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Kalte Wut

Kalte Wut

Titel: Kalte Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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lieferte Kuhlmann einen sorgfältig gekürzten Bericht über das, was sich bisher ereignet hatte. Er legte großen Nachdruck auf die Tragödie, die Philip widerfahren war, und berichtete ausführlich über die Art, auf die seine Frau zu Tode gekommen war.
    »Das hört sich übel an.« Kuhlman kaute auf seiner Zigarre und sah Philip an. »Ich habe nicht vor, die Platitüden von mir zu geben, die so viele Leute äußern. Helfen sie?«
    »Nein, das tun sie nicht«, sagte Philip mit starrer Miene. »Die meisten Leute sagen die falschen Dinge. Weil sie so etwas noch nie erlebt haben, wissen sie nicht, was sie sagen sollen; sie sind unsicher und verlegen. Einige von ihnen haben sogar Angst. Sie wollen so schnell wie möglich von dem Thema Tod wegkommen.
    Sie wollen von mir fortkommen. Ich verstehe ihre Reaktion.
    Wenn sie nicht dieselbe Erfahrung gemacht haben, sind sie der Sache einfach nicht gewachsen.«
    »Ich weiß, was Sie meinen«, sagte Kuhlmann leise. »Meine Frau starb vor zehn Jahren nach einem Verkehrsunfall. Sie war nicht sofort tot. Sie wurde in ein Krankenhaus gebracht. Vier Tage lang schien alles in Ordnung zu sein, der Arzt sagte, sie würde vielleicht durchkommen. Aber er hat mich von Anfang an gewarnt …« Kuhlmann brach ab, um seine Zigarre wieder anzuzünden, überlegte es sich dann aber anders und legte sie in einen Aschenbecher. »Er hat mich gewarnt, daß er mir nichts versprechen könnte.«
    Tweed beobachtete Kuhlmann wie hypnotisiert. Er hatte nie gewußt, daß Kuhlmann einmal verheiratet gewesen war. Und jetzt schienen nur noch zwei Menschen in diesem Zimmer zu sein:
    Kuhlmann und Philip. Der Deutsche fuhr fort.
    »In den ersten vier Tagen saß sie im Bett und redete völlig normal. An einem Samstag war ich bei ihr, um mit ihr zu Abend zu essen. Das Krankenhaus besorgte eine Flasche Brandy. Und wissen Sie was? Wir haben die gemeinsame Mahlzeit und die Unterhaltung wirklich genossen. Ich wußte nicht, daß es das letztemal sein würde, daß wir zusammen aßen.« Er hielt wieder inne.
    »Ja?« sagte Philip sehr leise. Sein Blick war auf Kuhlmann gerichtet.
    »Hatte Ihre Frau Mühe zu atmen?« fragte der Deutsche.
    »Ja. Ihre Lungen waren zerquetscht.« Philip schluckte. »Es war eine Qual für sie, Luft in die Lungen zu bekommen. Sie hat sich fürchterlich erregt.«
    »Bei Helga war es dasselbe«, fuhr Kuhlmann fort. »Der Arzt sagte mir, daß sie ihre Lunge mit Kohlendioxid auffüllten, das wir normalerweise beim Ausatmen von uns geben. Am fünften Tag verschlechterte sich ihr Befinden rapide. Dem Doktor gefiel ihr erregter Zustand ganz und gar nicht. Und mir auch nicht – sie war immer eine starke Frau gewesen, eine Kämpferin; zusehen zu müssen, wie sie nach Atem rang, hat mich fast umgebracht. Der Doktor brachte mich in ein anderes Zimmer, und das war einer der schlimmsten Momente meines Lebens.«
    »Was ist passiert?« fragte Philip sehr leise und mit feuchten Augen.
    »Der Arzt war sehr bewegt, als er mir die Alternative nannte.
    Er hatte sogar Tränen in den Augen. Er sagte, sie wollten ihr ein stärkeres Medikament geben – sie hatte bisher schwächere Schmerzmittel bekommen. Diamorphin.«
    »Bei Jean war es ganz genauso«, flüsterte Philip.
    »Der Doktor erklärte mir«, fuhr Kuhlmann mit derselben ausdruckslosen Stimme fort, »daß sie ihr das Diamorphin intravenös geben würden …«Er hielt inne, als Philip nickte. »Und daß sie, mit meiner Zustimmung, die Dosis allmählich erhöhen würden. Die Alternative wäre gewesen, sie an lebenserhaltende Maschinen anzuschließen. Er sagte, sie könnten sie unbegrenzte Zeit am Leben erhalten, aber sie würde sich dessen nicht bewußt sein …« Philip nickte abermals. »Also mußte ich die Entscheidung treffen«, fuhr Kuhlmann fort, als machte er das alles noch einmal durch. »Wenn sie ihr Diamorphin eingaben, würde das die Schmerzen beseitigen, und auch die Erregung würde verschwinden.«
    »Der Arzt im Nuffield sagte, er hoffte, sie würde nie wieder aufwachen. Das hat mich getroffen wie ein Messer«, flüsterte Philip.
    »Ich weiß. Helga und ich waren viele Jahre verheiratet.
    Hinterher war ich verblüfft, wie viele Freunde mir schrieben, zum Teil aus fernen Ländern – obwohl mir natürlich klar war, daß viele Leute wußten, daß wir einander sehr nahegestanden hatten.«
    Er räusperte sich. »Ich wußte, daß Helga es gehaßt haben würde, unter diesen Umständen am Leben erhalten zu werden. Also stimmte ich dem Diamorphin zu,

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