Kalte Wut
Sie wohnen hier in diesem Hotel?« fragte Paula noch einmal.
»Nein. Im Ship, an der North Street. Falls dort noch ein Zimmer frei ist. Aber vielleicht bleibe ich auch hier. Ich hinterlasse an der Rezeption eine Nachricht für Sie, Paula.«
»Ich muß jetzt los«, sagte Marier. »Bis später.«
»Und ich muß etwas besorgen, solange die Läden noch offen sind«, sagte Paula.
»Wir sehen uns wieder, da bin ich ganz sicher«, erklärte Lisa beiden.
Paula wartete, bis Lisa nach kurzem Verweilen an der Rezeption das Hotel verlassen hatte. Marier hatte nach einer Zeitschrift gegriffen und darin anscheinend etwas gefunden, das ihn interessierte, und Paula trat an die Rezeption.
»Wohnt eine Lisa Trent hier?« fragte sie.
»Ja«, sagte die Frau, »sie hat vor ein paar Stunden telefonisch ein Zimmer bestellt.«
»Lisa ist gerissen«, flüsterte Marier, während sie auf die Treppe zugingen.
»Miß Grey«, rief ihr die Frau an der Rezeption nach, »könnten Sie für einen Moment noch einmal herkommen? Ich hätte es beinahe vergessen. Bevor sie vor ein paar Minuten hinausgegangen ist, hat sie eine Nachricht für Sie hinterlassen.«
Paula holte die Nachricht ab, las sie und zeigte sie Marier, während sie die Treppe zu Tweed hinaufgingen. Er hatte ihr gesagt, daß er dasselbe Zimmer hätte wie bei ihrem letzten Aufenthalt in diesem Hotel.
Paula – alles war heute eine einzige Hetze. Ich bin eine Idiotin.
Ich habe hier telefonisch ein Zimmer bestellt, bevor ich aus London abgefahren bin. Ich muß völlig konfus gewesen sein!
Lassen Sie uns so bald wie möglich wieder zusammenkommen.
Gruß, Lisa.
Marier hob die Brauen und gab Paula die Nachricht zurück.
»Also ist sie nicht gerissen. Und das ist typisch Lisa. Schwirrt überall herum wie eine Libelle. Ich möchte wissen, was Tweed inzwischen bewerkstelligt hat.«
Tweed legte gerade den Telefonhörer auf, als sie an die Tür klopften. Er schloß erst auf, nachdem er gefragt hatte, wer davorstand. Als sie ihn sah, wußte Paula sofort, daß sich das Tempo beschleunigte. Er war in Hemdsärmeln, sein Jackett hing sorgsam zusammengefaltet über einer Stuhllehne.
»Ich habe Neuigkeiten für Sie«, sagte er, noch bevor sie sich setzen konnten. »Jill Seiborne hat ein Zimmer in diesem Hotel bezogen.«
»Allmählich herrscht hier ein ziemliches Gedränge«, bemerkte Paula. »Aber woher wissen Sie das? Wir kommen gerade aus der Bar.«
»Wo Sie sich mit Lisa Trent unterhalten haben. Ich habe Sie gesehen, bevor ich hier heraufkam. Was Jill betrifft – ich habe die Rezeption angerufen, sagte, ich wollte sie nicht stören, aber ob sie schon eingetroffen wäre. Sie sagten, sie wäre. Ist wahrscheinlich hereingeschlüpft, während Sie sich an der Bar amüsierten.«
»Was hat Sie zu der Nachfrage veranlaßt?« erkundigte sich Marier.
»Ich hatte gerade einen Anruf von dem Anführer der Mannschaft in den Wagen auf dem städtischen Parkplatz. Er berichtete, daß ihnen seit London eine dunkelhaarige Frau mit eng am Kopf anliegendem Haar in einem Vauxhall Cavaller gefolgt ist. Alles läuft bestens. Bis jetzt.«
»Was ist mit Rosa Brandt?« fragte Paula. »Nield müßte eigentlich inzwischen mit ihr hier sein.«
»Das ist er. Ich war in dem Zimmer, in dem sie festgehalten wird. Cheviot paßt auf sie auf.«
»Cheviot? Der Leiter des Ausbildungszentrums in Send? Er ist hier?«
»Er saß in einem der Wagen, die hinter uns hergefahren sind.
Er hat Nield abgelöst, den ich bei diesem Unternehmen dringend brauche.«
»Wie reagiert Rosa Brandt?«
»Überhaupt nicht. Sie hat auf der Fahrt mit Nield hierher kein Wort von sich gegeben. Ich habe eben selbst kurz mit ihr gesprochen. Alles, was sie sagte, war, daß sie gern später mit mir sprechen würde, unter vier Augen.«
»Das könnte gefährlich sein. Sie ist doch hoffentlich durchsucht worden?«
»Ja, von Nield. Er hat ihre Umhängetasche überprüft, noch bevor sie London verließen. Und ich habe mir in ihrem Zimmer hier den Inhalt ihres Koffers angesehen. Nirgends eine Waffe.«
»Und was ist mit Jill Seiborne?« fragte Paula. »Ich finde, es war eine ziemliche Unverfrorenheit von ihr, uns hierher zu folgen.
Ich könnte noch stärkere Worte gebrauchen.«
»Aber ich habe Ihnen doch gesagt, daß ich es genauso gewollt habe. Jetzt haben wir alle drei Teardrop-Verdächtigen hier in Chichester. Ich werde sie später nacheinander verhören.«
»Irgendwie ist es unheimlich – zu wissen, daß eine Frau, die so viele Menschen auf
Weitere Kostenlose Bücher