Kalte Wut
neben seinem Wagen angekommen war, öffnete er sein Fenster einen Spaltbreit.
»Sie versperren die Straße. Das ist illegal.«
Winters rechte Hand steckte ziemlich weit unten in seinem Regenmantel. Also ist er bewaffnet, dachte Marier. Ziemlich offensichtlich. Er lächelte breit.
»Tut mir leid, Sie zu belästigen, alter Freund, aber wir haben uns verirrt. Wissen Sie, wie man nach Bosham Hoe kommt? Wir versuchen, die Fähre zu finden, mit der man nach Itchenor übersetzen kann.«
»Da will ich auch hin«, sagte Winter rasch mit seiner ausdruckslosen Stimme. »Ich habe eine Karte, aber es ist nicht ganz einfach.«
»Dann lassen Sie uns einen Blick auf Ihre Karte werfen«, schlug Marier verbindlich vor.
Sie studierten die Karte gemeinsam, nachdem Winter sein Fenster vollständig geöffnet hatte. Die Tatsache, daß seine Hand aus dem Regenmantel herausgekommen war, sagte Marier, daß sein Bluff funktionierte. Er ließ Winter Bosham Hoe finden.
»Wunderbar. Hoffen wir, daß meine Freunde gut dort ankommen. Aber das werden sie vermutlich. Sie haben einen hervorragenden Lotsen.«
»Lotsen?«
»Kartenleser, alter Freund. Ich fahre voraus, Sie folgen mir.
Auf diese Weise kommt alles ins Lot …«
Marier behielt eine vernünftige Geschwindigkeit bei, bis er Bosham Hoe erreicht hatte. Winter war brav hinter ihm hergefahren. Marier sah plötzlich, daß Bosham Hoe der Öffentlichkeit nicht zugänglich war – es war eine Privatanlage mit ziemlich teuren Häusern.
»Für die noch ein paar Tausender für den Blick über den Channel aufgeschlagen worden sind«, dachte er. »Und bei schlechtem Wetter können sie den Ausblick nicht ertragen.«
Er bereitete sich darauf vor, Winter abzuhängen. Nachdem er eine scharfe Rechtskurve hinter sich gebracht hatte, sah er fünf »Zu verkaufen«–Schilder, Er fuhr jetzt parallel zu dem ein paar hundert Meter links von ihm verlaufenden Chichester Channel.
Wie Newman war Marier früher einmal Rennfahrer gewesen. Er umrundete eine weitere Kurve und wußte, daß er jetzt parallel zum Bosham Channel fuhr. Die Straße vor ihm war frei, keinerlei Verkehr, keine Menschenseele in Sicht.
Er gab Gas, und der Sierra schoß vorwärts wie eine Rakete. Der Tachometer stieg von 50 auf 60 und dann 70 Meilen pro Stunde …
»Das ist illegal«, sagte er laut, Winters ausdruckslosen Tonfall nachahmend.
In seinem Rückspiegel war der Citroen zu einem silberfarbenen Punkt verblaßt. Er raste um eine Kurve und hatte den Bosham Channel erreicht. Die Flut stand relativ hoch. Er warf einen Blick übers Wasser und sah den Turm der alten Kirche von Bosham.
Vor ihm hatte das Wasser die Straße bereits überspült. Er war gerade an einem Schild vorbeigekommen:
Bei dieser Straße muß mit Überflutung gerechnet werden.
»Nicht zu übersehen«, stimmte Marier zu.
Er rauschte durch das Wasser, wobei große Gischtfontänen aufspritzten. Ohne anzuhalten, erreichte er das Ende des Channel und fuhr auf Umwegen zurück nach Bosham.
»Mit ein bißchen Glück, mein Freund, bekommst du eine Portion Wasser in den Kühler. Vorausgesetzt, du hast den Mumm, die Durchfahrt zu versuchen …«
»Halten Sie an«, rief Tweed.
Newman verlangsamte die Fahrt. Sie waren noch ungefähr eine halbe Meile von dem Dorf Bosham entfernt und befanden sich gerade in einem bebauten Gelände, von dem rechts eine Straße nach Chichester abzweigte. An der Stelle, an der die drei Straßen zusammentrafen, befand sich ein großes, mit Gras bewachsenes Dreieck, und in der Mitte dieses Dreiecks stand ein Gasthaus mit einem Schild: The Berkeley Arms.
»Bob«, fuhr Tweed fort, »ist das nicht das Lokal, in dem Sie mehrmals gegessen haben, als Sie hier in dieser Gegend waren?
Geleitet von einer netten Frau, die sich hier bestens auskennt?«
»Ja, das ist es.«
»Dann schlage ich vor, daß wir auf einen Drink hineingehen und uns mit der Dame unterhalten. Leider können wir hier unsere Autos nirgends verstecken – für den Fall, daß es Marier nicht gelungen ist, Mr. Winter abzuhängen.«
»Doch, das können wir. Wir fahren durch den Nebeneingang dort. Hinter dem Lokal gibt es einen Parkplatz.«
»Ich habe eine Telefonzelle gesehen.« Paula war bereits halb aus dem Wagen. »Ich werde Monica anrufen und sie bitten, die Münchener Hotels zu überprüfen. Wenn es Shepherd’s Pie gibt, bestellen Sie für mich. Dieses kalte Wetter macht Appetit.« Sie seufzte.
»Was ist los?« fragte Tweed.
»Ich mußte gerade an den armen Philip denken.
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