Kalte Wut
und ließ dann den Griff der Walther, die er in der Rechten hielt, mit aller Kraft auf den Schädel des Mannes niedersausen. Er spürte die Vibration dieses Schlages in seinem ganzen Arm. Der Wachmann sackte zusammen, ohne einen Ton von sich zu geben, stürzte auf die Schienen, lag still.
»Wir ziehen uns ihre Mäntel an und setzen die Mützen auf«, befahl Nield. »Danach sehen wir uns drinnen um. Ziehen Sie die Leichen in die Nische dort. Und nehmen Sie Ihren Rucksack unter den Arm …«
»Beeilt euch gefälligst. Ein bißchen dalli, Leute. Wir haben nur eine kurze Stunde und eine Menge Stoff zu bewältigen. Ehe ihr euch verseht, seid ihr schon unterwegs nach Sussex, in die Midlands, nach Yorkshire und London …«
Nield und Butler, jetzt in Soldatenmänteln und Mützen mit tief in die Stirn gezogenen Schirmen, blieben verblüfft stehen. Die näselnde Stimme, die sie hörten, sprach in einem Tonfall, wie man ihn gelegentlich in der englischen Oberschicht hört.
Als sie auf dem mit Parkett belegten Gang, der durch ein tiefliegendes Gleis geteilt wurde, um eine Ecke bogen, sahen sie eine große Gruppe von Männern und Frauen, die ein paar Stufen abwärts in einen großen Raum wanderten. Über dem Eingang stand das Wort
England.
Einige von ihnen trugen Freizeitkleidung, andere Anzüge.
»Warten Sie hier auf mich«, sagte Nield. »Ich mische mich unter sie.«
Wie um die Möglichkeit, daß er unentdeckt bleiben würde, zu bestätigen, hörte er den dünnen, fast kahlköpfigen Mann mit der näselnden Stimme rufen.
»Wir haben heute keine Zeit, euch beim Hinein- und Hinausgehen abzählen zu lassen. Wir müssen uns beeilen«, drängte der Dozent, der einen Pullover und eine ausgebeulte Hose trug.
Nield trug immer einen Anzug, der zum Vorschein kam, nachdem er sich seiner übrigen Kleidungsstücke entledigt und sie Butler übergeben hatte. Butler starrte ihn fassungslos an, während er seine Krawatte zurechtrückte.
»Sie sind wahnsinnig …«
»Unter diesen Leuten werde ich nicht auffallen. Wir treffen uns dann weiter unten, in der Nähe des Eingangs. Verstecken Sie diese Uniform und den Rest meiner Sachen. Ich muß herausfinden, was hier vor sich geht – etwas höchst Merkwürdiges …«
Er kam gerade noch rechtzeitig, um sich den letzten vier Leuten anzuschließen, die die Stufen hinuntergingen. Zwei von ihnen waren Frauen. Er ging neben einer kleinen, dicklichen Frau her, die einen Paisley–Pullover und einen Faltenrock anhatte.
»Lassen Sie uns nachher ein Glas zusammen trinken, damit wir uns besser kennenlernen können. Wenn wir Zeit dazu haben. Und wenn nicht, dann nehmen wir sie uns einfach.«
»Ist es das, was Männer in England mit Frauen machen?« fragte sie mit einem starken Akzent.
»Nach allem, was ich so gehört habe, werden Sie überrascht sein, was Männer in England mit Frauen machen …«
Sie kicherte, als sie den Raum betraten, der mit einem Podest für den Dozenten an einem Ende aussah wie ein Hörsaal. Nield führte die Frau zu einigen leeren Sitzen im Hintergrund.
»Ihnen ist bekannt, wo Sie von See her in England eintreffen werden«, begann der Dozent von seinem Podest aus. »Die meisten von ihnen werden, wie Sie wissen, in der Nacht in East Anglia an Land gehen, aber andere, wie Ihnen gleichfalls mitgeteilt wurde, in Dorset an der Südküste, wo Sie in Empfang genommen werden. Irgendwelche Fragen?«
Nield sah, wie ein Mann den Arm heben wollte, und ließ seinen eigenen hochfahren. In dem Raum befanden sich mindestens fünfzig Leute, und als er seine Frage stellte, war er von einem sehr dicken Mann halb verdeckt.
»Angenommen, es geht etwas schief, und einige von uns, werden nach der Landung nicht abgeholt? Können wir in Deckung gehen und dann am Morgen ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen? Einen Bus oder so etwas?«
»Ah«, erwiderte der Dozent, »wir haben jemanden hier, der mitdenkt. Natürlich können Sie, wenn Ihre Kontaktperson nicht auftaucht, jede Möglichkeit benutzen, um ihren Bestimmungsort zu erreichen. Ihnen allen ist gesagt worden, wo Sie hinzugehen haben, das Codewort, das Sie benutzen müssen. Ein Bus wäre ideal, aber ich rate dringend davon ab, einen Autofahrer herzuhalten und ihn zu bitten, Sie mitzunehmen. In England werden heutzutage so viele Verbrechen begangen, daß die Leute sich nicht getrauen, für Fremde anzuhalten. Sie könnten Sie sogar bei der Polizei anzeigen. Nächste Frage …«
Während andere Fragen stellten, betrachtete Nield grimmig die
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