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Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Faber
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wartete, hinter dem Steuer seines Autos und spielte mit seinem Handy. Von Zeit zu Zeit stieg er aus und ging ein paar Schritte auf und ab, betrachtete die Limousinen mit den abgedunkelten Scheiben, die Diplomatenkennzeichen, wechselte mit dem ein oder anderen Chauffeur, der ebenfalls wartete, ein Wort, ließ sich sogar vom Fahrer des Staatssekretärs Frey zu einer Zigarette überreden, obwohl er eigentlich schon lange nicht mehr rauchte, und langweilte sich vor allem zu Tode. »Die hätten für Sie ein Frauenprogramm machen sollen«, scherzte der Chauffeur und blies den Rauch in Ringen in die Luft.
    »Origami«, schlug Henrik vor.
    »Oder Batik.«
    »Auch eine gute Idee. Oder ein Hospiz für Nacktmulle.«
    »Mann, Sie sind ja mies drauf. Trauriger geht wohl kaum.« Der Chauffeur schüttelte die etwas zu lange Haarpracht und schnippte die Kippe lässig ein paar Meter weiter. In dem Tiefgaragenlicht sahen sie alle aus wie Vampire. »Danke für die Zigarette«, sagte Henrik und ging wieder zu seinem Wagen zurück. Er versuchte, Michelle anzurufen. Doch es ging nur ihre Mailbox ran, vermutlich schlief sie längst. Schließlich packte er seine Unterlagen aus und begann, alles noch einmal durchzuarbeiten, was er tagsüber an Aufzeichnungen gemacht hatte.
    Als endlich Natascha aus der Schleuse trat, war er so vertieft in seine Arbeit, dass er nicht einmal bemerkte, wie ein groß gewachsener Mann von aufdringlichem Selbstbewusstsein ihr die Hand küsste und sie einen Augenblick zu lange festhielt. Verwirrt sah Natascha Eusterbeck sich in der Garage um, entdeckte Henriks Wagen und kam dann schnell herübergestöckelt. Sie ließ sich auf den Beifahrersitz fallen, zog die Tür hinter sich zu, die Schuhe aus und stöhnte: »Oh mein Gott. Was für eine endlos öde Gesellschaft. Die haben sich mit meinen Schuhen einen Wettkampf geliefert, wer mich zuerst umbringt.«
    »Dafür siehst du aber verdammt gut aus«, sagte Henrik und warf seine Unterlagen auf den Rücksitz.
    »Das ist nur das Make-up. Dahinter ist nichts mehr übrig außer Brei.«
    »Gruselig.« Er warf den Motor an und setzte zurück. Vor der Ausfahrt wurde er von einem schwarzen Audi abgedrängt. »Arschloch«, fluchte er und erkannte, dass der Fahrer von Frey am Steuer saß. »Batik.«
    »Hm?«
    »Ach nichts.«
    Dann folgten sie dem Audi hinaus in die Nacht und verloren sich im Berliner Straßenverkehr.
    *
    Bei der Großen Lage zum Thema innere Sicherheit war Natascha Eusterbeck alles andere als bei der Sache: Sie analysierte nicht die Inhalte, sondern die Personen, die im Raum waren. Seit dem frühen Morgen hatte sie bohrende Kopfschmerzen. Auch wenn sie sich mit guten Gründen selbst einzureden versuchte, dass die Mails nur ein mieses kleines Manöver eines miesen kleinen Charakters waren, ging ihr der Terror langsam an die Nieren. Und sie hatte immer noch nicht den Mut gefunden, mit Henrik darüber zu sprechen. Mehrmals hatte sie es vorgehabt. Aber dann war es entweder so spät geworden, dass er bereits geschlafen hatte. Oder es war doch – wie gestern – einfach ein schöner Abend geworden, den sie nicht mit einem so unerfreulichen Thema zerstören wollte. Und heute Morgen, als sie das Haus verlassen hatte, war er noch dabei gewesen, seine Betriebstemperatur zu finden.
    Natascha beobachtete, wie sich die Anwesenden produzierten, wie sie auf ihre Stichworte warteten, ihre Details vortrugen. Sie sah die Runde wie durch eine gläserne Wand. Jeder hier hatte seine Probleme, Nöte, Sorgen. Wie Henry: Seine Firma lief nicht gut, das wusste Natascha, der neue Auftrag aus dem Kanzleramt lag ihm im Magen – und um ihrer beider Ehe stand es sowieso nicht zum Besten. Jetzt noch ein Mobbing-Problem, ein ganzes Bedrohungsszenario, das hätte ihn am Ende noch ganz den Glauben an eine gemeinsame Zukunft verlieren lassen. Sie wusste, dass er sie liebte. Und sie fühlte sich ihm beinahe verbundener denn je, weil sie auch irgendwie Mitleid mit ihm hatte. Es war eine bizarre Situation: Sie selbst war es, die dafür verantwortlich war, die sein Leben auf subtile Weise unbeabsichtigt degradiert hatte. Und ausgerechnet für dieses Schattendasein liebte sie ihn umso mehr.
    »Frau Eusterbeck?« Sie war unaufmerksam gewesen. Der Vorsitzende des Innenausschusses hatte sie angesprochen.
    »Ja?«
    »Können Sie das bestätigen?«
    Sie nickte. »Ja. Kann ich.« Alle Augen waren auf sie gerichtet. Man erwartete, dass sie noch etwas dazu sagte. Leider wusste sie nicht, wozu. Also lächelte

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