Kalte Wut
in der Hand geöffnet und von dem Pagen den an Tweed adressierten Umschlag entgegengenommen.
Sie gab ihn an ihn weiter, aber er war in voller Fahrt und sah vor seinem geistigen Auge die Ereignisse, über die er berichtete.
Er steckte den Umschlag in die Tasche, ohne seinen Bericht zu unterbrechen.
Das Taxi war abgefahren, als Newman auf die Klingel neben dem hohen Gittertor drückte, das den Eingang zu Walvis’ Zentrale verschloß. Er steckte seine erstarrten Hände in die Hosentaschen und wendete sich an Lisa, die neben ihm stand.
»Wenn jemand kommt, übernehmen Sie das Reden. Sie werden erwartet. Ich bin Wilson, ihr Leibwächter zu dieser späten Stunde.«
»Verstanden. Und es kommt jemand.«
Newman beobachtete das Näherkommen einer untersetzten Gestalt in einem dunklen Mantel. Er hatte bereits festgestellt, daß das Tor mit einer Alarmanlage gesichert war.
»Mr. Walvis erwartet uns«, sagte Lisa mit selbstsicherer Stimme durch das Gitter hindurch. »Mein Name ist Lisa Trent.
Und nun machen Sie bitte auf – es ist verdammt kalt hier draußen.«
»Es ist aber schon reichlich spät«, knurrte der Wachmann, während er ein paar Schritte zurückging und auf etwas in der Mauer drückte. Er schaltet die Alarmanlage aus, stellte Newman fest. Dann explodierte Lisa.
»Daß ich so spät komme, geschieht auf Wunsch von Ihrem Boß, Mr. Walvis. Ich werde mich bei ihm über Ihre ungehobelten Manieren beschweren.«
Der Wachmann bewegte sich schneller, schloß hinter ihnen das Tor zu, schaltete die Alarmanlage wieder ein und begleitete sie zum Ende der Arkade und in einen Empfangsbereich mit einer Reihe von Fahrstühlen. Lisa fiel auf, daß er nicht das Telefon benutzte, und Newman bemerkte, daß er kurz bei der Rezeption stehenblieb und auf etwas unter einem vorstehenden Sims drückte. Vermutlich einen Knopf, der jemanden warnen sollte, daß sie unterwegs waren.
Ohne ein Wort zu sagen, führte der Wachmann sie zu einem offenen Fahrstuhl und betätigte die Drucktaste für den zehnten Stock. Die Tür glitt zu, der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung.
Lisa griff nach Newmans Arm. Sie schien wirklich nervös zu sein.
Als die Tür aufglitt, wurden sie von einem großen, schlanken Mann in den Vierzigern erwartet.
»Willkommen«, sagte er zu Lisa. Dann musterte er ihren Begleiter, und seinen Augen war Wiedererkennen abzulesen. Er hatte Lisa zugelächelt, aber Newman funkelte er wütend an und wurde anmaßend. »Die Verabredung betraf nur Miß Trent. Wer sind Sie?«
»Zuerst einmal«, sagte Newman aggressiv, als sie aus dem Fahrstuhl traten, »möchte ich wissen, wer Sie sind.«
»Ich heiße Martin …«
»Martin wer?« fuhr Newman ihn an.
»Martin ist mein Nachname. Und Sie sind Robert Newman, der berüchtigte Auslandskorrespondent.«
»Weshalb dann diese dumme Frage, wer ich bin? Walvis trifft eine Verabredung am späten Abend in einem offensichtlich leeren Bürogebäude …«
»Mr. Walvis, wenn ich bitten darf.«
»Von mir aus auch Lord Walvis. Das ist mir völlig egal. Aber ich bin hier als Begleiter und Beschützer von Miß Trent. So, und jetzt bringen Sie uns zu Walvis und hören Sie auf, Zeit zu vergeuden. Unsere Zeit. Ihre Zeit ist mir scheißegal.«
Martin schluckte schwer. Newman hatte diese Kröte bereits nach Cardons Beschreibung als den Mann erkannt, der den Mordversuch an ihm organisiert hatte. Martin, der einen teuren Nadelstreifenanzug trug, wußte offenbar nicht recht, wie er mit dieser unerwarteten Situation fertig werden sollte. Er nahm sich zusammen, richtete sich sehr gerade auf und wendete sich an Lisa.
»Mr. Walvis bittet um Entschuldigung, aber es hat sich eine geschäftliche Krise ergeben, die es ihm unmöglich macht, Sie zu sehen. Sie werden also statt dessen Miß Rosa Brandt interviewen.«
»Oh, nicht schon wieder«, protestierte Lisa. »Das ist schon das vorige Mal passiert. Da wurde ich auch an Miß Brandt verwiesen.«
»Eine geschäftliche Krise?« fragte Newman. »Hat er einen seiner Satelliten verloren?« Er sah Lisa an. »Unterhalten wir uns mit dieser Miß Brandt. Dann sind wir wenigstens nicht völlig umsonst gekommen. Gehen Sie voraus, Macduff.«
»Mein Name ist Martin«, fauchte ihr aufgeblasener Begleiter, als er sie einen Korridor entlangführte.
»Der hat noch nie von Shakespeare gehört«, sagte Newman laut zu Lisa. »Was sind das nur für Leute, die heutzutage als Laufburschen eingestellt werden.«
»Ich bin Mr. Walvis’ Stellvertreter«, warf Martin giftig über
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