Kalte Spuren (German Edition)
Helm zerplatzte und im Innern des Helmes befand sich von einer Sekunde auf die andere nur noch eine grellrote, breiige Masse.
Veronica torkelte, stieß mit dem Rücken zur Wand und sackte leblos daran herunter.
Fassungslos betrachtete Markus ihre Leiche. Dann streifte sein Blick die Flüssigkeit. Nur einen Moment darauf spürte er einen Stich an seinem rechten Oberarm. Er zuckte zusammen und sah zur anderen Seite, wo ihm jemand mit einem Injektor etwas in die Blutbahn schoss. In der anderen Hand trug die Gestalt eine bullige Pistole, mit der sie Veronicas Kopf in einen Matschklumpen verwandelt hatte.
Durch das Helmvisier ihres Schutzanzuges hindurch erkannte Markus das Gesicht Amandines.
»Raus hier. Komm.«
»Was … was hast du getan, was hast du mir da …?«
Sie packte ihn an der Hand, zog ihn aus der Kühlkammer hinaus und verschloss hinter ihnen die Tür. Während Amandine den Eingang versiegelte, kämpfte Markus mit einem Übelkeitsgefühl. Das Bild von Veronicas explodierendem Kopf hämmerte auf ihn ein. Doch das war nicht das Einzige, das ihm auf den Magen schlug. In rascher Abfolge blitzten szenenartig die Eindrücke der letzten Sekunden und Minuten durch seinen Verstand.
Veronica in seinem Bett.
Veronica, die Verräterin.
Das freigesetzte Virus. Der Schnitt in seinem Schutzanzug.
Hölle, bin ich infiziert?
Panik breitete sich in ihm aus. Er taumelte an der Wand entlang und suchte nach einem festen Halt.
Veronica. Veronica, die Verräterin. Ihr explodierender Kopf. Das Virus. Die Spritze.
Markus schrie. Er keuchte und nestelte an den Verschlüssen seines Helmes, doch bevor er ihn öffnen konnte, war Amandine bei ihm, schlug seine Hände weg, fasste ihn und schleifte ihn stolpernd hinter sich her. Markus bekam kaum mit, welchen Weg sie nahmen. Er blinzelte, rang nach Luft und glaubte, ersticken zu müssen.
Es ist in mir. Es ist in mir! Es wirkt bereits.
Schweiß brach ihm aus.
»Wenn Sie kotzen, ersticken Sie!«, sagte Amandine. »Halten Sie noch etwas durch, wir sind gleich da.«
Etwas zischte. O Gott, nicht noch mehr Luft!
Doch es war nur das Schott. Gleich darauf bemerkte Markus, wie er und Amandine in ein grünliches Gas eingehüllt wurden. Sie befanden sich in der Dekontaminationskammer. Das flaue Gefühl im Magen wurde immer stärker. Welche Wahl hatte er? Sich im Helm übergeben und ersticken oder sich den Helm herunterreißen und im Dekontaminationsgas verenden. Erneut tastete Markus nach dem Helmverschluss. Das Gas war sicherlich die einfachere Wahl. Kurz und schmerzlos. Aber er musste hier einfach raus.
Ein grünes Licht leuchtete an der gegenüberliegenden Tür auf. Markus spürte einen Ruck. Er stolperte vorwärts durch die Kammer und landete auf den Knien. Im nächsten Augenblick ertönte ein Zischen. Die Luft roch und schmeckte plötzlich anders. Gas. Das war das Gas.
Er brauchte gut zehn Sekunden, um festzustellen, dass er sich längst außerhalb der Dekontaminationskammer befand, Amandine ihm den Helm vom Kopf gezogen hatte und er die Schiffsluft roch. Beheizte Polarluft. Frisch und rein.
Das Übelkeitsgefühl war zu seinem Erstaunen verschwunden. Ein wenig wackelig auf den Beinen, ließ er sich von Amandine aufhelfen.
»Ich habe Ihnen ein Serum gespritzt, das die Defector-Viren in Ihrem Blut neutralisiert«, sagte die Frau. »Sie sind jetzt gegen das Virus immun.«
Markus nickte nur. Er dachte an Veronica. Warum? Wie hatte sie alle täuschen können?
Er spürte eine Hand auf seiner Schulter. Amandine hatte ihren Helm abgenommen und sah Markus mit einem Ausdruck des Bedauerns an.
»Es tut mir leid.«
»Danke.«
»Gehen Sie in Ihr Quartier«, sagte sie. »Ruhen Sie sich etwas aus.«
Statt ihrem Rat zu folgen, lehnte sich Markus gegen eine Wand, befreite sich von den Handschuhen und fuhr sich anschließend mit beiden Händen durch das Gesicht. Er musste nachdenken. Irgendetwas passte nicht zusammen.
Irgendetwas stimmt nicht.
Er schloss die Augen und atmete tief durch. »Narwick«, sagte er plötzlich. »Ich muss sofort Narwick sprechen.«
Devon Island, Kanada
16. November, 17:53 Uhr
Die Uniformen waren russischen Ursprungs. Ohne ein Wort zu verlieren und nur mit ihren Waffen gestikulierend, führten die Soldaten Eileen und die anderen knapp eine Viertelstunde lang durch die Höhlengänge. Gestein wechselte sich mit Eis ab. Eis wiederum mit Gestein. Am Ende befanden sie sich in einem Eistunnel, der direkt in eine großräumige Höhle mündete.
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