie sie es gerne aufsetzte, wenn sie eine unangenehme Angelegenheit erledigt hatte, dann sagte im Hintergrund jemand: »Die Bundeskanzlerin bittet zu Tisch.« Und die ganze Gesellschaft zog langsam hinüber in den Speisesaal, an dem eine prächtige Tafel für dreißig Gäste gedeckt war.
    Die Kanzlerin saß in der Mitte, zu ihrer Rechten war Feldmann platziert. Einige Unternehmensvorstände hatten sich eingefunden, einige hochkarätige Staatsdiener. Kanzleramtsminister Steiner saß links der Kanzlerin neben einem hochrangigen Kirchenmann, der Fraktionsvorsitzende am Kopfende, flankiert von einem ehemaligen Wirtschaftsminister und dem amtierenden BND -Chef. Verwundert musterte Natascha Eusterbeck die Runde. Wer mochte auf der Liste Feldmanns gestanden haben? Einige der Anwesenden kannte sie gar nicht. Von anderen hätte sie nie gedacht, dass sie den Vorstandschef der Nationalbank feiern würden.
    Rechts von Feldmann saß Alexander Rau. Natascha hatte ihn gerade bemerkt und ihm über den Tisch zugenickt, da beugte sich jemand an ihr Ohr. »Nett, dass man mich neben Sie platziert hat.«
    Sie erkannte ihn schon am Aftershave. »David, hallo. Sie sind also auch hier?«
    »Muss eine Art Schadensersatz sein, dass ich Ihr Tischherr sein darf«, sagte er und setzte sich.
    »Meine Güte, Stress oder Kuschelentzug?«
    »Was?«
    »Na, dass Sie mich hier so charmieren.«
    »Oh. Gewohnheit würde ich sagen.« Er nickte in alle Richtungen und öffnete den Knopf seines Jacketts.
    »Gott sei Dank, dann ist es ja wenigstens nichts Ernstes.« Natascha nahm ihre Serviette vom Teller und legte sie daneben. »Ich habe Ihre Pressekonferenz heute verfolgt.«
    »Sagen Sie das nicht. Das ist mir ja unendlich peinlich.«
    »Wegen der kleinen Panne?«
    »Oh bitte, Sie sind ja wirklich gnadenlos.«
    »Überhaupt nicht. Ich fand das gut. Das

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