Kalte Wut
– sie warteten auf Instruktionen. Paula fiel auf, daß Tweeds Miene nachdenklich, fast grimmig wirkte. Nachdem der Kaffee gekommen war, wendete er sich mit leiser Stimme an Marier.
»Ich habe die Nase voll von dieser Bande, wer immer dazugehören mag. Sie haben Jean Cardon umgebracht und den Motorradfahrer vor Philips Londoner Wohnung erschossen. Wir brauchen Informationen. Wenn Sie die Gelegenheit bekommen, sich Winter an einer abgelegenen Stelle noch einmal vorzuknöpfen, dann setzen Sie ihn unter Druck. Die wichtige Frage ist, für wen er arbeitet. Gehen Sie nicht zu sanft mit ihm um.«
»Was hat Sie elektrisiert?« fragte Paula, dann trank sie einen Schluck Kaffee.
»In der Kette sind einige Glieder zum Vorschein gekommen.
Ein Mann namens Martin mietet Amber Cottage. Beech, der Makler, sagt, daß ein Mann namens Gulliver, der für jemand anderen agiert, Cleaver Hall gekauft hat. Uns ist ein Ausländer namens Winter gefolgt – fraglos ein Falschname. Und jetzt sehen wir, wie Winter in Cleaver Hall verschwindet. Ja, es wird Zeit, daß wir mehr darüber herausfinden, wer hinter alledem steckt.«
»Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit?« erkundigte sich der Wirt, der an ihren Tisch trat, nachdem Tweed ausgeredet hatte.
»Hervorragender Kaffee – so einen bekommt man hierzulande nur selten«, versicherte Tweed ihm. »Oh, und vielleicht können Sie mir helfen. Ich bin von einem Konsortium beauftragt worden, das daran interessiert ist, ein Haus in dieser Gegend zu kaufen.
Und da ist mir Cleaver Hall aufgefallen.«
»Sie reden über Millionen.«
»Das würde keine Rolle spielen. Soweit ich gehört habe, wird es von einem Mann namens Gulliver verwaltet. Kennen Sie ihn?«
»Im Grunde nicht. Er ist zweimal auf einen Drink hier gewesen. Hat mit einem Fernglas draußen auf der Terrasse gesessen.«
»Wie sieht dieser Gulliver aus? Könnten Sie ihn beschreiben?«
»So dürr wie eine Bohnenstange. In den Dreißigern, schätze ich. Hat einen struppigen rötlichen Schnurrbart. Als er das zweitemal hier war, hatte er irgend etwas an seinem Drink auszusetzen. Seither habe ich ihn nicht wiedergesehen. Sein zweiter Besuch dürfte ungefähr zwei Monate zurückliegen.«
»Ich habe gehört, daß gelegentlich ein merkwürdiges Flugzeug mit Schwimmern hier landet. Haben Sie eine Ahnung, wer darin sitzt?«
»Ich habe es mit einem Fernglas beobachtet«, gab der Wirt zu.
»Es hat eine riesige Kabine, aber man kann nicht sehen, wer an Bord ist – die Fenster bestehen aus undurchsichtigem Spiegelglas.
Irgend etwas ist komisch an Cleaver Hall. Entschuldigen Sie mich …«
Paula lächelte boshaft, als Newman sich auf seinem Stuhl umdrehte. Der Neuankömmling war eine schlanke, sehr attraktive Frau von Anfang dreißig. Sie hatte sich ihres Regenmantels entledigt; darunter trug sie eine hochgeschlossene Seidenbluse, die ihre Figur betonte. Ihre langen Beine steckten in einer Skihose, die in Lederstiefeln verschwand. Sie hatte blaue Augen, eine wohlgeformte Nase und ein hübsches Kinn. Als sie einen Drink bestellte, warf sie einen Blick auf Tweeds Tisch.
»Genau Ihr Typ, Bob«, flüsterte Paula.
»Nicht übel«, sagte Newman eine Spur zu herablassend.
»Geben Sie’s zu – Sie sind hingerissen …«
Die blonde Frau sah sich abermals um, dann trug sie ihren Drink zu einem freien Tisch in der Nähe von dem von Tweed. Als sie sich zurücklehnte, starrte sie Newman an, der sie anlächelte.
»Entschuldigen Sie meine Aufdringlichkeit«, sagte sie, »aber sind Sie nicht Robert Newman, der Auslandskorrespondent? Ich bin sicher, ich habe Ihr Foto im
Spiegel
und in anderen Zeitungen gesehen.«
»Sie haben recht«, gab Newman zu. »Aber ich bin überrascht, daß Sie mich erkannt haben – auf diesen Fotos sehe ich aus wie ein Gorilla.«
»Nun, in Wirklichkeit sehen Sie jedenfalls nicht so aus. Ich bin Lisa Trent.«
»Setzen Sie sich doch zu uns«, sagte Newman, stand auf und holte einen weiteren Stuhl von einem freien Tisch.
Lisa Trent sah Tweed und Paula an und richtete ihre Frage an beide.
»Sie haben doch nichts dagegen? Ich möchte mich nicht aufdrängen …«
»Sie sind überaus willkommen«, erwiderte Tweed mit einer Begeisterung, die Paula verblüffte.
»Ich muß mich entschuldigen, daß ich dieses Ding hier mitbringe.« Sie deutete auf ein Handy, das sie in der Hand hielt.
»Viele Leute hassen es, wenn man dieses Instrument an öffentlichen Orten benutzt, und das kann ich verstehen. Aber ich muß erreichbar
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