Kalte Wut
fragte Philip.
Mit zusammengepreßten Lippen und knirschenden Zähnen studierte er das Areal mit Hilfe der Lupe, und zwar wesentlich länger, als Tweed es getan hatte. Dann gab er Paula die Stickerei zurück. Sie schob sie wieder in ihre Plastikhülle und verstaute diese dann in ihrer Tasche.
»Ich glaube, das ist tatsächlich Walvis’ Fluchtweg«, erklärte Philip. »Und da er Walvis ist, hat er natürlich vorgesorgt. Wenn es sich irgendwie einrichten läßt, werde ich mir dieses Cottage ansehen, sobald wir angekommen sind.«
»Es kann sein, daß wir nicht viel Zeit haben«, warnte Tweed.
»Ich werde mir die Zeit nehmen. Ich wollte, dieser Wagen führe ein bißchen schneller.«
»Das kann er«, rief Newman über die Schulter, der der Unterhaltung gefolgt war. »Aber dann wären Sie nicht imstande gewesen, sich diese Karte genau anzusehen – und das, was Paula darauf entdeckt hat, könnte von ausschlaggebender Bedeutung sein.«
»Es ist durchaus möglich, Philip«, sagte Tweed leise, »daß wir es in erster Linie Ihrer Frau zu verdanken haben, wenn wir den größten Schurken zur Strecke bringen, mit dem wir es je zu tun hatten – eine noch größere Bedrohung für Europa als Hitler.«
Philip nickte nur und starrte weiter wie gebannt geradeaus.
Hinter dem Mercedes waren seit London zwei Fords hergefahren. In jedem saßen vier schwerbewaffnete Männer, die Tweed aus dem Ausbildungszentrum in Send in Surrey herbeibeordert hatte. Und hinter ihnen fuhren zwei Landrover, von je einem Mann gesteuert, Fahrzeuge, die vor dem Verlassen von Send in aller Eile eine Spezialausrüstung erhalten hatten.
Bei der Ankunft in Chichester fuhren sie sofort zum Dolphin and Anchor. Die vier Fahrzeuge, die mit ihnen angekommen waren, fuhren auf den städtischen Parkplatz. Alle Fahrer waren mit Handys ausgerüstet und mit Karten, auf denen die Route nach Bosham eingezeichnet war.
Es war noch immer hell. Newman stellte seinen Mercedes neben Mariers Rover ab. Paula sah auf die Uhr.
»In einer Stunde wird es dunkel, und gleichzeitig herrscht in Bosham Ebbe.«
»Genau die Umstände, mit denen ich gerechnet habe«, sagte Tweed. »Also lassen Sie uns hineingehen und unsere Zimmer aufsuchen.«
Während Tweed sich mit der Frau an der Rezeption unterhielt, die ihn von seinem letzten Aufenthalt her wiedererkannte, warf Paula einen Blick in die Bar. Dann schlenderte sie durch das große Foyer, an dessen hinterem Ende sich die Bar befand. Sie war leer bis auf zwei Personen, die mit dem Rücken zu ihr an der Theke saßen. Marier und Lisa.
»Habt ihr beide Spaß miteinander?« fragte sie.
Lisa fuhr herum, wirkte überrascht, dann bedachte sie sie mit einem herzlichen Lächeln.
»Jetzt habe ich eine Rivalin um Mariers Aufmerksamkeiten.«
»Die Dame kann Unmengen von Alkohol vertragen«, erklärte Marier scheinbar entrüstet.
»Bei diesem Mann muß man auf der Hut sein«, sagte Lisa. »Ich habe um einen doppelten Scotch gebeten, und er hat mir heimlich einen dreifachen hingestellt. Ich habe den Verdacht, daß er irgendwelche Absichten verfolgt.«
»Aber es bringt nichts«, sagte Marier, noch immer scheinbar entrüstet. »Sie hat ihn mit zwei großen Schlucken hinuntergekippt. Und jetzt legt sie es darauf an, mich beschwipst zu machen.«
»Sind Sie allein hier?« fragte Lisa.
Was Paula verriet, daß sie Tweed und Newman nicht gesehen hatten, bevor sie sich in ihre Zimmer begaben. Und Philip auch nicht.
»Sieht so aus, oder?« erwiderte Paula.
»Dann könnten wir eine menage-á-trois veranstalten«, schlug Lisa mit einem verschmitzten Lächeln vor.
»Ich kann nur eine Frau auf einmal verkraften«, erwiderte Marier. »Wofür halten Sie mich? Casanova?«
»Immer, wenn Männer so reden, muß man ganz besonders aufpassen«, konterte Lisa. »Vielleicht könnten wir alle zusammen essen? Mit Unmengen von Champagner. Wir könnten sein Bankkonto leerräumen.«
»Tut mir leid«, sagte Marier. »Die Idee ist verlockend, aber ich bin mit meinem Anwalt verabredet.«
»Ich habe leider auch schon etwas anderes vor«, erwiderte Paula, bemüht, ihre Stimme bedauernd klingen zu lassen.
»Vielleicht ein andermal. Bleiben Sie ein paar Tage hier? In diesem Hotel, meine ich.«
»Wer weiß.« Lisa zuckte die Achseln. »Sie kennen mein Leben. Wenn New York anruft und sagt, steigen Sie in die nächste Maschine nach Tokio, dann tue ich es. Davon lebe ich schließlich. Aber wenn ich morgen noch hier sein sollte, könnten wir drei zusammen essen.«
»Und
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