Kalte Wut
Seiborne geheiratet. Sie ist Engländerin, um die dreißig, und wohnt jetzt hier in der Half Moon Street. Ich konnte nicht feststellen, ob sie geschieden sind oder noch verheiratet. Ich habe ihre Adresse …«
»Geben Sie sie mir«, sagte Newman und stand auf »Ich glaube, ich nehme mir ein Taxi und sehe nach, ob sie zu Hause ist. Ein Schuß ins Blaue, aber vielleicht kommt etwas dabei heraus.
Wissen Sie sonst noch etwas über diese Jill Seiborne?«
»Nicht das geringste. Hier ist die Adresse …«
Newman nahm den Zettel und steckte ihn in die Tasche. Er zog gerade seinen Trenchcoat an, als Tweed sprach.
»Was hoffen Sie mit diesem abendlichen Besuch zu erreichen?«
»Eine Frau, die mit einem Mann verheiratet war, weiß in der Regel mehr über ihn als sonst jemand. Ich komme so bald wie möglich zurück. Monica kann mich später aufs laufende bringen.«
Sobald er das Zimmer verlassen hatte, setzte Monica ihren Bericht fort.
»Walvis gehört nicht nur dieser riesige Kommunikations-Komplex, der ihn in die Lage versetzt, der Welt das zu verkaufen, was sie für solide Nachrichten hält, was häufig aber nur Walvis’ Propaganda ist. Er kontrolliert außerdem eine Unmenge von kleinen Banken in aller Welt, darunter im Fernen Osten. Ein weiterer Hinweis auf seinen Charakter – und die Techniken, mit denen er operiert. Er schwirrt in der ganzen Welt herum – mit der
Pegasus V
, dem Luxusflugzeug, von dem Sie vermutlich in Bosham gehört haben. Dem mit den Schwimmern und dem normalen Fahrgestell. Kürzlich war er in Rußland, aber nicht in Moskau. Er flog mit der
Pegasus
nach St. Petersburg, wobei er auf der Ostsee landete. Gerüchte besagen, daß er mit der russischen Mafia verhandelte. Mein Informant sagte außerdem, daß er die Mafia dort in der Tasche hat, was sie allerdings nicht weiß. Er arbeitet mit Bestechung im größten Maßstab.«
»Aber bestimmt«, warf Paula ein, »ist dieses Flugzeug doch sehr aufschlußreich. Sobald es irgendwo auftaucht, ist bekannt, daß Walvis eingetroffen ist.«
»Sie unterschätzen seine Schlauheit. Er schickt es häufig auf Scheinflüge. Er ist dann nicht an Bord und möglicherweise Tausende von Meilen weit entfernt.«
»Gerissener Bursche«, bemerkte Marier. »Hat er noch mehr Tricks im Ärmel?«
»Noch etwas Wichtiges. Trotz seines riesigen Kommunikationsimperiums werden wichtige Instruktionen nie über dieses System übermittelt. Er zieht es vor, mündliche Anweisungen durch Motorradkuriere überbringen zu lassen. Auf diese Weise ist er davor sicher, daß irgendein schlauer Hacker in seine Computer einbricht und irgend etwas herausbekommt«, beendete Monica ihren Bericht.
»Rußland scheint eine wichtige Rolle zu spielen«, bemerkte Tweed, »aber ich glaube nicht, daß die Antwort dort zu finden ist.
Ich glaube, ich habe eine entscheidende Tatsache über Walvis herausgefunden.«
»Und die wäre?« fragte Paula.
»Es ist nicht Geld, was Walvis antreibt. Es ist das Verlangen nach einer kaum vorstellbaren Macht, die es ihm ermöglicht, die Zukunft so zu gestalten, wie er sie haben will. Ein böser und überaus gefährlicher Mann. Informieren Sie Bob über das, was er verpaßt hat, wenn er zurückkommt. Wie ich sehe, haben Sie Ihr Notizbuch zugeklappt, Monica. Vielen Dank.«
»Und ich frage mich, ob Bob von dieser Jill Seiborne etwas herausbekommt«, sinnierte Paula.
Newman drückte im ersten Stock des Hauses in der Half Moon Street auf die Klingel. Ihm fiel auf, daß die schwere Tür mit drei Schlössern gesichert war, einem Chubb, einem Banham und einer Marke, die er nicht kannte. Außerdem war ein Spion eingebaut.
Über seinem Kopf flammte ein grelles Licht auf, und er hütete sich, es anzusehen – diese verdammten Dinger konnten einen blind machen. Sicherheit war ja schön und gut, aber diese Vorrichtungen deuteten auf eine Frau hin, die um ihr Leben fürchtete.
Er hörte, wie die Schlösser aufgeschlossen wurden. Dann wurde die Tür langsam einen Spaltbreit bei zwei schweren vorgelegten Ketten geöffnet. Er konnte nicht genau erkennen, wer ihn musterte, aber er wußte, daß es eine Frau war.
»Ja?« fragte eine kultivierte Stimme.
»Ich bin Robert Newman. Ich würde mich gern ein paar Minuten mit Jill Seiborne unterhalten. Ich kann mich ausweisen …«
Er war gerade dabei, seinen Presseausweis aus der Tasche zu holen, als er abermals die Stimme hörte. Sie klang ein wenig verführerisch, aber durchaus nicht aggressiv.
»Ich habe Sie sofort erkannt. Nach
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