Kalte Spuren (German Edition)
Schwarzen und der älteren Dame. Die beiden sahen sie erstaunt an.
»Ihr ist übel. Dritter Monat«, sagte Eileen mit einem Lächeln.
Der Zug bremste.
Und hielt.
Sie befanden sich bereits wieder im Tunnel, doch der letzte Wagen schloss genau mit dem Ende der Bahnstation ab. Eileen ließ die Agentin, die noch sichtlich mit ihrem Atem rang und gegen die Übelkeit ankämpfte, los und wandte sich der Verbindungstür zu, durch die sie den Waggon betreten hatte. Es waren nur zwei Meter. Der Tumult hinter ihr wurde lauter.
Sie musste sich beeilen, ehe der Fahrer seine Überraschung überwand und den Zug wieder rückwärts in die Station setzte. Falls solch ein Manöver überhaupt zulässig war. Eileen öffnete die Tür, schlüpfte hindurch und sprang auf die Gleise. Direkt neben ihr befand sich der Wartungssteg. Sie stieg hoch und war nach zwei Schritten auf dem Boden des Peachtree Centers. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, streifte sie den Rucksack über ihre Schulter, griff in die Manteltasche und förderte ihre Sonnenbrille zutage.
»Coole Aktion, Lady«, rief ihr ein pubertierender Teenager von einem der Wartesitze aus zu. Er spielte mit einer portablen Spielkonsole und hatte aufgeblickt, als der Zug durch die Station bretterte.
Eileen zwinkerte ihm zu, schob sich die Brille auf die Nase und wandte sich zu der Rolltreppe. Bis die Agenten sich durch das Chaos der Empörung, das momentan in dem Zug herrschte, bis zu ihrer Partnerin durchgekämpft hatten und diese wieder einigermaßen Luft holen konnte, würde Eileen bereits wieder zur Five Points Station zurückgelaufen und in ihren Wagen gestiegen sein.
Dortmund, Deutschland
Kanalhafen
12. November, 13:20 Uhr MEZ
Markus de Vries fuhr sich zum wiederholten Mal mit beiden Händen durch das Gesicht. Sein Herz hämmerte wie wild. Der Rücken war schweißnass. Er fühlte sich, als hätte er sich eine Grippe eingefangen. Der Schrecken der wilden Verfolgungsjagd saß ihm noch immer in den Gliedern. Sein ganzer Körper kam ihm vor wie ein Wrack. Er zitterte. Seine Gedanken wirbelten so schnell, als könnten sie jeden Moment sein Gehirn entflammen.
Der Albtraum nahm jedoch kein Ende, denn Markus saß mit seinem wahrscheinlich ärgsten Feind in einem Auto.
Er wusste nicht, wie lange Veronica Pothoff schon zurück war. Sie hatte den BMW am Ende der Drehbrückenstraße über ein Gütergleis gelenkt und war hinter der Lagerhalle einer Verpackungsfirma direkt am Hafenbecken stehen geblieben. Dann war sie zu Fuß losgegangen, um ihnen irgendwo etwas zu essen und Kaffee zu besorgen. Nun saß sie wieder neben Markus im Auto und hielt ihm einen dampfenden Becher unter die Nase. Auf das Armaturenbrett legte sie eingepackte Sandwiches.
»Thunfisch war aus. Ich hab Ihnen Schinken und Käse mitgebracht.«
»Danke.« Markus griff nach dem Becher und probierte. Der Kaffee war heiß und bitter, aber er tat fast augenblicklich seine Wirkung und reduzierte das Zittern.
Danke, dachte er noch einmal, wusste aber nicht, ob er überhaupt einen Bissen von dem Sandwich herunterbekommen würde.
»Wir sollten uns unterhalten«, sagte Pothoff und nippte ihrerseits an einem Kaffee. Anders als bei Markus schien die Schießerei mit dem Hubschrauber keine nachhaltigen, seelischen Schäden bei ihr hinterlassen zu haben. Sie biss herzhaft in ihre Brotecke.
»Ist es hier denn sicher?«, fragte Markus.
Die Mitarbeiterin des MAD hob die Schultern. »Im Moment ist es nirgends sicher.« Sie blickte ihn an. »Ich weiß, Sie vertrauen mir nicht, aber glauben Sie mir, ich stecke genauso in der Scheiße wie Sie selbst. Normalerweise wären Sie mir vielleicht sogar völlig egal, de Vries. Aber es gibt etwas, das uns zusammenschweißt. Jemand will uns ausschalten, und wenn jeder für sich alleine steht, gelingt ihnen das vielleicht auch.«
»Uns?« Markus sah die Frau an. In ihren Augen war eine Spur von Erschöpfung zu lesen, die er heute Morgen auf der Wache noch nicht darin gesehen hatte. Irgendetwas musste seitdem geschehen sein.
»Ich tue jetzt etwas, das mir unter anderen Umständen strengstens untersagt ist: Ich verrate Ihnen Einzelheiten über meine Arbeit. Aber ich glaube, das spielt jetzt keine Rolle mehr. Gestern Vormittag erhielt ich von meiner Dienststelle in Köln den Auftrag, zwei mutmaßliche Terroristen in Dortmund aufzuspüren und zu beschatten. Zur Ergreifung sollte ich Verstärkung anfordern.«
»Die Fotos, die Sie mir vorhin gezeigt haben?«, hakte Markus
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