Kalte Spuren (German Edition)
Typ neben ihr fluchte und verriss die Spritze. Im selben Moment schrie die Brünette vor Schmerz auf und öffnete die Hand. Etwas fiel heraus, rollte direkt auf Markus zu, zwischen seinen Füßen hindurch nach draußen.
»Crap!«, stieß der Typ hervor, zog die noch halb gefüllte Spritze aus dem Oberarm der Südländerin und drehte sich zu Markus um …
… der jedoch nicht mehr dort stand, sondern hastig davonstürmte und dabei eine Angetrunkene so heftig beiseitestieß, dass sie gegen eine Gruppe anderer Wartender prallte und diese mit sich zu Boden riss. Vor der Flucht hatte Markus sich gebückt und nach dem Gegenstand auf dem Boden gelangt, den die Frau in der Kabine hatte fallen lassen. Er duckte sich unter dem Schwinger eines Kahlköpfigen, der plötzlich anfing, Randale zu machen.
Der Druck auf Markus’ Blase war wie weggespült. Er wollte nur noch raus. Weg von den dröhnenden Beats. Weg von den kaputten Typen, die sich ekeliges Zeug spritzten oder schamlos auf dem Klo vögelten.
Ich hätte zu Hause bleiben sollen!
Er wusste noch nicht, wie recht er damit hatte.
21:42 Uhr
Draußen auf dem Gang rannte er einfach los und ignorierte die Flüche der anderen Discogäste. Er erhaschte einen Blick auf Andy, der noch immer auf der Tanzfläche zappelte, als stünde er unter Strom. Mit einer Geste signalisierte Markus seinem Kumpel, dass er abhaute. Dann drängte er bereits Richtung Ausgang. Kurz vor der Tür, durch die zu der frühen Stunde noch immer Besucher drängten, drehte Markus sich um. Die Discobeats machten einer hart gespielten E-Gitarre Platz, die die Klänge zu dem Stones-Hit Gimme Shelter in der von Joanna Dean gesungenen Version anstimmte.
Markus sah Andy, der auf ihn zukam.
Er sah auch den Typ mit dem Stoppelschnitt und den blitzenden Augen. Mit wütendem Blick drängte er die Gäste beiseite und lief in Markus’ Richtung. Nur einen Lidschlag darauf stürmte die brünette Italienerin aus der Damentoilette. Markus vermutete, dass sie Italienerin war, denn sie hatte ihn cazzo – Schwanz – genannt.
Markus drehte sich um, rempelte einen der Türsteher an, murmelte eine Entschuldigung und bekam eine unflätige Bemerkung zurück. Dann war er auf der Straße. Kalte Abendluft raubte ihm für eine Sekunde den Atem. Er wandte sich nach rechts. Sein Wagen parkte in der Nähe des Unnaer Rings. Die nächste Abzweigung links und er war bereits auf der Zufahrtsstraße des Westrings. Markus blickte über die Schulter zurück. Einer der Türsteher stolperte auf die Straße. Der zweite flog hinterher. Markus sah noch den blonden Typen von der Toilette.
Das darf doch nicht wahr sein! Der war wirklich hartnäckig, und das nur, weil er ihn dabei gestört hatte, wie er seiner Ische einen Schuss setzte?
Markus beeilte sich und lief die Straße hoch. Ganz ruhig, Junge. Notfalls bleibst du stehen und trittst ihm in die Eier.
Der Parkplatz war auf der linken Seite. Markus nahm einen Trampelpfad statt den Hauptweg und steuerte direkt auf den Corsa in der zweiten Reihe zu. Er griff in die Tasche und holte den Schlüssel hervor. Gleichzeitig merkte er, dass er noch immer das Döschen, das die Italienerin hatte fallen lassen, in der anderen Hand hielt.
»Oha! Anscheinend ist der Stoppelschnitt hier hinterher.« Er überlegte, ob er die Dose einfach wegwerfen oder sogar zurückgeben sollte. Doch er hatte sein Auto erreicht. Die Blinker flammten auf, als er das Schloss mit dem Funksender des Schlüssels entriegelte. Was sollte jetzt noch geschehen?
Er ließ sich in den Sitz fallen, zog die Tür zu und startete den Motor. Als er Gas gab, nahm er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Der Typ aus der Disco! Er sprintete über den Parkplatz, hielt direkt auf Markus’ Wagen zu.
Was hält er da …?
Eine Pistole.
Markus’ Fuß senkte sich tiefer auf das Gaspedal. Der Wagen ruckte an und wäre beinahe abgesoffen, als Markus vergaß zu kuppeln. Er riss das Lenkrad herum, schaltete hoch, gab erneut Gas. Der Corsa machte einen Satz nach vorn, streifte den Irren mit der Kanone an der Hüfte und schleuderte ihn gegen den Kühlergrill eines anderen parkenden Fahrzeugs.
Ein Schuss peitschte durch die Dunkelheit.
»Das gibt’s doch nicht!« Mit quietschenden Reifen preschte der Wagen den Weg hoch, nahm die Linkskurve in die Einbahnstraße und schrammte einen anderen Wagen.
»Scheiße, Scheiße, Scheiße!« Noch ein Schuss. Markus glaubte, das Rückfenster splittern zu hören, einen Stich im Nacken zu fühlen und
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