Kalte Wut
ein großer Coup, zumal das Hauptziel von Sturmflut England ist.«
»Wieso gerade England?« fragte Gulliver, dessen Selbstsicherheit zunahm, nachdem Martin in Ungnade gefallen war.
»Sie sollten sich ein bißchen mit der Geschichte beschäftigen, Gulliver.« Walvis lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die dicken Arme über der Brust. »In zwei Weltkriegen haben die Amerikaner geholfen, den Westen zu retten. Vor allem im Zweiten Weltkrieg, in dem England die eigentliche Basis für ihre Truppen war. Aber diesmal wird das Land nicht verfügbar sein. Gulliver, haben Sie alle erforderlichen Vorbereitungen getroffen?«
»Ja, Sir.« Gulliver sah auf die Uhr. »Die Meldung, daß drei der elf Regional Controllers umgebracht worden sind, kann jede Minute eintreffen. Aber wenn ich noch einmal auf das Thema zurückkommen darf – halten Sie ein Zusammentreffen mit Tweed für klug?«
»Ich habe mich dazu entschlossen. Im Augenblick läßt er mich noch in der Luft hängen und sagt nicht, wann und wo wir uns treffen können. Das gefällt mir nicht. Aber vor allem beschäftigt mich die Ankunft dieser großen und überaus wichtigen Waffenladung in Passau. Wie Sie wissen, brauchen wir das Zeug, um die Unmengen von Flüchtlingen zu bewaffnen, die nur darauf warten, über die Oder-Neiße-Linie nach Deutschland sowie nach Österreich und Italien und anschließend nach Frankreich einzuströmen. In der Zwischenzeit haben wir England unter unsere Kontrolle gebracht, und damit ist der europäische Kontinent in einer riesigen Zangenbewegung eingeschlossen.«
»Besteht nicht die Gefahr, daß die Flüchtlinge Amok laufen?« fragte Gulliver.
»Nein. Sie werden von dem kleinen Heer von Anführern aus verschiedenen Nationen dirigiert, die wir in den Bergen in der Nähe der tschechischen Grenze ausgebildet haben. Weil ich ein Genie bin, habe ich vorhergesehen, daß der Strom von Flüchtlingen ohnehin gekommen wäre – aber dadurch, daß ich sie für meine eigenen Zwecke einspanne, werde ich als ein Mann in die Nachwelt eingehen, der den Lauf der Geschichte verändert hat …«
Östlich von Grafenau, das sie umfahren hatten, saß Butler mit Nield neben sich am Steuer des Citroen. Sie befanden sich auf einer Straße, die hoch in die Berge hinaufführte.
»Ich hoffe, diese Wolken senken sich nicht noch tiefer herab«, sagte Nield, aus dem Fenster schauend. »Sonst stecken wir im Nebel.«
»Also müssen wir vorher herauszufinden versuchen, was vor sich geht …«
Butler hatte kaum ausgesprochen, als Nield seinen Arm ergriff und nach links zeigte, wo eine Felswand steil abfiel. Am Eingang einer Höhle stand eine uralte Lore, eine von der Art, wie sie früher zum Transportieren von Kohle unter Tage benutzt wurden, und aus der Höhle führten zwei rostige Schienen heraus.
»Das müssen wir uns näher ansehen«, beschloß Nield.
Butler stellte den Wagen hinter einem riesigen Felsbrocken ab, deckte die Haube mit einer Plane zu und hievte sich einen schweren Rucksack auf den Rücken. Als Nield den Rucksack anstarrte, grinste er kurz.
»Der sieht ziemlich schwer aus. Wird er Sie nicht behindern?« fragte Nield.
»Sie haben offenbar vergessen, daß ich früher in einem Kohlebergwerk gearbeitet habe. Dieser Rucksack ist federleicht.«
»Und was ist darin?«
»Oh, eine Menge kleine Sächelchen, die sich als nützlich erweisen könnten. Quecksilber-Kipp-Detonatoren, andere Typen von Detonatoren, Zeitzünder und genügend Semtex, um die Hälfte dieses Berges hier in die Luft zu jagen. Marier war großzügig mit dem Material, das er in Berg besorgt hat.«
»Dann also los …«
Es war nirgends eine Menschenseele zu sehen, als sie sich der alten Lore und dem Gleis näherten, das in den Berg hineinzuführen schien. Als sie die Lore erreicht hatten, die leer war, runzelte Nield die Stirn.
»Etwas ist merkwürdig hier. Sehen Sie sich diese Fahrspuren im Schnee an. Sie sind ziemlich neu und führen bis dicht an den Eingang zu dieser Höhle heran.«
»Aufgegebener Salzstollen. Davon haben wir gehört.«
Butler bückte sich und benutzte seine behandschuhte Hand, um ein Stückchen hinter dem Eingang den Schnee von den Schienen zu wischen. Sie waren keineswegs verrostet, sondern sahen sehr neu aus. Er richtete sich auf.
»Irgend etwas stimmt hier nicht. In den letzten Tagen sind noch Loren auf diesen Gleisen gefahren. Dieser Stollen wird für irgend etwas benutzt.«
»Dann wollen wir uns drinnen ein bißchen umsehen, aber vorsichtig
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