Kalte Wut
Palewski war?«
»Das habe ich die Kellnerin auch gefragt. Durch den Paß in seiner Tasche. Die Polizei wollte wissen, ob die Kellnerin seinen Namen kannte, aber sie kannte ihn nicht. Er war lediglich ein Stammgast, der morgens oft und immer um die gleiche Zeit auf eine Tasse Kaffee hereinkam.«
»Wahrscheinlich war es nicht mehr als eine halbe Stunde«, sagte Tweed mit einem Ton tiefsten Bedauerns. »Höchstens eine halbe Stunde – zwischen unserem Weggang und Teardrops Erscheinen. Wenn wir länger geblieben wären und sie uns mit ihm zusammen gesehen hätte, wäre sie vermutlich wieder gegangen. Wenn er gleich nach uns gegangen wäre, wäre er vermutlich noch am Leben.«
»Das Leben ist voll von ›Wenns‹«, sagte Paula mitfühlend.
Derartige Worte hatte sie von Tweed bisher nur selten gehört.
Er war ein Mann, für den nur Realitäten zählten. Er akzeptierte, was geschehen war, lernte daraus und machte weiter. Vielleicht hatte er ihre Gedanken gespürt.
»Wir müssen jetzt weitere Aktionen in die Wege leiten und Mr. Walvis einheizen. Butler, in München haben Sie zusammen mit Nield Walvis’ Zentrale überwacht. Während Nield Martin gefolgt ist und das Versteck in dem Bauernhaus entdeckt hat, sind Sie später Gulliver zu einem großen, scheinbar halbverfallenen Lagerhaus in einer heruntergekommenen Gegend am Stadtrand von München gefolgt. Sie sagten, Sie hätten seine Lage auf einer Karte eingezeichnet.«
»Stimmt«, sagte Butler.
Er schob eine Hand in die Tasche, zog eine zusammengefaltete Karte heraus, breitete sie auf dem Tisch aus und zeigte auf ein Kreuz.
»Genau an dieser Stelle steht das Lagerhaus.«
»Das, wie Sie berichtet haben, ungeachtet seines verfallenen Aussehens mit modernen Alarmanlagen versehen ist.«
»Wie eine Festung.«
»Und Sie«, sagte Tweed, sich an Philip wendend, »sind Martin zusammen mit Nield zu Walvis Bauernhaus gefolgt. Bestimmt hat auch einer von euch beiden die Stelle auf einer Karte markiert.«
»Das hat Pete getan«, erklärte Philip. »Aber Pete und ich haben uns vor kurzem noch einmal über diesen Ausflug unterhalten, und er hat mir die Karte gegeben. Hier ist sie.«
Er breitete sie auf einem anderen Tisch aus und deutete auf einen kleinen Kreis.
»Gut«, sagte Tweed. »Damit können wir dem Feind einen weiteren schweren Schlag versetzen. Ich werde versuchen, Kuhlmann zu erreichen. Er ist vermutlich entweder in Wiesbaden oder in Bonn. Wenn ich ihn am Apparat habe, werde ich den Hörer zuerst Ihnen, Butler, und danach Philip übergeben. Können Sie beide – mit Hilfe dieser Karten – Kuhlmann exakt beschreiben, wo sich das Lagerhaus und das Bauernhaus befinden?«
»Ja«, sagte Butler.
»Kein Problem«, sagte Philip.
»Und danach möchte ich, daß wir die Ereignisse der letzten Zeit noch einmal zusammen durchgehen. Ich hoffe, einen Hinweis auf die Identität von Teardrop zu finden.«
Als Tweed sich am Telefon niederließ, um das Bundeskriminalamt in Wiesbaden anzurufen, erklärte Newman, er wollte hinuntergehen und sich im Foyer des Hotels umsehen.
Tweed fragte ihn, warum.
»Um mich zu vergewissern, daß sich hier keine von Mr. Walvis’ netten Freunden herumtreiben.«
»Ich komme mit«, sagte Paula und sprang auf »Sie könnten jemanden brauchen, der Sie beschützt«, bemerkte sie und lächelte boshaft über den Ausdruck auf Newmans Gesicht.
Tweed hatte Mühe, in Wiesbaden die richtige Person an den Apparat zu bekommen, Kuhlmanns Stellvertreter. Nachdem er sich ausgewiesen hatte, sagte ihm der Mann, daß Kuhlmann nicht da wäre. Er wäre früher am Tage nach München geflogen und in der dortigen Polizeizentrale zu erreichen. Er gab Tweed die Nummer.
Auch in München dauerte es eine Weile, bis er endlich zu Kuhlmann durchgestellt worden war. Es war eine Erleichterung, die vertraute Stimme zu hören und zu wissen, daß er in München war. Er wies ihn darauf hin, daß er von einem Hotel in Österreich aus anrief.
»Hier spricht die Polizei«, donnerte Kuhlmanns Stimme. »Ich glaube, in der Telefonzentrale hört jemand mit. Sollte das der Fall sein, wird die betreffende Person binnen einer Stunde hinter Gittern sitzen …«
Er wartete, und Tweed, der die Taktik verstand, verhielt sich still. Kuhlmann wartete auf eine verbale Reaktion oder, was wahrscheinlicher war, ein Klicken in der Leitung. Es kam nichts, weder Worte noch ein Klicken.
»Okay«, bellte Kuhlmann, wieder zum Englischen zurückkehrend. »Was kann ich für Sie tun?«
Tweed
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