Kalte Wut
Ihnen etwas abnehmen«, sagte sie zu ihm.
Marier gab ihr ein in Kunststoffolie eingeschlagenes Instrument mit einem langen Stiel und sagte, sie sollte aufpassen, daß die runde Scheibe am Ende des Stiels nicht irgendwo aneckte. Die Fahrstuhltür ging auf, und Tweed marschierte eilig durch die von Leuchtstoffröhren erhellte Höhle auf die Stelle zu, an der Mariers Renault stand.
»Rühren Sie den Wagen nicht an!« rief Marier.
Tweed erstarrte. Marier legte sein Gepäck ab, darunter einen großen, wurstförmigen Segeltuchbehälter. Er nahm Paula das lange Paket ab und entfernte die Kunststoffolie. Zum Vorschein kam ein großer Spiegel am Ende eines ausziehbaren Griffes. Er zog ihn auf ganze Länge aus.
»Ich überprüfe den Wagen auf eine Bombe«, erklärte er Tweed.
»Zieht euch alle so weit wie möglich zurück. Und ich wundere mich über Sie, Tweed. Sie hätten vorsichtiger sein müssen.«
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Tweed. »Das war sehr dumm von mir.«
Er hatte kaum ausgesprochen, als ein großer schwarzer Mercedes in die sonst leere Tiefgarage brauste. Es saß nur ein Mann darin, Gulliver. Er kam schlitternd zum Halten, stieg aus, sah Paula, die ihren Browning auf ihn richtete, und neben ihr Philip mit seiner Walther in der Hand.
»Nicht schießen!« rief Gulliver. »Ich bin unbewaffnet. Steigen Sie nicht in diesen Wagen. Es könnte eine Bombe an ihm angebracht sein.«
»Das ist Gulliver«, flüsterte Paula Marier zu. »Und damit ist auch Ihre Deckung im Eimer. Und was in aller Welt geht da vor?«
Tweed war verschwunden, bevor Gulliver ihn sehen konnte. Es war Marier, der den birnenförmigen Mann anrief.
»Sie können herkommen. Ich untersuche Sie auf Waffen, dann sehen wir uns den Wagen gemeinsam an. Einverstanden?«
»Einverstanden«, stimmte Gulliver hastig zu.
Dann bot sich Paula ein außerordentlicher Anblick. Marier schob den Spiegel unter den Renault, während Gulliver neben ihm hockte und in den Spiegel schaute.
»Da ist etwas, das nicht da sein sollte«, sagte Gulliver. »Wenn Sie den Spiegel halten, krieche ich unter den Wagen und sehe es mir genauer an. Ich bin Sprengstoffexperte – war früher einmal Manager in einem Steinbruch …«
»Nein, Sie treten zurück. Philip, Sie kommen her und halten den Spiegel, während ich mir das Ding ansehe.«
Bevor er sich unter den Wagen schob, holte Marier eine Zange aus einer kleinen Werkzeugtasche, die er immer bei sich trug.
Dann kam er, auf dem Rücken rutschend, nach nur ein paar Minuten wieder zum Vorschein. In einer Hand hielt er etwas, das aussah wie eine dünne Metalldose, und in der anderen einen Gegenstand, der einer Patronenschachtel ähnelte.
»Wir sind Ihnen sehr verbunden, Mr. Gulliver«, sagte er liebenswürdig. »Dies hätte alle Insassen des Wagens in die Luft fliegen lassen. Wieso haben Sie so etwas vermutet?«
»Wir haben Kontakte«, erklärte Gulliver, zu seiner normalen, bombastischen Art zurückkehrend. »Eine Bande von Terroristen hält sich gegenwärtig in München auf. Sagen Sie Mr. Tweed, wenn Sie ihn sehen, daß Mr. Walvis sehr daran gelegen ist, daß ihm nichts passiert.«
»Wird gemacht. Und jetzt sollten Sie verschwinden …«
In Mariers Stimme lag eine Schärfe, die Gulliver veranlaßte, zurückzuweichen, sich schleunigst zu seinem Wagen zu begeben und die Garage zu verlassen. Marier überprüfte schnell ihre anderen Wagen – die BMWs, die Philip und Newman fuhren, den roten Mercedes von Nield und Butlers Citroen. Er fand nichts.
»Was in aller Welt geht da vor?« fragte Paula, als Tweed hinter einer Säule auftauchte. »Und den Zug nach Salzburg werden wir vermutlich verpassen.«
»Nicht, wenn wir sofort losfahren«, erwiderte Tweed. »Sie wissen ja, ich kalkuliere immer reichlich Zeit ein, wenn ich einen Zug oder ein Flugzeug erreichen will.«
Marier fuhr sie zum Hauptbahnhof, und zum Glück herrschte jetzt, am frühen Nachmittag, nur relativ wenig Verkehr. Philip saß neben Marier, Paula und Tweed hatten sich auf den Rücksitzen niedergelassen. Paula drehte sich zu Tweed um und versuchte gereizt ihr Glück noch einmal.
»Ich verstehe einfach nicht, weshalb Gulliver plötzlich auf unserer Seite zu sein schien.«
»Das ist er nicht. Ich vermute, er hat die Bombe selbst angebracht und war im Begriff, mit seiner Arbeit an den anderen Wagen zu beginnen, als er angewiesen wurde, sich zu melden. Er ließ seine Wagentür offen, und ich habe gesehen, daß er ein Handy hatte. Ich nehme an, er hat aus
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