Kalte Spuren (German Edition)
das verschlossene Reagenzglas darin.
Dann deutete er darauf. »Ich schätze, das Gleiche wie du.«
»Das bezweifele ich«, sagte Veronica. Sie stopfte das Glas in einen Kühlbehälter, der zu ihren Füßen stand und verschloss ihn sorgfältig.
Markus sah einen Ziffernblock und rote Leuchtdioden auf der Oberseite des Behälters. Offenbar eine codierte Verriegelung.
»Du hast das Virus.« Er trat einen Schritt vor und war noch etwa drei Meter von ihr entfernt. Markus’ Blick heftete sich auf den Behälter. Dann sah er, dass Veronica erneut in das Kühlregal griff und ein weiteres Reagenzglas hervorzog.
»Ja.«
»Dann lass uns verschwinden.«
Veronica Pothoff sah ihn an und schüttelte in ihrem Helm langsam den Kopf. »Es tut mir leid, Markus. Das geht nicht.«
Er breitete die Hände aus. »Aber wieso? Wir können es beenden. Wenn wir das Virus vernichten, kann es nicht mehr eingesetzt werden. Du hast doch gehört, was damit angerichtet werde…« Markus hielt plötzlich inne. Seine Augen weiteten sich, als er die Wahrheit erkannte. »Du … willst es gar nicht vernichten, richtig?«
»Es tut mir leid.«
»Für wen arbeitest du?«
Veronica hob das Glas und ging auf Markus zu, doch als er sich nicht vom Fleck rührte, griff sie hinter sich und förderte ein Messer zutage. »Markus, ich will das nicht tun. Geh zur Seite.«
»Für wen arbeitest du, Veronica?«, fragte er erneut und überraschte sich selbst dabei, wie ruhig er blieb. Das Gefühl, die ganze Zeit nur benutzt worden zu sein, keimte in ihm auf, doch er war in der Lage, es beiseitezuschieben.
So lief das eben in diesem Geschäft. Agenten und Geheimniskrämer. Verschwörungen und Täuschungen.
Du bist jetzt ein Teil davon. Kein Problem.
Veronica machte noch einen Schritt vor. Sie schien entschlossen zu sein, auf ihn einzustechen. Auf Armeslänge blieb sie vor ihm stehen.
»Also? Verrätst du es mir jetzt oder nicht?«
Sie seufzte. »Ich bin ein Hazarder, Markus.«
»Ich weiß.«
Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Du verstehst nicht. Ich habe Shift-P genommen. Ich bin ein Hazarder und arbeite für den Verbund der Generäle. Ich bin auf Vandengard angesetzt worden, als herauskam, dass er für G-Dawn arbeitet. Über dich habe ich zu ihm gefunden und konnte mich bei G-Dawn einschleusen. Meine Mission besteht darin, Defector für den Verbund sicherzustellen und den Rest der Virenproben zu vernichten.«
Markus hielt die Luft an. Das Agentenspiel. Spielen wir es mit.
»Also schön.« Er trat beiseite. »Dann geh.«
»Was?«
»Du wolltest doch vorbei, dann geh. Ich halte dich nicht auf.« Zur Unterstreichung seiner Worte trat er beiseite und drückte sich mit dem Rücken gegen eine Wand, um Veronica vorbeizulassen.
Sie starrte ihn noch für zwei, drei Sekunden verdutzt an. Dann eilte sie an ihm vorbei.
Markus beobachtete sie und wartete den Moment ab, in dem er aufgrund der Beschränkung des Helmes aus Veronicas Gesichtsfeld verschwand. Dann packte er ihre Luftversorgung, riss den Schlauch aus dem Tornister und warf Veronica gegen die Wand. Sie fluchte. Zischend entwich die Atemluft aus dem Tornister auf ihrem Rücken. Doch Markus sah sich getäuscht, wenn er glaubte, sie überrumpelt zu haben. In einer fließenden Bewegung fuhr sie herum und streckte den Arm mit dem Messer aus. Die Klinge schnitt durch Markus’ Bioanzug. Sofort gesellte sich zu dem ersten Zischen ein weiteres.
Scheiße!
Markus sprang vor und ignorierte die entweichende Luft. Er rammte Veronica mit der Schulter, packte ihren Messerarm und schlug ihn zweimal gegen die Wand, bis sie die Waffe fallen ließ.
Gleichzeitig fiel auch das Reagenzglas.
Markus nahm die Bewegung aus den Augenwinkeln wahr und erstarrte. Auch Veronica blickte herunter und war für einen Moment wie gelähmt.
Das Glas zerschellte am Boden. Ein Fleck einer durchsichtigen Flüssigkeit verteilte sich im Umkreis der Scherben. Alles sah so harmlos aus und stellte doch eine der tödlichsten Verbindungen dar, die die Menschheit jemals gesehen hatte. Eine Virenflüssigkeit, der Markus und Veronica jetzt schutzlos ausgesetzt waren.
Markus ließ die Frau los und taumelte zurück.
Veronica bückte sich und fischte das Messer vom Boden auf. Sie schien die Sache beenden zu wollen und holte aus. Doch sie erstarrte in derselben Sekunde.
Ein Donner zerriss die Atmosphäre in der Kühlkammer und übertönte das Zischen der entweichenden Luft aus den Anzügen und dem Versorgungstornister. Das Visier von Veronicas
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