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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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Moment, da die Verandalichter angingen und die Haustür aufflog. Er hörte Leute herbeilaufen, während Sheridan und Lucy ihm entgegensausten und ihn fest umarmten. Jessica rannte ein Stück weiter und verbarg das Gesicht im Schoß ihrer Mutter.
    »Irgendwas ist mit den Pferden passiert, als wir an der Koppel waren«, sagte Sheridan, und die Worte stürzten nur so aus ihr heraus. »Sie sind durchgedreht und haben laut gewiehert.«
    »Schon gut.« Joe rieb den Mädchen den Rücken. »Ihr zwei scheint wohlauf zu sein.«
    »Dad, ich hab Angst«, gestand Lucy.

    Marybeth kam von der Veranda, und ihre Töchter liefen zu ihr. Joe blickte sich um und sah Bud Longbrake mit einer Winchester in der Tür stehen und zur Koppel schauen.
    »Hast du eine Taschenlampe, Joe?«, fragte er und kam schwerfällig von der Veranda.
    »Ja, aber die ist schlecht.«
    »Nimm sie mit.« Er ging am Van vorbei und hielt auf die Koppel zu.
    Joe nickte, obwohl ihm klar war, dass Bud das im Dunkeln nicht sehen konnte. Wäre er doch mit dem Pick-up gefahren! Darin befand sich nicht nur seine gute Taschenlampe, sondern auch der Dachscheinwerfer war darauf montiert. Auch seine Schrotflinte – die einzige Waffe, mit der er traf – steckte hinter den Sprungfedern der Sitzbank seines Dienstwagens.
    Als sie sich der Koppel näherten, aus der noch immer wütendes Hufgetrappel und das Wiehern und kehlige Ächzen kopfscheuer Pferde drangen, spürte Joe mehr, als dass er es hörte, wie jemand zu ihm aufschloss. Cam.
    »Beruhigt euch, verdammt!«, rief Bud den Tieren zu. Joe leuchtete mit seiner schwachen Lampe durchs Gatter. Verstört umherrennende Pferde schossen durch den Lichtfleck: panische Blicke, gebleckte gelbe Zähne, schwere, blutstrotzende Muskeln, die unter dünner Haut spannten, geblähte Nüstern, fliegende Mähnen und Schweife.
    Joe, Cam und Bud überkletterten den Zaun und sprangen auf den weichen Boden.
    »Ruuuhig, schön ruuuhig«, sang Bud, um die Tiere zu besänftigen. Zu dritt gingen sie Schulter an Schulter durch die Koppel. Pferde umkreisten sie, und Joe spürte durch die Sohlen, wie ihr Gewicht den Boden erzittern ließ. Ein Tier stürmte zu nah vorbei, streifte Cam und wirbelte ihn herum.
    »Mist, er hat mich erwischt!«

    »Alles in Ordnung?«, fragte Joe.
    »Ja.« Cam drehte sich wieder um und schloss zu Joe und Bud auf.
    Dann hörten die Pferde mit einem gemeinsamen Seufzer auf zu rennen. Plötzlich war es ganz still – bis auf das schwere Atmen der Tiere, die sie aus dem Dunkel der Koppelecken anschauten.
    »Na endlich«, sagte Bud.
    Joe sah einige Pferde, die eben noch verstört gewesen waren, den Kopf senken und Heu fressen.
    »Seltsam«, meinte Cam. »Erinnert mich daran, mir nie Pferde zuzulegen.«
    Diese Bemerkung ließ Joe lächeln.
    Bud senkte sein Gewehr und stieß einen Pfiff aus. »Was sie so unruhig gemacht hat, ist weg.«
    »Das kann alles Mögliche gewesen sein«, sagte Joe. Schon eine Plastiktüte im Wind konnte eine Herde zur Massenflucht veranlassen.
    »Wahrscheinlich haben zwei Pferde um die Rangordnung gekämpft«, überlegte Bud, »und jetzt ist die Disziplin wiederhergestellt. Oder ein Kojote ist aus den Bergen gekommen. Oder ein Puma. Oder Joes Grizzly.«
    Warum ist es immer mein Bär?, dachte Joe verärgert.
    Er ließ den Strahl seiner Lampe über die Pferde gleiten. Die meisten fraßen inzwischen ruhig.
    »Okay, der Spaß ist vorbei«, erklärte Bud. »Danke für die Hilfe, Jungs.«
    Cam lachte leise. »Ich schätze, das war genug Aufregung für einen Abend.«
    Niemand sagte, was alle dachten: Dass jemand oder etwas die Herde angegriffen hatte. Dass die Mädchen ganz in der Nähe gewesen waren, gefiel Joe überhaupt nicht.

    Als sie schon zurückkehren wollten, leuchtete er mit der Lampe in eine am Trog eng beieinanderstehende Gruppe von vier Pferden, die das kühle Nass in Literschlucken schlürften. Die wellige Wasseroberfläche warf das Licht auf ihre samtigen Schnauzen und ließ die Augen funkeln. Als er den Strahl der Lampe hob, sah er etwas.
    Er spürte eine eisige Schneide in sich eindringen.
    »Bud.«
    Joe richtete das schwache Licht auf das zweite Pferd von links, einen Rappfarbwechsler. Bud und Cam waren schon dabei, die Koppel zu verlassen.
    »Bud.«
    Ein Bein über den Zaun geschwungen, hielt Longbrake inne und drehte sich um.
    »Was gibt’s denn?«
    »Schauen Sie.«
    »Oh nein«, flüsterte Bud.
    »Großer Gott«, sagte Cam mit brechender Stimme.
    Das Pferd in Joes Scheinwerferkegel hob den

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