Kalte Wut
Sherwood«, begrüßte Tweed den Besucher. »Nehmen Sie Platz.
Möchten Sie eine Tasse Kaffee – oder lieber etwas Stärkeres? Ich bin Tweed.«
»Ich habe meinen Durst gerade an der Bar des Connaught gestillt«, sagte Sherwood, immer noch stehend. Er warf einen interessierten Blick auf Paula.
»Eine meiner rechten Hände, Paula Grey«, stellte Tweed vor.
»Schönheit und Kompetenz in einer Person – das ist selten«, bemerkte Sherwood, während er ihr die Hand reichte.
»Danke«, erwiderte Paula kühl. »Aber ich weiß nicht, wo Sie Kompetenz bemerkt haben wollen. Schließlich sind Sie eben erst angekommen.«
»Das war früher mein Job – Leute, Männer und Frauen, in den ersten neunzig Sekunden zu beurteilen …«
Er lächelte Monica an, nickte Nield zu, setzte sich und wendete sich dann sofort an Tweed.
»Ich war früher beim Militärischen Geheimdienst, dann eine Zeitlang bei den Scots Guards, anschließend kam der SAS. Mir gefällt Ihre Tarnung. Das Schild neben der Haustür, auf dem General & Cumbria Assurance steht – auf das Sonderdezernat kommt da bestimmt niemand.«
»Es hat seine Vorteile«, sagte Tweed rasch. »Also, ich habe von Nield erfahren, daß Sie sich Sorgen um Ihren Partner Parker machen, der Ihre Firma über Nacht verkauft hat. Haben Sie eine Ahnung, an wen?«
»Ja, an eine andere Firma, von der ich noch nie etwas gehört habe. Reed & Roebuck.«
Paula senkte rasch den Kopf, um nicht zu verraten, wie gut sie den Namen kannte. Sherwood bemerkte aus dem Augenwinkel heraus die Bewegung und fuhr auf seinem Stuhl herum, um sie zu mustern.
»Der Name sagt Ihnen etwas?« fragte er sie.
Sie schüttelte den Kopf, und Sherwood wendete sich wieder Tweed zu. An dessen Gesicht konnte er nichts ablesen.
»Wie ist es mit Ihnen, Tweed? Läutet bei Ihnen etwas?«
»Ich habe den Namen schon irgendwo gehört, kann mich aber nicht erinnern, wo. Ich glaube nicht, daß es wichtig war. Weshalb sind Sie so entschlossen, Parkers Verschwinden nachzuforschen?
Vielleicht hat er sich eine Freundin zugelegt.«
»Ausgeschlossen! Dafür liebt er seine Frau Sandra viel zu sehr.
Sie ist fast verrückt vor Sorge. Er hat sie früher jeden Abend angerufen, wenn er geschäftlich unterwegs war. Und jetzt sagt dieses Hotel Bayerischer Hof, daß sein Zimmer nach wie vor auf ihn wartet. Er ist dort seit fünf Tagen nicht mehr gesehen worden.
Ich kann nur hoffen, daß ihm nichts passiert ist, aber ich fürchte das Schlimmste. Aber Sandra muß es wissen – es ist die Ungewißheit, die sie kaputtmacht. Ich fliege morgen früh nach München.«
»Es kann sein, daß ich morgen selbst dorthin fliege«, bemerkte Tweed. »Sie sind im Bayerischen Hof, falls ich mich mit Ihnen in Verbindung setzen möchte?«
»Ja.« Sherwood beugte sich vor. »Was läuft da eigentlich – mit Cleaver Hall und Reed & Roebuck? Sie sind interessiert, das ist offensichtlich.«
»Das hat vermutlich nichts mit meiner Arbeit zu tun –nur ein Fall von sich überschneidenden Drähten. Ich wünsche Ihnen einen guten Flug.«
»Und wo werden Sie absteigen, wenn Sie morgen in München ankommen?« fragte Sherwood, der inzwischen aufgestanden war und seinen Mantel anzog. »Ich würde gern Kontakt halten.«
»Monica hat bisher noch kein Hotel für uns gefunden«, log Tweed und stand gleichfalls auf. »Danke, daß Sie gekommen sind. Und viel Glück bei der Suche nach Parker.«
»Sie lassen sich nicht gern in die Karten sehen, stimmt’s?«
Mit dieser Bemerkung verließ Sherwood das Büro. Ein paar Minuten später kehrte Newman zurück und hörte aufmerksam zu, als Tweed über das Gespräch mit Sherwood berichtete.
»Captain David Sherwood beunruhigt mich, trotz Ihrer Nachfrage beim Verteidigungsministerium«, bemerkte Newman.
»Weshalb?« fragte Tweed.
»Drei Dinge, zwei davon Zufälle. Erstens hat er in Cleaver Hall an der Installation von Sicherheitsanlagen gearbeitet, als Lisa Trent auftauchte. Und die Zufälle? Er macht, scheinbar unabsichtlich, in Bosham die Bekanntschaft von Pete Nield, und außerdem hat er vor, in München im Hotel Bayerischer Hof zu wohnen, demselben, in dem auch Jill Seiborne abzusteigen gedenkt, wenn sie morgen von Heathrow nach München fliegt.«
»Alle Wege führen nach München«, sagte Tweed abermals.
»Monica, ist es schon zu spät, um noch zwei weitere Leute zu überprüfen? Aber falls Sie ein bißchen Schlaf brauchen, dann …«
»Ich komme auch ohne Schlaf aus«, unterbrach ihn die unermüdliche Monica. »Wenn
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