Kalte Spuren (German Edition)
Anstalten, Lomis Körper von der Sitzbank ins Freie zu zerren.
Markus seufzte, ging ihr dann jedoch dabei zur Hand. Er versuchte, der Toten nicht ins Gesicht zu sehen, doch die Schönheit, die von dem rot umrundeten Loch in der Stirn zerstört wurde, zog ihn mit morbider Faszination an. Er würgte, behielt seinen Mageninhalt aber bei sich. Vermutlich hatte er vorhin schon alles erbrochen, was überhaupt in ihm steckte.
Sie legten die Leiche ins Gras neben dem Wegesrand. Sofort beugte sich Veronica hinunter und begann, Lomis Taschen zu durchsuchen. Sie fand eine Waffe, eine Geldbörse und ein Telefon.
Markus beugte sich neugierig herunter. Die Pistole steckte Veronica ein. Dann öffnete sie das Portemonnaie und stöberte darin herum. In dem Geldscheinfach fand sie hundert Euro in 20ern. Kein Hartgeld. Dafür eine italienische VISA Card und einige Bonuskarten diverser Tankstellen und Schmuckläden.
»Kann uns die Kreditkarte helfen?«, fragte Markus. Etwas Kleingeld zu haben wäre in ihrem Fall nicht schlecht. Er sträubte sich gegen den Gedanken, irgendjemanden überfallen zu müssen, nur weil ihnen die Tankfüllung ausging.
Veronica hob die Schultern. »Wenn ich zur MAD -Zentrale nach Köln käme, bekämen wir die PIN -Nummer heraus. Zumindest ihre Unterschrift kann ich nachmachen und wir können versuchen, mit der Karte zu bezahlen. Ich hoffe nur, niemand hat Lomi überwacht und verfolgt ihre Transaktionen.«
»Aber wir können nicht nach Köln, stimmt’s?«
»Nein.« Sie stöberte weiter und fand noch ein halbes Dutzend Ausweise verschiedener Nationalitäten. ID-Cards von Geheimdiensten, diversen Behörden in Europa und zwei Reisepässe. Alle ausgestellt auf verschiedene Namen. Alle mit Allegra Lomis Konterfei.
»Hier ist nichts mehr, was uns weiterhelfen könnte. Hast du die Speicherkarte noch?«, fragte Veronica.
Markus nickte. »Bernd hat bereits die beiden Passwörter geknackt. Ich weiß nicht, ob noch mehr darauf ist als die Liste.«
»Wir sehen sie uns an.«
Markus stieß geräuschvoll die Luft aus. Im selben Augenblick klingelte Lomis Handy.
Atlanta, Georgia
13. November, 03:35 Uhr EST
Die Leuchtziffern des Weckers auf dem Nachttisch sahen sie an wie teuflisch rote Augen, die nur eines im Sinn hatten: ihren Schlaf zu stören und mit Albträumen zu segnen. Eileen Hannigan wurde zum dritten Mal in der Nacht wach. Ihre Haare klebten feucht am Kissen und ihr Körper war nass. Sie wälzte sich auf die andere Seite, doch statt wieder einzuschlafen, öffnete sie die Augen und sah auf die Uhr.
»Verdammt, das ist nicht fair«, nuschelte sie und schlug die Bettdecke beiseite. Sie stand auf und ging ins Bad. Ihr Spiegelbild kam ihr vage bekannt vor, nur auf den ersten Blick fiel ihr beim besten Willen nicht ein, woher.
Verflucht! Eileen drehte den Wasserhahn, tauchte die Hände unter den Strahl und schöpfte etwas davon, um es sich ins Gesicht zu spritzen. Es half nicht viel. Kurzerhand stieg sie in die Duschkabine, zog die Tür hinter sich zu und begann mitten in der Nacht zu duschen.
Als sie in ein Handtuch gewickelt wieder in den Schlafraum zurückkehrte, fiel ihr Blick auf den kleinen, geöffneten Kasten auf dem Schreibtisch. Die Spritze. Die Dose mit den Tabletten.
Sie erinnerte sich an ihre Träume. Bilder von grünem Schaum und Schleim stiegen vor ihrem inneren Auge auf. Sie watete durch eine gallertartige Masse und kam nicht von der Stelle.
Eileen presste die Lippen aufeinander. Sie stand vor dem Schreibtisch und verfolgte ohnmächtig mit, wie sie ihre Hand nach der Spritze ausstreckte. Das kühle Glas des Tubus verursachte ein Kribbeln auf ihrer Haut. Ihre Finger fuhren die Röhre entlang bis zum verchromten Griff des Kolbens. Ihr Atem ging schneller. Ihr Puls begann zu rasen. Eileen bekam plötzlich keine Luft mehr. Irgendetwas in ihr drängte sie, die Spritze aus der Einfassung im Karton zu nehmen.
Eileens Augen weiteten sich. Sie hielt das medizinische Instrument in der Hand. Ihr Blick schweifte darüber, als versuche er, Fehler in der Präzision des Gerätes zu entdecken. Während sie auf die Spritze starrte, griff ihre andere Hand nach der Ampulle, balancierte sie um die Finger und hielt sie dann so, dass sie direkt über der Kanüle zum Ruhen kam. Eileen stach die Nadel durch die Membran und zog die Spritze auf.
Ihr Blick wurde von der tropfenden Kanüle wie magisch angezogen. Sie drückte den Kolbengriff und stieß die Luftblase hinaus. Dann schluckte sie.
Meine
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