Kalte Spuren (German Edition)
Hintergasse lag der Anzugträger reglos auf dem Boden. Eileen stieg die Leiter hinunter, lief zu dem Mann und sah den dunkelroten Fleck auf seinem Sakko, der sich noch weiter ausbreitete. Seine Augen waren vor Schreck weit aufgerissen und starrten leer in den Himmel.
Von Gwendolyn Stylez keine Spur.
Weiteres Sirenengeheul.
Irgendwo quietschten Reifen. Türen wurden zugeschlagen. Hektische Stimmen.
Eileen rannte bis zum Ende der Gasse und sah nach Süden.
Der Weg führte zurück zur Downtown Mall. Dann blickte sie nach Norden in Richtung der Market Street, der nächst größeren Hauptstraße.
Es ging alles so schnell, dass Eileen nicht sicher war, ob das, was sie sah, wirklich so geschah, wie sie es wahrnahm. Ein blonder Haarschopf verschwand in einem Van. Die Tür wurde zugeschoben und rastete ein. Eine Frau in dunkler Kleidung und mit langem, braunem Haar sprang in das Fahrzeug, das gleich darauf mit durchdrehenden und kreischenden Reifen anfuhr, auf die Market Street bog und sich nach Osten in den Verkehr einreihte.
Außer Sicht. Verschwunden. Eileen fluchte innerlich und überlegte, ob sie den Cayenne noch für eine Verfolgung nutzen könnte, als ihr ein scharfes Klicken direkt hinter ihr die Entscheidung abnahm.
»Keine Bewegung. Polizei!«
Eileen hob langsam die Hände und wagte es nicht, sich umzudrehen. Ein ängstlicher oder schießwütiger Cop konnte rasch alles zunichtemachen.
»Lassen Sie die Waffe fallen!« Seine Stimme war energisch, aber ruhig und beherrscht. Er würde nicht in Panik verfallen, wenn sie eine falsche Bewegung machte.
Er würde sie erschießen.
Eileen ließ den Griff der Heckler & Koch los, sodass die Waffe nur am Bügel um ihren Zeigefinger baumelte. Dann rutschte sie davon herunter und fiel zu Boden.
»Die Hände auf den Rücken!«
»Sie haben die Falsche«, sagte Eileen, gehorchte allerdings der Anordnung. Nur einen Lidschlag darauf schnappten kalte Stahlringe um ihre Handgelenke. »Ich bin Bundesagentin beim FBI .«
»Sicher«, sagte der Polizist, packte sie an der Schulter und bugsierte sie die Gasse in Richtung Downtown Mall. Er machte nicht einmal den Versuch, sie umzudrehen und ihr ins Gesicht zu blicken.
»Ich bin Special Agent Cathryn Richardson. Sie finden meinen Dienstausweis in meiner linken Jackeninnentasche.«
Zwei Uniformierte kamen aus der Main Street mit gezogenen Waffen auf sie zugelaufen. Sie hielten Eileen in Schach, während der Cop, der sie gefangen genommen hatte, ein paar Schritte zurückging und ihre Waffe aufhob. Dann trat er endlich in ihr Blickfeld. Er war einen Kopf größer als sie, schlank mit kurzem, braunen Haar und Geheimratsecken. Sein Blick verriet, dass er nicht älter als fünfunddreißig sein konnte. Er trug Jeans und eine Bomberjacke.
»Würden Sie sich jetzt bitte meinen Ausweis ansehen, Detective!«, sagte Eileen. »Sie behindern eine Bundesagentin in Ausübung ihrer Pflicht.«
Sein Mundwinkel zuckte. Offenbar lag ihm eine spitze Bemerkung auf der Zunge. Doch er sagte nichts, sondern griff tatsächlich in Eileens Jackentasche. Dabei streifte er mit seiner Hand ihre Brust, anscheinend unabsichtlich, denn er zuckte kurz zusammen. Er fischte das aufklappbare Lederetui aus der Jacke und warf einen Blick auf den Plastikausweis hinter der Klarsichttasche. Seine Stirn umwölkte sich.
»Also schön, Special Agent Richardson«, sagte er und atmete tief durch. »Sie wissen, dass ich Ihre Identität überprüfen muss. Nach der Schweinerei im Lokal kann ich Sie nicht einfach gehen lassen, nur weil Sie mir diesen Ausweis gezeigt haben.«
Eileen seufzte. Es hatte keinen Zweck, mit ihm zu diskutieren. Außerdem brauchte niemand zu wissen, dass Mrs Stylez involviert und entführt worden war. Das würde nur zu viele Fragen aufwerfen, die Eileen nicht beantworten konnte oder wollte. Eine von ihnen nagte ganz besonders in ihrem Kopf. Wer hatte Gwen Stylez gekidnappt? Der Tote in der Gasse bewies, dass es noch eine zweite Partei geben musste, denn sie glaubte nicht, dass Stylez den Mann erschossen hatte.
Der Reihe nach …
Eileen ließ sich von den Polizisten zu dem nächstgelegenen Streifenwagen auf der Promenade abführen. Ihr Blick wanderte zu dem Porsche Cayenne, der noch immer mit verbeulter Seite an dem Laternenpfosten vor dem Café stand. Der Laptoprucksack befand sich auf dem Rücksitz. Im Kofferraum lag die Reisetasche mit frischen Kleidungsstücken. Die waren ersetzbar. Die Daten auf dem Computer nicht.
»Was ist mit meinem Wagen?«,
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