Kalte Spuren (German Edition)
Markus schon kannte und von der er einen Ausdruck besaß.
Zwanzig Namen. Einen davon konnten sie streichen. Allegra Lomi.
Dann lief das Video ab. Eine Frau mit blonden langen Haaren, die sich selbst als Gloria Stylez vorstellte, begrüßte Allegra Lomi auf Italienisch und machte einige Ausführungen, ehe unten im Bild eine Telefonnummer eingeblendet wurde. Markus fand im Handschuhfach einen Stift und notierte die Ziffern auf der Innenseite seiner Handfläche. Dann sah er Veronica an.
»Hast du irgendwas verstanden, was die Tussi erzählt hat?«
Sie war kreidebleich. Ihr Blick starrte unverwandt auf den Laptop. Mit einem Mal war Markus klar, dass Veronica zumindest einige Brocken Italienisch verstand. Sie drehte langsam den Kopf zu ihm. Ihre Augen schimmerten feucht.
»Rede mit mir«, bat er und deutete auf den Computer auf ihrem Schoß. »Sonst lass ich es noch mal abspielen und jage es durch Babelfish.«
Veronica schob das Kinn vor. »Nicht nötig.«
Sie erzählte ihm fast Wort für Wort, was Gloria Stylez in der Videodatei von sich gegeben hatte.
»Scheiße!«, sagte Markus, als Veronica endete.
Holiday Inn Select
Atlanta, Georgia
13. November, 05:16 Uhr EST
Eileen Hannigan erwachte schweißgebadet und fror am ganzen Leib. Sie schüttelte sich. Ihre Muskeln zuckten unkontrolliert. Sie schlug die Augen auf, doch es blieb dunkel. Schnell drehte sie sich auf die Seite, um wenigstens etwas Licht vom Fenster zu erhaschen, doch sie konnte nichts sehen.
Verdammt, was war mit ihr los? Sie konnte sich daran erinnern, dass sie sich die Spritze mit dem grünen Teufelszeug gesetzt hatte. Danach war sie umgekippt und in einen traumlosen Schlaf gefallen.
Sie zog die Bettdecke bis zum Hals herauf, drehte sich zur Seite und fiel von der Bettkante. Für einen Moment blitzte Licht vor ihren Augen auf, doch das war vermutlich nur ein Nervenreflex.
Ich hätte mir dieses gottverdammte Zeug nicht spritzen sollen!
Vage erinnerte sie sich an die Belehrungen von Gabrielle Stylez in dem Video. Die Tablettenkur. Vielleicht lag es ja nur daran. Sie musste ihre erste Pille nehmen, sonst kollabierte das Nervensystem.
Eileen kroch über den Boden und hoffte, dass sie sich auf dem Weg zum Schreibtisch befand. Sie zitterte. Nur der Rand des Bettes wies ihr den Weg, sonst wäre sie hoffnungslos aufgeschmissen gewesen.
Irgendwann prallte sie mit der Stirn gegen irgendetwas Hartes.
»Au!«
Sie streckte einen Arm vor und berührte das Bein des Stuhls. Noch etwas weiter. Sie nahm die zweite Hand zu Hilfe und zog sich an dem Stuhl nach oben. Blind tastete sie mit den Fingern über die Tischoberfläche und stieß dabei gegen den Laptop. Dann gegen die Spritze und den Karton. Endlich bekam sie die Kunststoffdose mit den Tabletten zu fassen und öffnete sie. Eine der Pillen verschwand in ihrem Mund. Eileen sammelte etwas Speichel auf der Zunge und schluckte die Tablette hinunter. Sie ließ sich einfach fallen und merkte nicht einmal mehr, wie sie auf dem Teppichboden aufschlug.
Das Zittern wurde heftiger. Vor ihren Augen begannen sich farbige Kreise zu bilden. Zuerst rote. Dann gesellten sich blaue, gelbe und grüne hinzu, die in immer größeren, nicht enden wollenden Spiralen vor ihr tanzten und sie in eine schwarze Tiefe zogen. Eileen wehrte sich, kämpfte gegen den Strudel an, doch so sehr sie sich auch auf dem Boden wälzte und sich anstrengte, dem dunklen Schlund zu entkommen, desto schneller schien sie zu fallen.
Sie stürzte in ein Loch aus Nichts. Immer weiter. Immer tiefer. Ein langer schriller Laut begleitete ihren Fall. Sie brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass es ihr Schrei war.
Plötzlich war es vorbei.
Eileen schlug die Augen auf und war hellwach. Sie fühlte sich ausgeruht und vital. Abrupt setzte sie sich auf und lockerte ihre Gelenke. Ihre Haut war trocken, keine Anzeichen von Schweiß. Irritiert blickte sie auf den Wecker auf dem Nachttischchen. Es war kurz vor halb sechs. Lange konnte der Psychotrip nicht gedauert haben. Allerhöchstens ein paar Minuten.
Leichtfüßig tapste Eileen über den Teppich zu den Vorhängen hinüber, zog diese auf und öffnete das Fenster. Frische Morgenluft strömte kalt in das Zimmer und umschmeichelte sie wie ein eisiger Mantel. Die Agentin genoss die Novemberkühle auf ihrer nackten Haut und schloss die Augen. Für einen seligen Moment war sie in der Lage, all ihre Gedanken, Sorgen und Befürchtungen mental auszublenden.
Es gab nur sie.
Die Kälte. Den
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