Kalte Spuren (German Edition)
geschah so unglaublich schnell, dass Eileen beinahe ihre Chance verpasst hätte, doch ihre antrainierten Reflexe ließen sie im entscheidenden Moment nicht im Stich.
Lloyd wirbelte vom Beifahrersitz herum und drückte den Abzug seiner entsicherten Waffe durch. Mit einem schallgedämpften Ploppen jagte er Fitzgerald eine Kugel in den Schädel. Eileen nutzte die Gelegenheit und rammte ihren Ellbogen gegen Callahans Kehle, der röchelnd aufstöhnte. Im selben Moment verriss der Fahrer das Lenkrad. Ein Ruck ging durch den Wagen und er schlingerte von der Fahrbahn. Die plötzliche Bewegung rettete Eileen das Leben, denn der zweite Schuss Lloyds bohrte sich nur wenige Millimeter neben Eileens Kopf in die Rückenlehne der Sitzbank.
Eileen bekam den Griff von Fitzgeralds Waffe zu fassen und riss sie aus dem Hüftholster des Mannes. Ehe Lloyd ein drittes Mal feuern konnte, durchschlugen drei Geschosse den Sitz und zerfetzten Lloyds Oberkörper auf der anderen Seite. Blut spritzte zum Fahrzeughimmel hinauf. Der Fahrer brüllte, wollte bremsen, trat in der Panik jedoch das Gaspedal. Holpernd donnerte der Enclave eine Böschung von der Monacan Trail Road hinunter direkt in den Wald hinein. Ein Baum stoppte abrupt ihre Schussfahrt. Eileen, der blau angelaufene Callahan und Fitz’ Leiche knallten gegen die Rückenlehnen der Vordersitze. Die Airbags zündeten während des Aufpralls und begruben den Fahrer und Lloyds toten Körper in einem Weiß aus Plastik und Luft.
Eileen stemmte sich von dem Sitz ab, kletterte über Fitzgeralds Körper und stieß die Tür auf. Sie brachte ein Magazin an sich und rannte los. Nach zwei Metern rutschte sie aus, stürzte und rollte die Böschung weiter hinunter. Oben erklang das Schlagen von Türen. Dann Stimmen. Sie hatte Callahan nicht hart genug getroffen. Er war nicht einmal außer Gefecht.
Ein Schuss peitschte. Dann ein dumpfer Aufprall.
Der Fahrer.
Anscheinend waren er und Fitzgerald tatsächlich Bundesagenten gewesen, während Callahan und Lloyd für die Generäle arbeiteten.
Eileen rannte weiter durch das Unterholz.
Sie hielt sich am Fuß der Böschung und sah nach oben durch die Baumwipfel. Der Himmel dazwischen war beinahe schwarz, nur noch ein Restglimmen der bereits untergegangenen Sonne zeichnete sich schwach ab. Zu wenig, um sich zu orientieren. Und zu bewölkt, um Sterne oder Mond sehen zu können. Eileen stolperte durch das Dickicht. Mehr als einmal peitschten ihr Zweige ins Gesicht und hinterließen blutige Striemen und Schrammen. Als sie glaubte, weit genug von der Unfallstelle fort zu sein, blieb sie stehen, schöpfte kurz Atem und begann, die Böschung hinaufzuklettern. Aus den Augenwinkeln nahm sie ein Licht wahr. Sie sah in die Richtung und bemerkte ein Schimmern zwischen den Bäumen. Sie wusste einzig, dass sie sich irgendwo südlich von Charlottesville in einem riesigen Waldgebiet befand, durch das die US-29 durch mehrere kleinere Orte über Amherst nach Lynchburg führte. Auf dem Weg waren sie an mehreren Stichstraßen, die nördlich und südlich der Straße in den Wald führten, vorbeigefahren. Eileen vermutete, dass es sich dabei um Privatstraßen handelte, die jeweils zu einem Anwesen oder einer Farm führten. Möglicherweise sah sie nun das Licht eines solchen Grundstücks. Statt weiter die Böschung hinaufzukraxeln, änderte sie den Kurs und hielt auf den Schein zwischen den Bäumen zu. Es war so gut wie unmöglich, in der aufziehenden Dunkelheit keine Geräusche zu verursachen. Unter ihren Füßen knackten Zweige und Äste, raschelte Herbstlaub, und hin und wieder stieß Eileen gegen einen Baum, der sich plötzlich schemenhaft vor ihr auftürmte und den sie nicht mehr rechtzeitig sehen, geschweige denn ihm ausweichen konnte.
Sie trat auf eine Lichtung hinaus und blieb stehen. Angestrengt lauschte sie in die Dunkelheit hinein.
Das Rufen eines Uhus. Grillenzirpen. Hier und da vorbeifahrende Autos auf der US-29. Leise Stimmen aus der Richtung des Anwesens.
Sie konnte keine verräterischen Laute hinter sich hören. Offensichtlich war Callahan ihr nicht gefolgt. Vielleicht musste er auch immer noch nach Luft ringen, wenn ihr Stoß gegen seinen Kehlkopf effektiv gewesen war.
Eileen schob das Ersatzmagazin der Pistole in ihre Jackentasche und warf einen kurzen Blick auf die Waffe selbst. Im Lichtschein erkannte sie das Fabrikat. Eine Beretta 92, neun Millimeter, fünfzehn Schuss im Magazin. Drei davon bereits in Lloyds Brustkorb. Nicht gerade ihre Wahl, aber sie
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