Kalte Spuren (German Edition)
auf dem Display war unrechtmäßig hier. Keiner der Wissenschaftler. Die hätten gewissenhaft den Zugang verriegelt, um Unbefugten den Zutritt zu verwehren.
Markus blickte zurück zur Schleuse und überlegte, ob er nicht besser wieder hinausging. So tat, als wäre nichts gewesen.
Komm schon. Eileen zählt auf dich. Ein Schauder fuhr ihm plötzlich über den Rücken. Die Welt zählt auf dich.
Wie ein Automat ohne eigenen Willen, ferngelenkt von jemandem, der die Kontrolle über ihn übernommen hatte, drehte er sich um und ging in die Richtung, in der die Eishöhle lag. Markus atmete schneller. Er spürte, wie sein Puls vor Aufregung und Angst raste. Das war nicht gut, gar nicht gut. Er verbrauchte zu schnell zu viel Sauerstoff.
Markus ging weiter, erreichte eine Tür und stieß sie auf. Er vermied es, sich umzublicken. In dem Helm konnte er ohnehin nicht einfach über seine Schulter zurück nach hinten blicken, sondern hätte stehen bleiben und eine Drehung um 180 Grad vollführen müssen. Die Tür fiel hinter ihm zu. Er befand sich in einem kleinen Depot, in dessen Schränken von Mullbinden über Pipetten, leeren Reagenzgläsern, Objektträgern bis hin zu Injektoren scheinbar alles aufbewahrt wurde. Markus eilte durch den Raum und fand am anderen Ende eine weitere Tür. Dahinter grenzte ein größerer Raum mit einer Reihe von Tischen und Laborinstrumenten an. Eine Röntgenstation, ein Elektronenmikroskop, verschiedene herkömmliche Lichtmikroskope, eine Minizentrifuge, Inkubatoren. Markus nahm die Geräte nur am Rande wahr. Sein Ziel lag am Ende des Raumes, der über eine Schwingtür in einen gebogenen Korridor führte. Der Gang machte einen scharfen Knick nach links. Zu beiden Seiten zweigten weitere Labortüren ab.
An einer Kreuzung blieb er stehen und schloss für eine Sekunde die Augen, um sich den Plan vom Kartenfeld in Erinnerung zu rufen. Er orientierte sich nach rechts und stand nach fünf Metern vor einer Tür, die mit EISHÖHLE beschriftet war.
Einfacher geht’s nicht. Jetzt rein, Virus holen und wieder raus.
Er streckte eine Hand vor, um sie auf den Griff zu legen, ehe er bemerkte, dass die Tür bereits offen war. Wie am Laboreingang!
Markus’ Herz hämmerte wie wild. Alles in ihm schrie nach Rückzug.
Es fehlte nur eine Winzigkeit, dem Impuls nachzugeben, sich einfach umzudrehen und den ganzen Weg bis zur Schleuse zurückzugehen. Wenn er erst einmal in seinem Quartier war, auf der Couch lag und ein Buch in der Hand hielt oder sich durch das DVD -Programm des Schiffes zappte, würde er schnell auf andere Gedanken als auf diesen heroischen Mist kommen.
Zu seiner eigenen Überraschung legte er die Hand auf den Griff und zog die Tür auf. Eine Dampfschwade kam ihm entgegen, hüllte seinen Anzug ein. Markus setzte einen Schritt über die Schwelle. Die Tür war anscheinend zu lange geöffnet gewesen. Schrankfenster beschlugen und bildeten dünne Reifschichten. Im ganzen Raum hatte sich Kältenebel gebildet, wirbelte umher und verwehrte Markus die Sicht auf das Ende der Kühlkammer. Er konnte gerade einmal drei Meter weit blicken und sah zu beiden Seiten deckenhohe Regalwände und Vitrinen, hinter denen Displays mit Reagenzgläsern lagerten.
Markus ging zwei, drei Schritte in den Raum hinein. Vor ihm teilte sich der Kältenebel. Schwaden stoben vor dem Visier seines Helmes davon. Er erkannte auf der gegenüberliegenden Seite eine weiße Wand mit Schubfächern, jedes davon mit einem Magnetsensor verschlossen.
Eines war geöffnet. Darüber beugte sich ein blauer Bioschutzanzug, während behandschuhte Hände durch die Displays mit Objektträgern fingerten.
Markus hielt die Luft an. Er wünschte sich ganz weit fort an einen anderen Ort, doch der Wunsch blieb nur ein Produkt seiner Gedanken. In diesem Moment erhob sich die Gestalt vor der Schublade und drehte sich in seine Richtung. Durch die dampfenden Schwaden vermochte Markus das Gesicht hinter dem Visier des anderen nicht zu sehen, doch offenbar hatte sein Gegenüber ihn bereits erkannt.
»Du?«
Die Stimme klang ohne den internen Helmfunk nur dumpf zu ihm herüber. Sie war weiblich. Und vertraut.
Markus stieß den Atem aus. Weg hier! Aber warum machte er dann einen Schritt auf die Gestalt zu? Die Nebelschwaden verzogen sich und gaben den Blick auf das Gesicht hinter dem Visier frei. Er erkannte ihre Augen. Den Mund. Die Nase.
»Veronica?«
»Was zum Teufel machst du hier?«, fragte sie.
»Ich …« Er sah auf ihre Handschuhe und erblickte
Weitere Kostenlose Bücher