Kalte Spuren (German Edition)
erhöht haben. Hat es draußen schon angefangen zu schneien?«
»Wie haben Sie das angestellt?«, fragte Vandengard.
Das Lächeln Semenovas wurde breiter. »Zunächst mit einem konventionellen Marschflugkörper. Als wir diese Marsbasis vernichteten, erzeugten wir eine Hitzewelle, die ausreichte, um das Virus in der näheren Umgebung zu aktivieren. Es fühlt sich in einem warmen Klima wohl. Allerdings reichte das nicht aus. Wir postierten einen Mikrowellensender auf der Insel, der nicht nur dafür sorgt, dass sämtliche Funkfrequenzen auf Devon Island gestört werden, sondern auch eine gleichmäßige Erwärmung zur Folge hat. Zwar werden wir den Nullpunkt nicht erreichen, aber Renegade fühlt sich auch noch bei minus zehn Grad sehr wohl.«
»Sie sind für den Tod der Soldaten verantwortlich«, sagte Gwen.
Semenova blickte sie nur an.
»Warum? Für wen? Was wollen Sie mit Renegade?«
»Es studieren. Es nutzen. Was könnte ich sonst damit wollen?«
»Wenn Sie es Ihrer Regierung überlassen, spielen Sie es den Generälen direkt in die Hände. Die kontrollieren Ihre Regierung genauso wie jede andere auf dieser Welt.«
Semenova brach in ein so herzhaftes Gelächter aus, dass es echt klang. »Meine Regierung? Ich arbeite nicht für die russische Regierung. Niemand an Bord der Gorbatschow tut das. Und ich arbeite auch nicht für die Generäle oder sonst eine Institution. Das Virus bringt uns auf dem Schwarzmarkt einen unermesslich hohen Preis ein. Jeder aus der Mannschaft der Gorbatschow hat für den Rest seines Lebens ausgesorgt und kann sich mit Luxus zu einem Ort seiner oder ihrer Wahl zurückziehen. Der Reichtum für jeden wird so groß sein, dass sich auch seine Familie und die Nachkommen keine Sorgen mehr machen müssen.«
»Sie tun das für Geld?«, fragte Gwen.
»Wofür sonst? Und wir haben es erfolgreich getestet. All die Todesfälle da draußen in dem Höhlengang und im Eis sind auf Video dokumentiert. Unsere Käufer werden begeistert sein.«
Eileen warf Gwen einen Blick zu, doch diese schien aller Mut verlassen zu haben. Sie saßen in der Falle. In Schach gehalten von einem Rudel geldgieriger Russen, die das tödlichste Virus der Welt auf dem freien Schwarzmarkt verkaufen wollten. So also sah eine absolute Niederlage aus. Nicht nur für Eileen und Gwen, deren Ziel es war, sowohl Renegade als auch Defector zu vernichten, sondern auch für G-Dawn und die Generäle.
»Sehen Sie, Sie sind immun«, sagte Semenova. Ihr Blick richtete sich auf Juliette. »Aber ich werde Ihnen jetzt demonstrieren, dass Renegade hier in dieser Höhle sehr wohl aktiv ist. Den Helm ab!«
Zwei Soldaten traten vor, senkten ihre Waffen und packten Juliette an den Armen. Ein dritter kam heran und öffnete die Verschlüsse ihres Helms.
»Nein!«, rief Eileen und wollte dazwischengehen, als sie der Gewehrkolben in der Kniekehle traf. Sie knickte weg und landete auf den Knien im Eis.
Ein Zischen erklang. Gemischt mit Juliettes Rufen und ihrem Ächzen. Sie versuchte, sich zur Wehr zu setzen, sich aus den Griffen der beiden Soldaten zu befreien. Letztendlich ließen sie sie auch los, doch da hatte ihr der dritte Mann bereits den Helm vom Kopf gezogen.
Juliette schrie. Ihr langes, brünettes Haar war zerzaust und stellenweise schweißnass. Tränen rannen aus ihren Augen. Zuerst klar. Dann verfärbten sie sich rot. Ein feines Rinnsal zog eine rote Spur aus ihren Nasenlöchern, lief über ihre Lippen und sammelte sich in ihren Mundwinkeln. Gleichzeitig rann auch aus den Ohren Blut.
»Nein«, sagte Juliette mit brüchiger Stimme. Sie sackte in die Knie und weinte. Blut strömte aus ihren Augen. Blut und verflüssigter Augapfel.
Gwen sah fort. Vandengard fluchte. Eileen wollte ebenfalls wegsehen, doch starrte wie gebannt auf die zum Tod verurteilte Frau.
Juliettes Haut bekam Risse. Sie hustete und erbrach sich, dabei würgte sie ihre halbe Lunge hoch. Wie im Zeitraffereffekt runzelte ihre Haut und blätterte ab, bis rohes Fleisch darunter zum Vorschein kam.
Endlich schaffte es Eileen, den Blick abzuwenden und Semenova anzustarren. Sie hörte Juliettes Röcheln und Husten, bis es schließlich erstarb.
»Ausgezeichnet«, sagte Semenova. »Renegade wirkt innerhalb von Sekunden tödlich. So schnell schreibt kein anderes Virus dieser Welt den genetischen Programmcode eines Lebewesens um. Binnen Sekunden. Das ist fantastisch!«
»Das ist Mord!«, sagte Eileen und legte allen Hass, den sie für diese Frau empfand, in ihre Stimme. Semenova
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