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Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Titel: Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Toporski
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geschlagen hat. »Sag, du bist ein Schwein!«
    Und dann höre ich mich sagen: »Du bist ein Schwein.«
    Brutal schlägt er mir seine Faust ins Gesicht, dass ich hintenüber falle. Aber dann lässt er von mir ab und die drei entfernen sich unter Drohungen.
    Noch am Abend, auf dem Rückweg durch den Bach, brennen mir in der Kälte des Wassers die Wunden an den Fußgelenken. Im Stall versuche ich, den Schmerz mit Milch, die ich in die offenen Striemen reibe, zu lindern. Ein bisschen hilft es.
    Doch dann fallen die Gedanken über mich her. Warum schlagen die mich? Was habe ich ihnen getan? Trage ich einen Makel? Bin ich aussätzig? – Aber ich muss auch an das denken, was Wacek gesagt hat, dass die Deutschen hier schrecklich gehaust hatten, bevor wir hierher kamen, und dass der Hass groß ist. Deswegen werden wir ja hier festgehalten und irgendwie ist das auch zu verstehen. Aber was hat das mit mir zu tun, mit mir, Lena? Habe ich auf sie geschossen, ihre Häuser zerstört, sie beraubt? Habe ich vielleicht gemordet?
    Was ich am wenigsten verstehe: Bis auf die Miliz sind fast alle, mit denen ich bisher zu tun gehabt habe, freundlich zu mir gewesen! Nie habe ich ein böses Wort darüber gehört, dass ich Deutsche bin, und nie bin ich deswegen schlecht behandelt worden! Im Gegenteil: Wie viel Hilfe haben wir nicht gerade in der ersten, besonders schweren Zeit von allen Seiten empfangen! Und jetzt?
    Sie haben mir ein Mal aufgebrannt, ein Mal um meine Fußgelenke. Ich komme mir gebrandmarkt vor. Wieso werde ich an diesem Ort hier wie eine Ausgestoßene behandelt? Erst von den Leuten, bei denen ich bin, und jetzt auch noch von den Jungen auf der Weide? Ich kann den Grund dafür nicht finden.
    Ich will es nicht, aber ich kann es nicht verhindern, dass ich mich an Marthas Seite ausweine. Wieder einmal.
    Am nächsten Morgen das gleiche Spiel. Sie sind wieder da, aber nur zwei von ihnen, der Große fehlt. Ich habe nicht vor, jedes Mal für sie den Prügelbock zu spielen, und sammle aus dem Bachbett ein paar Steine in meine Armbeuge. Drüben angekommen sehe ich zu, dass Stella mit den anderen Kühen in die richtige Richtung geht: Das ist für das, was ich vorhabe, wichtig. Wieder kommen die Jungen mit ihren Peitschen näher. Ihre Kühe folgen ihnen.
    »Guten Morgen, Schwein!«
    Ich stehe nur da und warte. Aber als sie nahe genug sind, nehme ich einen der Steine und werfe. Nicht auf die Jungen, das hätte keinen Sinn gehabt, ich würde ihnen doch nur unterliegen. Ich ziele auf die Leitkuh! Und es klappt: Schon mit dem zweiten Stein treffe ich sie – direkt hinter dem Ohr! Mit einem Satz fährt die Kuh zusammen und rast wie angestochen davon, weg von der Weide, die anderen Kühe hinterher.
    »Halt! Bleibt stehen!«, schreien die zwei.
    Aber die Kühe scheren sich nicht im Geringsten um ihr Gebrüll! Ich sehe sie immer weiterrennen, sich immer mehr entfernen, und die Jungen rufend und ihre Peitschen schwingend hinterher. Sollen sie sehen, wie sie ihre Viecher wiederkriegen!
    Ich aber beeile mich, so viel Abstand wie möglich zwischen die Jungen und mich zu legen.
     
    Inzwischen habe ich Ruhe vor den Jungen. Zwar war am nächsten Morgen der Große wieder mit dabei. Und natürlich musste er mir zeigen – und wieder mit der Peitsche -, dass ich auf seine Kühe keine Steine zu werfen habe. Ich habe versucht wegzulaufen und bin auch ganz schön schnell gewesen, aber zu dritt haben sie mich eingekreist und mir keine Chance gelassen.
    Aber das ist anscheinend das letzte Mal gewesen, denn seither lassen sie mich in Ruhe. Wenn ich die Jungen auf ihrer Weide sehe, bekomme ich trotzdem noch jedes Mal Angst, sie könnten wieder herüberkommen und ihre Peitschen an mir ausprobieren wollen. Wie bei den Leuten auf dem Hof tue ich alles, um sie nicht zu reizen, um ihnen nicht aufzufallen. Meist ist es jetzt Gott sei Dank nur einer, der die Kühe hütet, und der hat wahrscheinlich nicht den Mut, es allein mit mir aufzunehmen. Trotzdem sehe ich zu, dass ich so schnell wie möglich auf meine Weideplätze komme. Ich mache mich unsichtbar, verschwinde hinter Büschen und im hohen Gras. Wie ein Mäuschen suche ich mir meine Art von Schlupflöchern, verberge mich, wann immer es geht, und bin ständig auf der Hut, ob nicht Fuchs oder Habicht gerade nach mir Ausschau halten.
     
    Ich entwickle so etwas wie einen sechsten Sinn für Gefahr. Ich spüre sie im Voraus, rieche sie fast. Wie heute Morgen, als ich nur hörte, wie im Haus die Tür zufiel. Sie fiel

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